Bei einer Generalaudienz im Vatikan begegnete er vor einem Jahr sogar Papst Franziskus in der Prima Fila, der begehrten „ersten Reihe“. Thomas de Vachroi (63), offizieller „Armutsbeauftragter“ der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, überreichte dem Papst damals ein T-Shirt als Geschenk: „Armut eine Stimme geben“.
Anschließend verstand es CDU-Mitglied de Vachroi, der seine Homosexualität in der christdemokratischen Teilorganisation „LSU“ bekennt, das Papst-Foto PR-technisch klug zu nutzen. Der Heilige Vater als prominente Stimme für ein Armenprojekt einer reichen, evangelischen Landeskirche mit einem Haushalt (2024) von knapp einer halben Milliarde Euro: In Berlin-Friedrichshain und -Mitte war der Jubel groß, sofort gab’s 250 „Like“-Daumen auf Instagram.
Pünktlich zum Weihnachtsfest erinnerte sich der Deutschlandfunk in der heutigen Morgensendung wieder an den evangelischen Armutsprofi aus der Hauptstadt, der seine Chance im Live-Interview denn auch perfekt nutzte: „Deutschland – Armutsland“. 20 Prozent hierzulande seien arm, man müsse schließlich auch die seelen- und einsamkeitsverarmten Menschen dazuzählen. Deshalb hat de Vachroi, aufgewachsen in der ehemaligen DDR, diese neue, eigene Definition von Armut entwickelt, wie er erläutert.
Selbst arm werden
Hörbar betroffen hakte die Interviewerin Barbara Schmidt-Mattern nach. Ob er sich denn erklären könne, warum es in Deutschland nur ihn als Armutsbeauftragten gebe? Thomas de Vachroi scheint ratlos, Schmidt-Mattern wird präziser: „Warum hat zum Beispiel die katholische Kirche keinen Armutsbeauftragten?“ Der überraschte Interviewgast gibt eine von nur zwei möglichen Antworten: „Da müssen Sie die katholische Kirche selbst fragen.“
Die andere, noch naheliegendere Antwort wäre gewesen: Die katholische Kirche braucht keinen Armutsbeauftragten, weil sie selbst die Armutsbeauftragung seit Christi Geburt vor 2025 Jahren als zentralen Auftrag Gottes versteht. Denn neben der persönlichen Armutsdefinition des Thomas de Vachroi gibt es ja auch noch die des Neuen Testaments. Im Zentrum steht die Seligpreisung der „Armen im Geist“ (Mt 5,3). Gemeint ist hier bekanntlich kein Mangel an Intellekt, sondern eine immaterielle Hinwendung zu Gott. Arm im Sinne Christi ist, wer sich nicht auf Besitz, Leistung oder Status stützt, sondern auf Gottes Gnade. „Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.“ In diesem Sinn können auch materiell Wohlhabende „arm“ sein – wenn sie sich nicht vom Besitz bestimmen lassen. Sternsinger, Adveniat, Misereor und zahllose andere Hilfsorganisationen katholischer Prägung geben auch an diesem Weihnachtsfest reichlich Gelegenheit, Wohlstand zu teilen und materielle Armut überall auf der Welt ein wenig zu lindern. Unzählige Menschen können nur dank des unermüdlichen Einsatzes von Christen überall auf der Welt ein menschenwürdiges Leben führen, das betrifft Ernährung, Bildung und das Dach über dem Kopf.
Das „arm-selige“ Kind in der Krippe lädt in allen Kirchen dazu ein, dass wir selbst arm und demütig vor Gott treten und so im wahrsten Sinne des Wortes „zur Besinnung“ kommen.
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