Exzellenz, woher kommen die jungen Menschen, die Sie hier auf den Weltjugendtag begleiten?
Es sind junge Menschen aus meinem Bistum in Ägypten. Um die 60 Jugendlichen sind mit mir hier. Es ist das erste Mal, dass wir als melkitisch griechisch-katholische Kirche hierherkommen, also eine Premiere. Für uns ist es eine Wallfahrt, und mir war es wichtig, den jungen Menschen zu helfen, ein Gemeinschaftserlebnis zu haben, damit niemand für sich bleibt.
Wie ist Jugendpastoral in Ländern wie den Ihren möglich, wo es nicht immer leicht ist, Christ zu sein?
Zuerst einmal ist es mir wichtig, in diese jungen Menschen hinein zu investieren, denn sie sind die Gegenwart und die Zukunft der Kirche. Wir dürfen sie nicht nur als die Zukunft betrachten, denn sie sind auch die Gegenwart der Kirche. Wie ich in den hohen Sphären der Kirche manchmal sage: Wir müssen heute investieren, uns selbst investieren, physisch, mental, finanziell, auf allen Ebenen, damit diese jungen Menschen ihren Platz in der Kirche finden. Seien wir jung mit den Jungen, ohne dabei ihre Eltern, die alten und kranken Menschen und alle anderen zu vergessen.
Wir sind dazu berufen, die Jugendlichen in dem, was sie leben, zu begleiten, aber ihnen gleichzeitig das wahre Gesicht Christi zu zeigen, denn das ist es, was sie in der Kirche verwurzelt.
Auf dem Weltjugendtag geht es auch darum, seine Berufung zu finden. Sie selbst haben eine Zeitlang als Atheist gelebt, wie sind Sie wieder zu Christus gekommen?
Das ist eine lange Geschichte. Eines Tages habe ich zur Jungfrau Maria gesagt, ich schenke dir mein Herz, mach du das irgendwie mit deinem Sohn aus. Genau eine Woche später hat mein Leben begonnen, sich zu ändern. Ich glaube, das Gebet meiner Eltern und vieler anderer Menschen hat eine Änderung meines Lebens bewirkt. Ich habe dann eine Bekehrung erlebt, eine 180-Grad-Wende, ein wenig wie der heilige Paulus.

Aber ich vergesse nicht, wo ich herkomme, wo mich der Herr herausgefischt hat, aus mir wieder einen Menschen gemacht hat und später einen Priester und Bischöfe. Und der Herr hat mich gebeten, meine Vergangenheit nicht zu vergessen, damit ich auch anderen helfen kann. Junge Menschen kommen aus allen möglichen Kontexten, vielen fehlt jede Orientierung. Wenn jemand mir sagt, ich bin Atheist, dann sage ich: “Willkommen im Klub! Das war ich auch mal. Ich kann dir helfen. Komm, lass uns drüber reden, überlegen wir gemeinsam.” Da habe ich einfach einen besonderen Draht zu den jungen Leuten, denn ich bin an einem sehr dunklen Ort gewesen und Gott hat mich da herausgeholt. Ich habe den Koran studiert, mich in den Hinduismus vergraben, Meditation und Yoga, alles Mögliche, es ging drunter und drüber. Mir fehlte jede Orientierung. Heute habe ich mein Priestertum und mein Bischofsamt Maria geweiht.
Was wünschen Sie sich für die jungen Menschen, die mit Ihnen hierhergekommen sind?
Für viele von ihnen ist es ihre erste Reise. Viele sind als Touristen gekommen und ich wünsche mir, dass sie als Pilger wieder zurückkehren. Wir haben jeden Tag eine gemeinsame heilige Messe und ich wünsche mir, dass sie die Bedeutung der Eucharistie erspüren. Manche sind bereits engagiert, ich wünsche mir, dass sie ein wenig weiter in ihrem Engagement gehen, denn die Kirche braucht Priester. Ich komme aber nicht zuerst hierher, um Berufungen zu wecken, sondern um sie in Christus zu verwurzeln, denn diese Verwurzelung trägt.
Jean-Marie Chami ist Patriarchalvikar der melkitischen griechisch- katholischen Kirche von Ägypten, Sudan und Süd-Sudan.
Wie kann die Weltkirche die christlichen Gemeinschaften in Ägypten, im Sudan, im Libanon unterstützen? Wie kann man als Christ in Ägypten Zeugnis ablegen? Lesen Sie das komplette Interview in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".