Mit einer Messe in Albano Laziale und dem Gebet des Angelus auf der Piazza della Libertà in Castel Gandolfo sind die öffentlichen Auftritte des Papstes während seiner Ferienzeit in den Albaner Bergen zu Ende gegangen. Im Verlauf der Woche wird Leo XIV. im Vatikan zurückerwartet. Die Kathedrale in Albano ist Sitz des Bischofs, in dessen Diözese auch das nahe gelegene Castel Gandolfo liegt.
Eigentlich sollte Kardinal Robert Prevost am 12. Mai die Kathedrale am 12. Mai „in Besitz nehmen“, denn Papst Franziskus hatte sie ihm noch als Titelkirche zugewiesen. Es sollte dann anders kommen. „Liebe Brüder und Schwestern“, begann Papst Leo seine Predigt, „ich freue mich sehr, heute hier zu sein, um die sonntägliche Eucharistiefeier in dieser schönen Kathedrale zu feiern. Ihr wisst, dass ich eigentlich am 12. Mai hier sein sollte, aber der Heilige Geist hat es anders gefügt.“
Ferien als Gelegenheit „zu entschleunigen“
Der Papst predigt über die Ferienzeit als Gelegenheit, um füreinander da zu sein, Erfahrungen und Ideen auszutauschen, einander Verständnis und Ratschläge zu schenken: Das gibt uns das Gefühl, geliebt zu sein, und das brauchen wir alle. Tun wir dies mit Mut. Auf diese Weise werden wir in der Solidarität und im Teilen des Glaubens und des Lebens eine Kultur des Friedens fördern. Und wir werden auch unserem Umfeld helfen, Spaltungen und Feindseligkeiten zu überwinden und Gemeinschaft aufzubauen: zwischen Menschen, zwischen Völkern, zwischen Religionen.“
Zurück in Castel Gandolfo fasste Leo XIV. beim Gebet des Angelus vor einer wie am vergangenen Sonntag dichten gedrängten Menge auf dem Platz vor dem Apostolischen Palast Kerngedanken aus der Predigt zu einer im christlichen Geist begangenen Ferienzeit nochmals zusammen: Die Sommerzeit könne helfen, „zu entschleunigen“. „Wir brauchen etwas Ruhe und den Wunsch, mehr über die Kunst der Gastfreundschaft zu lernen. Die Urlaubsindustrie will uns alle möglichen Erfahrungen verkaufen, aber vielleicht nicht jene, nach der wir suchen. Jede echte Begegnung ist nämlich unentgeltlich und ist nicht käuflich: sei es die mit Gott, sei es die mit anderen, sei es die mit der Natur.
„Tiefer Schmerz“ über Barbarei im Gaza-Streifen
Nach dem Gebet des Angelus ging Papst Leo mit einem eindringlichen Appell auf die dramatischen Vorgänge im Gaza-Streifen ein: „Ich empfinde tiefen Schmerz über den Angriff israelischer Streitkräfte auf die katholische Kirche in Gaza-Stadt.“ Der Beschuss sei“ nach vielen, kontinuierlichen militärischen Angriffen gegen die Zivilbevölkerung und gegen religiöse Stätten in Gaza“ erfolgt. Papst Leo XIV. forderte ein sofortiges Ende der „Barbarei des Krieges“. Die internationale Gemeinschaft rief der Papst dazu auf, das humanitäre Völkerrecht zu beachten, sich für den Schutz der Zivilbevölkerung einzusetzen und dafür zu sorgen, dass das völkerrechtliche Verbot von Kollektivbestrafungen eingehalten werde. Auch müsse dem unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt und der gewaltsamen Vertreibung der Bevölkerung Einhalt geboten werden. An die „geliebten Christen“ im Nahen Osten gewandt schloss der Papst mit den Worten: „Ihr seid im Herzen des Papstes und in dem der ganzen Kirche! Danke für euer Glaubenszeugnis!“
Ein Telefonat mit Benjamin Netanjahu
Auch in den Ferien hatte der Papst nicht „abschalten“ können. So hatte er am Freitag nach dem Beschuss der katholischen Pfarrei im Gazastreifen einen Anruf vom italienischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu erhalten. Bei der Attacke waren am Donnerstag drei Menschen getötet worden und es hatte mehrere Verletzte gegeben, darunter Pfarrer Gabriel Romanellli (siehe DT online vom 18. Juli). Netanjahu stellte den tödlichen Anschlag als Unfall dar, woran Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin noch am gleichen Abend im italienischen Fernsehen in Zweifel zog. Leo XIV. nutzte sein Telefonat mit dem israelischen Premier, um zu einer Wiederaufnahme des Verhandlungsprozesses und zu einem unverzüglichen Waffenstillstand sowie dem Ende des Kriegs aufzurufen. Laut Mitteilung des vatikanischen Presseamts zeigte sich der Papst auch über die humanitäre Lage der Bevölkerung im Gazastreifen besorgt, wobei besonders Kinder, ältere Menschen und Kranke betroffen seien. Zudem sprach Papst Leo von der Dringlichkeit, alle religiösen Stätten zu schützen und die Sicherheit der Gläubigen sowie aller Menschen in Palästina und Israel zu gewährleisten.
Kardinal Parolin bezweifelt die Unfall-These Israels
Gegenüber der Nachrichtensendung „Tg2 Post“ bezeichnete Kardinal Parolin am Freitagabend den Anruf von Netanjahu grundsätzlich als „positiv“: „Man konnte dem Papst nicht vorenthalten, was passiert ist, etwas von solcher Schwere.“ Allerdings merkte der Staatssekretär an, dass man erst die von israelischer Seite angekündigte Untersuchung des Vorfalls abwarten müsse – es sei nicht sicher, ob es wirklich ein „Unfall“ war: „Wir müssen Zeit geben, um herauszufinden, was tatsächlich passiert ist: Ob es wirklich ein Fehler war – was man berechtigterweise bezweifeln kann – oder ob es die Absicht gab, gezielt eine christliche Kirche zu treffen.“ Sollte der Angriff gezielt erfolgt sein, wäre das ein Versuch, einen Faktor zu beseitigen, der zu einer Waffenruhe oder einem Frieden beitragen könnte. Denn die Christen seien ein „Element der Mäßigung“ im Nahen Osten sowie im Verhältnis zwischen Palästinensern und Juden. DT/gho
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