Kommt der nächste Papst aus Afrika? Die Frage wurde in den internationalen Medien seit dem Tod von Papst Franziskus heiß diskutiert. Und angesichts dessen, dass Afrikaner inzwischen rund 20 Prozent der Katholiken ausmachen und die Kirche dort so stark wächst wie nirgends sonst, argumentieren viele, dass die Zeit reif ist für einen afrikanischen Papst. Ein Name, der in der Diskussion immer wieder fällt, ist der von Kardinal Fridolin Ambongo Besungu.
Der aus der Demokratischen Republik Kongo stammende Purpurträger erlebte unter Franziskus einen rasanten Aufstieg: 2018 ernannte der Papst ihn zum Erzbischof von Kinshasa, der Hauptstadt des Landes. Ein Jahr später bekam er bereits die Kardinalswürde verliehen, und 2020 wurde er als einziger Afrikaner in den von Papst Franziskus eingerichteten Kardinalsrat berufen, der den Papst beraten und insbesondere bei Reformen der römischen Kurie unterstützen sollte. Da der Rat nur aus neun Kardinälen besteht, wird Ambongo schon allein wegen dieser Position von vielen als möglicher Franziskus-Nachfolger gehandelt.
Die „Stimme Afrikas in der Weltkirche“
Ambongo wurde am 24. Januar 1960 in Boto, in der Provinz Sud-Ubangi im Nordwesten des Landes, geboren. 1988 wurde er zum Priester geweiht, nachdem er Moraltheologie an der Päpstlichen Akademie Alfonsiana studiert hatte. Anschließend lehrte er an der katholischen Universität von Kinshasa und wurde später Provinzial der Kapuziner in der DR Kongo.
Nicht nur weil der 65-Jährige die wichtigste Diözese im Land mit den meisten Katholiken auf dem Kontinent leitet, wird er als „Stimme Afrikas in der Weltkirche“ gesehen, sondern auch weil er seit 2023 als Präsident des „Symposiums der Bischofskonferenzen von Afrika und Madagaskar“ dient – und damit alle Bischofskonferenzen des Kontinents vertritt.
In dieser Position lenkte Ambongo die internationale Aufmerksamkeit auf sich: Nachdem das Dikasterium für die Glaubenslehre die umstrittene Erklärung „Fiducia supplicans“ veröffentlicht hatte, die Segnungen von Paaren in irregulären Beziehungen erlaubt, flog er mit der Unterstützung der afrikanischen Bischöfe nach Rom, um sich von Papst Franziskus und dem Präfekten des Dikasteriums für die Glaubenslehre, Kardinal Víctor Manuel Fernández, persönlich eine Ausnahmeerlaubnis einzuholen, die es jedem afrikanischen Bischof selbst überließ, ob er der Erklärung folgte oder nicht. Mit dem geschickten Schachzug gelang es dem Präsidenten der afrikanischen Bischofskonferenzen, sich der Erklärung zu widersetzen, ohne dadurch mit Rom zu brechen.
Während Franziskus und Ambongo in Sachen „Fiducia supplicans“ offensichtlich nicht auf einer Linie lagen, waren die beiden sonst beinahe Brüder im Geiste: Der afrikanische Kardinal gilt quasi als Oppositionsführer in seinem Land: Immer wieder prangert er die Korruption der Regierung an, sowie die Manipulation der Wahlen und wird nicht müde, die fehlenden Bemühungen um einen langfristigen Frieden in der seit rund 30 Jahren von Krieg geplagten Kivu-Region zu benennen.
Gemeinsamkeiten mit Franziskus
Nachdem die M23-Rebellen Anfang des Jahres die beiden wichtigen Provinz-Hauptstädte Bukavu und Goma eingenommen hatten, ergriffen die kongolesischen Bischöfe selbst die Initiative und entsendenten eine Delegation zur „Alliance Fleuve Congo“, der politische Zweig der Rebellengruppe. Mit ihrer Friedensinitiative zogen die Bischöfe jedoch den Zorn der Regierung, die Verhandlungen mit M23 strikt ablehnt, auf sich. Der politische Einsatz des Kardinals ist der Elite schon länger ein Dorn im Auge: Vor knapp einem Jahr wurde gegen Ambongo wegen „Aufstachelung des Volkes“ ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Außerdem verband die beiden Kleriker der Einsatz für die Umwelt: Ambongo prangert immer wieder die Ausbeutung der Ressourcen an, über die sein Land massenweise verfügt und reiste 2022 zur Klimakonferenz der Vereinten Nationen.
Während sich der afrikanische Papabili mit seinem Feldzug gegen „Fiducia supplicans“ keine Freunde im liberalen Lager gemacht haben dürfte, sagen manche „Reformer“ ihm eine Offenheit für den Frauendiakonat nach. Denn am Rande der Weltsynode äußerte Ambongo, dass es in Afrika „keine Schwierigkeiten“ in Bezug auf den Diakonat der Frau gebe und der Wunsch bestehe, seine Verbindung zum Priestertum gründlich zu untersuchen. Mit seinen Positionen lässt sich der Kardinal also nicht konsequent einem Lager zuordnen, sondern ist vielmehr ein Kandidat, der zwischen allen Stühlen steht.
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