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Die Befreiungstheologie kehrt zurück

Vierzig Bischöfe der Amazonas-Synode erneuern in Rom den Katakomben-Pakt von 1965.
Domitilla-Katakombe in Rom
Foto: Wikimedia Commons; CC-BY-SA 3.0 | Den ersten Katakomben-Pakt schlossen nach dem Zweiten Vatikanum 42 Konzilsbischöfe, meist Lateinamerikaner, aber auch einige Europäer.

Abgeschirmt von der Öffentlichkeit haben am Sonntagvormittag 40 Bischöfe aus dem Amazonasbecken den sogenannten Katakomben-Pakt erneuert. Etwa 150 Personen, unter ihnen auch viele Indios, nahmen an einem Gottesdienst in der Kirche in den römischen Domitilla-Katakomben teil, den der 85 Jahre alte Kardinal Cláudio Hummes gefeiert hat, der Generalrelator der Sondersynode. Haupt-Initiator der Veranstaltung war der langjährige Bischof von Xingu In Brasilien, der 80 Jahre alte Österreicher Erwin Kräutler.

Den ersten Katakomben-Pakt schlossen nach dem Zweiten Vatikanum 42 Konzilsbischöfe, meist Lateinamerikaner, aber auch einige Europäer. Ort des Geschehens war auch damals die Basilika in der Domitilla-Katakombe. Die Bischöfe erklärten in der am 16. November 1965unterzeichneten Erklärung: „Wir werden uns bemühen, so zu leben, wie die Menschen um uns her üblicherweise leben, im Hinblick auf Wohnung, Essen, Verkehrsmittel...!“ Und: „Wir werden weder Immobilien oder Mobiliar besitzen noch mit eigenem Namen über Bankkonten verfügen...“. „Wir lehnen es ab, mündlich oder schriftlich mit Titeln oder Bezeichnungen angesprochen zu werden, in denen gesellschaftliche Bedeutung oder Macht zum Ausdruck gebracht werden (Eminenz, Exzellenz, Monsignore...)“.

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Dienste und Ämter der Frauen stärken

Die am vergangenen Sonntag unterzeichnete Selbstverpflichtung nennt sich „Pakt für das gemeinsame Haus“. Darin verpflichten sich die Bischöfe – unter ihnen zwei Kardinäle – unter anderem zu einer „integralen Ökologie“ und dem Schutz des amazonischen Regenwaldes in Verpflichtung gegenüber dem Bund Gottes mit seiner ganzen Schöpfung. Sie erneuern ihre „vorrangige Option für die Armen, vor allem unter den Indigenen“ und verpflichten sich zu einer synodalen Kirche. Insbesondere der vielfältige Einsatz und Dienst von Frauen, die Gemeinden in Amazonien leiten, müsse anerkannt werden. Daher wollen die Bischöfe Frauen, die eine Dorfgemeinschaft und Gemeinde de facto leiten, „mit angemessenen Diensten und Ämtern stärken“.

Ein Initiator des ersten Katakomben-Pakts nach dem Konzil war unter anderen der 1999 verstorbene brasilianische Erzbischof Hélder Camara, einer der profiliertesten Befreiungstheologen. Um die Kontinuität des am Sonntag unterzeichneten Pakts mit dem Katakomben-Pakt von 1965 zu unterstreichen, übergab jetzt Kardinal Hummes die Stola Hélder Camaras an Bischof Kräutler.

Ein erster Versuch im Jahr 2015

Bereits im November 2015 hatte es in der Domitilla-Katakombe einen Versuch gegeben, den Pakt von 1965 zu erneuern. Einer der letzten noch lebenden Unterzeichner der Erklärung nach dem Konzil, Bischof Luigi Bettazzi, feierte damals einen Gottesdienst, Hauptstar war der Befreiungstheologe Jon Sobrino SJ aus El Salvador und auch Bischof Kräutler war anwesend gewesen. Ansonsten kein weiterer Bischof, kein Kardinal, kein Vertreter der römischen Kurie, geschweige denn ein Grußwort von Papst Franziskus.

Der „TrägerInnenkreis“ der Versammlung von 2015 war sehr deutsch geprägt: Veranstalter waren die AG Feminismus und Kirche e.V., die Betriebsseelsorge Oberösterreich Linz, die Deutsche Franziskanerprovinz, die Jesuitenmission Deutschland, die Karl Rahner Akademie Köln, die Leserinitiative Publikum Forum, Wir sind Kirche und viele mehr. Mitfinanziert hatten die Hilfswerke Adveniat und Misereor. Die organisatorische Achse war damals die Projektgruppe „Pro Konzil“ beim Institut für Theologie und Politik (ITP) in Münster unter Leitung von Michael Ramminger, der bei Johann Baptist Metz promoviert hatte.

DT/gho

 

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