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Franziskus wollte Kyrill die Augen öffnen

Das Moskauer Patriarchat bleibt auch nach der päpstlichen Intervention bei seiner, also bei Putins Sicht des Krieges.
Ukraine-Konflikt - Patriarch Kirill und Papst Franziskus
Foto: - (Vatican Media) | Das vom Vatikan zur Verfügung gestellte Handout zeigt Papst Franziskus (vorne) im Gespräch mit dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill I., (auf Monitor r).

Kyrill hat sich unmöglich gemacht. Mit seinen Predigten und Stellungnahmen der vergangenen Tage hat der Patriarch von Moskau und ganz Russland den letzten Rest seines Ansehens in der Welt verspielt. Ein Kirchenoberhaupt, das Krieg und Kriegsverbrechen nicht beim Namen nennt, sondern mit einer wirren großrussischen Ideologie rechtfertigt, das überdies dem Kommandanten der russischen Nationalgarde im Rahmen der Liturgie eine Gottesmutterikone für die kämpfende Truppe überreicht, hat keinerlei moralischen Kredit mehr.

Wäre Papst Franziskus ein Politiker, dann hätte er den Ex-KGB-Offizier im Patriarchengewand einfach abgeschrieben. Aber Franziskus denkt und agiert geistlich und kirchlich, nicht politisch. Darum arrangierte der Vatikan gestern eine Videokonferenz zwischen Rom und Moskau: Franziskus und sein Ökumene-Kardinal Kurt Koch auf der einen Seite, Kyrill und sein Außenamtschef Metropolit Hilarion auf der anderen – vatikanische Geistlichkeit konferierte mit der kirchenamtlichen Außenstelle von Putins Propagandamaschine.

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Mahnworte von Apostel zu Apostel

So jedenfalls lesen sich die Statements, die in Rom und Moskau nach dem Gespräch publiziert wurden. Lässt man die diplomatische Formulierkunst des Vatikans beiseite, dann wird klar: Franziskus sprach mit Kyrill von Bruder zu Bruder, von Apostel zu Apostel – mahnend und werbend. Der Papst wollte dem Patriarchen die Augen öffnen für das Leid der Menschen, für die Schrecknisse dieses ungerechten Kriegs, für die christliche Pflicht zu Frieden und Versöhnung, für die Gefahr, die einer Kirche droht, wenn sie sich auf die Logik und Sprache der Politik einlässt.

Jede Hoffnung, die Worte und die Demut des Papstes könnten im Moskauer Patriarchat zum Nachdenken oder gar zu einer Gewissenserforschung führen, war zunichte, als Kyrills Presseamt Stellung nahm. In der Moskauer Darstellung ist von Krieg keine Rede, von Kriegsverbrechen schon gar nicht. Von einer „Situation auf ukrainischem Boden“, von „Krise“ und einem bedeutenden Verhandlungsprozess lesen wir da. Realitätsverweigerung pur.

Unmöglich gemacht

Noch schlimmer ist das Statement, das Kyrill nach seiner Videokonferenz mit dem Oberhaupt der Anglikaner, Erzbischof Welby, gestern veröffentlichen ließ: Kyrill habe dem Erzbischof von Canterbury die Ereignisse in der Ukraine ab 2014 erklärt, heißt es da. Kein Zweifel: Das Moskauer Patriarchat bleibt bei seiner Deutung. Und die ist deckungsgleich mit Putins These, Russland habe diese „militärische Spezialoperation“ durchführen müssen, um die Russen (in der Ukraine wie in Russland) vor dem „Kiewer Regime“ zu schützen. Das Urteil der Geschichte dürfte lauten: Kyrill hat sich unmöglich gemacht.

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