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Ein Schrecken ohne Ende

Statt Kardinal Rainer Maria Woelki den Rücken zu stärken, lassen Papst und Vatikan das Damoklesschwert über ihm hängen. Sieht so Führung aus?
Woelki: Habe Papst meinen Amtsverzicht angeboten
Foto: Oliver Berg (dpa) | Kardinal Rainer Maria Woelki hat keine Rückendeckung aus Rom bekommen, Die Hängepartie in Köln geht weiter.

Für seinen Wiedereintritt in den Kölner Orbit hat der Vatikan Kardinal Rainer Maria Woelki die denkbar schlechteste Ausstattung mitgegeben. Wie das Erzbistum am Aschermittwoch mitteilte, hat der Kardinal vor seiner Rückkehr in den Dienst dem Papst seinen Rücktritt angeboten, worüber Papst Franziskus „zu gegebener Zeit“ entscheiden werde. Mit anderen Worten: Rom wollte dem Kardinal nicht den Rücken stärken. Auch gab es keinen Brief des Papstes an Woelki zur Wiederaufnahme der Dienstgeschäfte, was im Vatikan eigentlich beschlossene Sache und deswegen in aller Munde war. Das heißt, die Hängepartie in Köln geht weiter. Schon melden sich die ersten Kritiker des Kardinals zu Wort, die jetzt nur noch auf die Annahme des Rücktrittsangebots durch den Papst warten, damit sich die Situation in ihrem Sinne entspannt.

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Woelki: Ein Opfer auf welchem Altar?

In seinem Hirtenbrief zur Fastenzeit hatte Woelki von seiner persönlichen Haltung gesprochen, „nichts zu sehr zu wollen“, sondern alles, wirklich alles auf Gott hin frei zu geben. Und als Ausdruck dieser Haltung innerer Freiheit habe er dem Papst sein Amt zur Verfügung gestellt, so dass Franziskus frei sei, zu entscheiden, was dem Wohl der Kirche von Köln am meisten dient. Aber war diese Entscheidung nicht schon gefallen, als der Papst dem Kölner Kardinal eine Auszeit verordnete, gleichzeitig aber die Rückkehr auf den Aschermittwoch 2022 festlegte? Nachdem Franziskus den Rücktritt des Pariser Erzbischofs Michel Aupetit angenommen hatte, weil diesem die Affäre mit einer Frau nachgesagt wurde, bekannte der Papst freizügig, den Pariser Oberhirten auf dem „Altar der Heuchelei“ geopfert zu haben. Auf welchem Altar soll denn Woelki geopfert werden? Auf dem Altar derer, die wie Maria 2.0 eine andere Kirche wollen? Möchte der Vatikan gemeinsame Sache mit denen machen, die sich jetzt im Zuge des Synodalen Wegs für Frauenweihe, Ende des Pflichtzölibats und eine neue Sexualmoral engagieren? 

Rom lässt das Damoklesschwert hängen

Es ist nicht gesagt, dass es Kardinal Woelki gelingt, die verfahrene Situation im Erzbistum durch Gespräche und – wie man so schön sagt – vertrauensbildende Maßnahmen zu beruhigen und wieder Rückhalt in seinem Klerus zu finden. Der Hirtenbrief des Erzbischofs wäre aber eine Grundlage für einen wirklichen Neuanfang gewesen. Und die harte Realität des Kriegs, der in Europa stattfindet, hätte sicher manchem den Blick dafür geschärft, worum es im Leben (der Kirche) wirklich geht. Aber dann hätten Papst und Vatikan den Erzbischof von Köln auch stützen müssen. Über ihm mit einem angebotenen, aber noch nicht angenommenen Rücktritt das Damoklesschwert hängen zu lassen, stößt an die Grenze einer Loyalitätspflicht, die eine vorgesetzte Behörde (Vatikan) auch gegenüber ihren leitenden Angestellten (Erzbischöfen) wahrzunehmen hat. Hätte Franziskus nach der Visitation des Erzbistums den Entschluss gefasst, Woelki eine andere Aufgabe zuzuweisen, wäre das eine klare Sache gewesen. Das aber, was jetzt geschieht, ist ein Schrecken ohne Ende.

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