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Mission impossible

Im Ukraine-Krieg würde der Vatikan gerne vermitteln. Aber die Plauderei des Papstes belasten die Gespräche des Vatikandiplomaten Paul Richard Gallagher in Kiew.
Erzbischof Gallagher
Foto: Alexander Astafyev via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Im diplomatischen Gepäck hat Gallagher keine schweren Pfunde. Zumindest nicht in den Augen der Ukrainer.

Erzbischof Paul Richard Gallagher vom vatikanischen Staatssekretariat ist in der Ukraine und wird nach zwei Tagen in Lemberg morgen in Kiew mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba zusammenkommen. Gallagher leitet die für die auswärtigen Beziehungen zuständige Sektion im Staatssekretariat und wird von den Medien gerne als „Außenminister“ des Vatikans bezeichnet. Heute trifft der gebürtige Brite den Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk. Auch eine Begegnung mit dem Vorsitzenden der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki, und dem katholischen Erzbischof von Lemberg, Igor Vozniak, steht auf dem Programm. Nach den Kardinälen Konrad Krajewski und Michael Czerny SJ ist Gallagher der dritte hochrangige Vertreter des Vatikans, der jetzt im Krieg ukrainischen Boden betritt. Und als Mann des Staatssekretariats dürfte er seine Mission als durchaus „politisch“ verstehen.

Das „Bellen der NATO vor Russlands Toren“

Doch im diplomatischen Gepäck hat Gallagher keine schweren Pfunde. Zumindest nicht in den Augen der Ukrainer. Nachdem Franziskus bei einer Plauderei mit Journalisten des „Corriere della Sera“ einen Besuch in Kiew vorerst ausgeschlossen hat, dürfte die von manchen Ukrainern erhoffte Visite des Papstes bei den Opfern des Angriffskriegs nicht mehr auf der Agenda stehen. „Ich spüre, dass ich nicht fahren darf“, hatte Franziskus den Journalisten gesagt, „ich muss zuerst nach Moskau, erst muss ich Putin treffen“.

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Den russisch-orthodoxen Patriarch Kyrill hatte er aber bei derselben Unterhaltung als „Messdiener Putins“ gerügt, was sicher nicht dazu beigetragen hat, ihm in Moskau einen roten Teppich auszurollen. Aber auch im Westen war man über die bei dieser Gelegenheit ebenfalls gemachte Äußerung des Papstes nicht glücklich, dass das „Bellen der NATO vor den Toren Russlands“ Putin bewogen haben könnte, den Konflikt vom Zaune zu brechen. 

Sorge wegen der „nuklearen Dimension“

Also wird Gallagher jetzt versuchen, wie „in den Tagen des Kalten Kriegs Räume für den Dialog“ schaffen, „um eine Verständigung zu fördern und eine Lösung des Konflikts zu finden,“ wie er bereits in Rom angekündigt hatte. Im italienischen Fernsehen stellte er vor einer Woche klar, dass der Papst den Wert von Verteidigungsbündnissen und von Verteidigung generell anerkenne, solange sie „verhältnismäßig“ seien. Franziskus sei aber „sehr darauf bedacht, nicht in ein neues Wettrüsten einzutreten, sondern immer Raum für Dialog und Diskussion zu lassen, um zum Frieden zu gelangen“. Dies gelte auch für die Frage westlicher Waffenlieferungen an Kiew: „Die Ukraine hat das Recht, sich selbst zu verteidigen“.

Das hatte man in dieser Klarheit von Papst Franziskus noch nicht so gehört. Allerdings sei es in Sachen Waffenlieferungen wichtig, so Gallagher weiter, einen Aufrüstungswettlauf zu vermeiden, auch weil der Ukraine-Krieg wegen seiner „nuklearen Dimension" besonders gefährlich werden könne. Das wird Gallagher wohl auch seinem Außenamts-Kollegen Kuleba sagen. Aber eine aktive Rolle als Friedensvermittler kommt dem Vatikan seit der Plauderei des Papstes mit den Besuchern des „Corriere della Sera“ nicht mehr zu. 

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