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Sam French: Ein Priester mit 140.000 Followern

Mit witzigen Videos zum Glauben führen? Genau das macht der junge australische Priester Sam French auf Instagram und TikTok. Ein Beitrag zum Interviewprojekt „Schiffsbauer – Vision für die Kirche 2040“.
Father Sam French aus Australien
Foto: privat

Sam French (31) ist ein Priester der Diözese Broken Bay im Westen Australiens. 2021 zum Priester geweiht, war er der erste neugeweihte Priester der Diözese in über 20 Jahren. Er stammt aus einer kinderreichen katholischen Familie und ist Leiter der Berufungspastoral in der Diözese, wie auch Direktor des Saint Joseph-Hauses, das ein Programm für junge Männer zur Berufungsfindung beherbergt. Während der COVID-Pandemie begann er, seine Sonntagspredigten als Podcast zu veröffentlichen. Heute ist er auf Instagram (@frsamfrench), TikTok und Youtube aktiv.

Pater Sam French, so lange sind Sie auf Instagram noch gar nicht aktiv. Was hat Sie dazu gebracht?

Früher schrieb ich mehrmals über die Gefahren der sozialen Medien. Ich war gegen Social-Media und Smartphones und bin ich das in gewisser Weise immer noch. Dann erfuhr ich vor dem Weltjugendtag in Lissabon 2023 von meinem Bischof, dass ich im High-School-Bus mitfahren würde. Ich fragte mich, was ich als 31-jähriger Priester zu bieten hatte und wie ich eine Beziehung zu diesen Teenagern aufbauen könnte. Ich kam dann auf die Idee, auf Social-Media aktiv zu werden und im Vorfeld einige relevante Inhalte zu erstellen, mit denen sie etwas anfangen könnten und gleichzeitig meinerseits einen Einblick in ihre Welt zu bekommen. Innerhalb von ein oder zwei Monaten vor dem Weltjugendtag hatte ich bereits 30.000 Follower auf meinem Instagram-Kanal. Als ich auf dem WJT war und die Teenager im Bus herausfanden, dass ich eine große Gefolgschaft in den sozialen Medien hatte, wollten sie plötzlich mehr mit mir sprechen. Es hat mir geholfen, mit ihnen in Kontakt zu treten, was ja der Sinn meines Einstiegs in die sozialen Medien gewesen war. Wenn man Priester ist und junge Leute mit einem reden wollen, ist das eine der größten Chancen, die man sich erhoffen kann.

Wie vermitteln Sie die Botschaften, die Sie in Ihren Videos und Sketchen weitergeben wollen?

Im Moment verfolge ich keine Strategie, ich mache Social-Media in meiner Freizeit. Meistens kommt mir im Laufe der Woche eine Inspiration, zum Beispiel beim Zähneputzen. (lacht.) Die meisten meiner Videos entstehen sehr schnell, denn die Leute trauen einem nicht, wenn etwas zu produziert aussieht. Auf Social-Media zählt vor allem Authentizität. Ich überlege mir für jedes Video zunächst, was die Leute in den sozialen Medien hören sollten, zum Beispiel dass sie zur Beichte gehen und dass sie den Priester rufen sollten, wenn sie einen Segen brauchen. Ich mache auch Videos über Pilgerreisen oder über kontroverse Themen in den katholischen Nachrichten.

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Wen wollen Sie mit Ihren Inhalten erreichen?

Ich möchte generell junge Menschen erreichen. Ich möchte das sogenannte „Doomscrolling“, also den endlosen Konsum von Inhalten, unterbrechen. Es gibt so viele junge Menschen, die so süchtig nach Social-Media und Kurzvideos sind, dass sie nur noch scrollen und scrollen. Ich möchte durch unterhaltsame Inhalte Aufmerksamkeit erregen, aber auch auf Jesus oder die Kirche hinweisen, um etwas in ihnen zu wecken. Etwas, das bereits vorhanden ist, denn nicht ich mache die Arbeit, sondern der Heilige Geist ist in ihren Herzen am Werk. Seitdem ich Social Media mache, habe ich mehr als 100 Nachrichten von Menschen erhalten, die mir sagten, dass meine Inhalte sie zum Glauben zurückgebracht haben.

Viele meiner Inhalte sind etwas albern, doch diese Menschen erzählen mir, dass sie sich durch diesen humorvollen Zugang zur Kirche verstanden fühlen. Viele junge Menschen auf der Welt dürsten nach Gott, der Wahrheit und einem Sinn in der Beziehung zu Gott. Einige brauchen nur einen kleinen Anstoß, und wenn es nur ein albernes Video in den sozialen Medien ist. Ich bin auf Social Media, weil die jungen Leute dort sind. Die Soziale Medien sind nicht ausschließlich gut, aber sie sind eine Möglichkeit, Menschen zum Glauben zu führen.

Sie haben kürzlich über 140.000 Follower auf Instagram erreicht. Wie fühlt sich das an? 

Ehrlich gesagt fühlt es sich nach gar nichts an und das ist wirklich seltsam. Ich freue mich zwar, dass meine Videos gut ankommen, aber gleichzeitig hüte ich mich davor, meine Identität aus den sozialen Medien zu beziehen. Denn ich möchte die Menschen vor mir, sehr reale Menschen mit realen Problemen, nicht aus den Augen verlieren. Es ist ein Hobby und ich danke Gott für diesen Segen. Dennoch ist es nur eine Zahl und ich messe ihr nicht allzu viel Bedeutung bei. 

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Wie viel Zeit bleibt Ihnen neben Ihren Verpflichtungen als Diözesanpriester für gute Social Media-Inhalte? 

Ich versuche die Zeit, die ich täglich auf Social-Media verbringe, auf eine Stunde zu begrenzen. Ich bekomme viele Nachrichten und versuche zu antworten und zu interagieren. Zum Erstellen von Inhalten verwende ich meinen freien Tag. Anfangs war ich besorgt, dass das ungesund für mich sein könnte, weil ich meinen freien Tag opfere. Doch Social Media fühlt sich in gewisser Weise wie Kunst für mich an, kreativ und erfrischend. Im Gegensatz zu meinen Pflichten als Diözesanpriester ist es eine sehr erholsame Tätigkeit. Dennoch setze ich mir sehr bewusst Grenzen, ich habe am Handy meine Bildschirmzeit so eingestellt, dass ich nach einer Stunde auf Instagram eine Benachrichtigung erhalte, die App wieder zu verlassen. 

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Hat die Evangelisierung über die sozialen Medien für Sie Priorität?

Ich finde es wichtig, dass es auf den sozialen Medien gute katholische Profile gibt, die diesen Raum besetzen, aber in Bezug auf meine Rolle im Moment ist es zweitrangig. Ein Hobby eben, aber eines, das ich mit Leidenschaft betreibe, weil ich mich für die Kultur und das, was die Kultur jungen Menschen bringt, begeistere.

Welches Potenzial sehen Sie in den sozialen Medien für die Neuevangelisierung?

Ein großes! Allerdings ist nicht jeder dafür geeignet. Man muss sich gesunde Grenzen beim Medienkonsum setzen können. Ich denke auch, dass die sozialen Medien nicht der richtige Ort für eine intensive Auseinandersetzung mit dem Glauben sind. Es ist schwer, den Reichtum und die Schönheit des katholischen Glaubens in den kurzen Formaten der Sozialen Medien zu vermitteln. Das Potenzial der sozialen Medien besteht jedoch darin, als Wegweiser zu fungieren, als etwas, das die Menschen auf Jesus hinweist und die Menschen zur Kirche führt – zum Beispiel eben durch lustige Videos.

Soziale Medien werden oft als toxisch, Zeitverschwendung oder sogar gefährlich bezeichnet, vor allem im katholischen Kontext – was halten Sie davon? 

Das stimmt, wenn man sich keine Grenzen setzt. Das gilt aber genauso für andere Dinge: Das Fernsehen, das Internet, auch Lebensmittel können toxisch sein, wenn man sie ungesund und in zu großen Mengen konsumiert. Die Realität ist jedoch, dass so viele junge Menschen und damit irgendwie auch ihre Seelen auf Social-Media sind. Deshalb müssen auch wir dort sein und die Wahrheit des Evangeliums verkünden. Niemals zuvor in der Weltgeschichte wäre es mir als jungem Priester einer winzigen Diözese an der Küste Australiens möglich gewesen, Millionen von Menschen zu erreichen. Und doch darf ich heute die Wahrheit des Evangeliums und die Schönheit der katholischen Kirche humorvoll an Tausende vermitteln. Die Bedingung dafür ist eben, sich solide Grenzen beim Medienkonsum zu setzen.

Also ist es trotz allem sinnvoll, als Katholik auf den sozialen Medien Präsenz zu zeigen? 

Auf jeden Fall. Die sozialen Medien sind der neue öffentliche Platz der Welt. Wenn ich also mit einer Soutane oder meinem Collarhemd und Collar herumlaufe, bezeuge ich der Welt, dass ich ein katholischer Priester bin, dass ich stolz auf meinen Glauben bin und dass ich bereit bin, darüber zu sprechen. Wir sollten die gleiche Einstellung gegenüber den sozialen Medien haben. Wenn wir auf Social-Media präsent sind, dann sollten wir die Liebe zu Christus und zur Kirche bezeugen und die Wahrheit verbreiten, wann immer die Menschen zuhören wollen.

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Was braucht die Jugend heute Ihrer Meinung nach am meisten?

Offensichtlich brauchen sie Gott. Das menschliche Herz ist für Gott geschaffen und wünscht sich eine Beziehung zu Gott. Außerdem benötigen Jugendliche authentische christliche Gemeinschaft. Das Leben im Internetzeitalter und im Zeitalter des Individualismus führt zur Isolation des Einzelnen. Doch einer der grundlegendsten Bestandteile unseres Menschseins ist der Wunsch nach Gemeinschaft. Die katholische Kirche kann bezüglich echter Begegnung eine Vorreiterrolle spielen. Alle Sakramente haben eine physische Seite: Wasser bei der Taufe, bei der Eucharistie Brot und Wein. Unser Glaube ist greifbar und junge Menschen brauchen echte menschliche Beziehungen und Gemeinschaft. Wenn wir die sozialen Medien nutzen können, um die Menschen dorthin zu führen, ist das das Beste, was wir tun können.  

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