Papst Leo ist bestens informiert und weiß ganz genau, wen er da vor sich hat. Am 4. September konnte er Bischof Georg Bätzing in Augenschein nehmen, am 8. September stand Bischof Stefan Oster vor seiner Tür. Drei Mal darf man raten, mit wem er sich besser verstanden hat. Die überaus knappe Erklärung, die Bätzing nach dem Treffen zu Protokoll gab, ließ schon ahnen, dass der Funke zwischen Papst und Konferenzvorsitzendem nicht übergesprungen ist.
„Ich bin sehr froh, dass Papst Leo XIV. die Kirche in Deutschland mit Vertrauen begleitet“, ließ der Bischof wissen. Aber Leo begleitet nicht nur. Er sagt auch, was Sache ist. Dass der Papst bei seinem klaren Nein zu kirchlichen Riten, mit denen Seelsorger Paare in nichtehelichen Beziehungen segnen sollen, an die Kirche deutscher Zunge nördlich der Alpen gedacht hat, zeigt schon die Formulierung, die er in dem Gespräch mit der amerikanischen Journalistin Elise Ann Allen gewählt hat.
Leo XIV. sprach wörtlich „von Segnungsritualen für ,Menschen, die sich lieben‘, wie sie es ausdrücken, was speziell gegen das von Papst Franziskus genehmigte Dokument ,Fiducia supplicans‘ verstößt“. Denn „Fiducia supplicans“ wolle eben nicht einen Segen ritualisieren, „weil das nicht der Lehre der Kirche entspricht“.
Leo XIV.: Papst oder Pappkamerad?
Jetzt hat Bätzing die Wahl. „Ich ermutige die Seelsorgerinnen und Seelsorger, von den Möglichkeiten Gebrauch zu machen, die diese Handreichung für die Gestaltung von Segensfeiern für Paare gibt“, hatte er erklärt, nachdem das Bistum Limburg Anfang Juli, genau zu Beginn der vatikanischen Ferienzeit, die Handreichung „Segen gibt der Liebe Kraft. Segnungen für Paare, die sich lieben“ offiziell veröffentlicht hatte.
Will der Bischof dabei bleiben, jetzt, nachdem der Papst ein überdeutliches Wort gesprochen hat? Oder kehrt er zurück zur Einheit mit Rom und dem weit überwiegenden Teil der Weltkirche? Die Stimme des Konferenzvorsitzenden hat Gewicht. Nachdem Bätzing vorgeprescht war, hatte das Bistum Rottenburg-Stuttgart unter Bischof Klaus Krämer die Materialsammlung mit dem Titel „Wir lieben uns – welch ein Segen!“ herausgebracht. Im dortigen Ordinariat hieß es damals, der Impuls dafür sei ja aus Rom gekommen, Papst Franziskus habe mit „Fiducia supplicans“ den Weg geöffnet, die Möglichkeit von Segenshandlungen weiter zu denken.
Man musste nicht auf die jetzt erfolgte Klarstellung von Papst Leo warten. Man hätte nur die Erklärung von Kardinalpräfekt Víctor Manuel Fernández vom 4. Januar 2024 lesen müssen, um zu wissen, dass weder Papst Franziskus noch das Glaubensdikasterium irgendeine Form von ritualisierten Segensfeiern wollten. Doch mit der klaren Ansage von Leo XIV. steht eine einfache Frage im Raum: Deutsche Bischöfe, ist es euch wichtig, was der Papst in Rom zu euch sagt? Oder ist er ein Pappkamerad, der mitreden darf, dem aber niemand folgen muss – schon gar nicht die Bischöfe im Lande Luthers?
Die Frage nach dem Führungspersonal
Jetzt kommen die deutschen Bischöfe zu ihrer Herbstvollversammlung zusammen. Sie sollten wahrnehmen, dass sich mit Papst Leo der Wind gedreht hat. Franziskus hat mit seiner eruptiven Art hin und wieder Widerstände hervorgerufen oder die Lagerbildung von Kritikern provoziert. Aber Papst Leo will die Einheit. Eine Einheit, die auf dem Glauben an Jesus Christus und dem Auftrag an Petrus ruht, die Brüder in eben diesem Glauben zu stärken. Das haben viele Bischöfe in der Welt schon längst gespürt – und die Kurialen allemal.
Es ist an der Zeit, dass der deutsche Episkopat endlich aufhört, wie ein Dilledöppchen laufend anzuecken, querzuschießen und aus der Reihe zu tanzen. Bischof Bätzings irrlichternde Art, die oft wie willenslos daherkommenden Bischofskollegen von einer Sollbruchstelle zur anderen zu führen, ist nach sechs Jahren Synodaler Weg nicht mehr angesagt. Dieser Weg hat keinen Aufbruch gebracht, sondern nur Frust, Irrwege und Verletzungen. In jedem weltlichen Unternehmen wäre es jetzt höchste Zeit, sich einmal über das Führungspersonal Gedanken zu machen.
Papst Franziskus hatte so seine Art, gegen Bätzings Blindflug anzustacheln, als er ihm sagte, es gebe schon eine evangelische Kirche in Deutschland, es brauche keine zweite. Papst Leo ist da präziser und herausfordernder: Sein Wort zu den Segnungsfeiern ist eine Aufforderung an Bätzing, Farbe zu bekennen und zu erklären, wo er steht.
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