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Systemische Ursachen oder persönliche Sünde?

Die vom Synodalen Weg angesprochenen Fragen beschäftigen auch Menschen in anderen Ländern. Nur die Gewichtung unterscheidet sich stark voneinander.
Der Synodale Weg sucht vermehrt Gleichgesinnte auf der ganzen Welt
Foto: Maximilian von Lachner (Synodaler Weg / Maximilian von L) | Eine digitale Konferenz „Der Synodale Weg im Spiegel der Weltkirche“ versuchte den deutschen Prozess in die Weltkirche zu tragen.

Der Synodale Weg sucht vermehrt Gleichgesinnte auf der ganzen Welt, um dem Vorwurf zu begegnen, er schlage einen Sonderweg ein, der die Kirche in Deutschland von der Weltkirche spalte. Beim Synodalen Weg gehe es nicht um eine Konfrontation der „deutschen Kirche“ gegen „Rom“. Die auf dem Synodalen Weg behandelten Fragen seien vielmehr auch in anderen Ortskirchen von Bedeutung.

Dafür wurden „Beobachter“ aus dem Ausland zu den Vollversammlungen des Synodalen Weges eingeladen. Zu diesem Zweck führt etwa auch das gemeinsame Projekt „Synodaler Weg – Weltkirchliche Perspektiven“ des „Instituts für Weltkirche und Mission (IWM)“ und des „Katholischen Akademischen Ausländer-Dienstes (KAAD)“ eine empirische Studie durch, bei der „eine internationale Gruppe von Teilnehmenden aus verschiedenen Ortskirchen nach den Themen der deutschen Reformdebatte befragt werden.“

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Internationale Konferenz 

Am Donnerstagvormittag fand in diesem Rahmen die digitale Konferenz „Der Synodale Weg im Spiegel der Weltkirche“ statt. Eingeladen dazu hatte das katholische Hilfswerk missio; die Moderation übernahm Susanne Becker-Huberti von Domradio. 

Die Konferenz bestand aus drei Teilen: In einem „Dialoggespräch“ sprach zunächst Birgit Mock, Vizepräsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, über die Beratungen im Forum „Sexualität und Partnerschaft“ des Synodalen Wegs, dessen Co-Vorsitzende sie auch ist: Das Forum habe ein 30-seitiges Papier zu dem Thema verfasst. Sie fasste es in drei Aussagen zusammen: Sexualität und Identität gehörten zusammen, Vielfalt sei Teil des Schöpfungsplans, allen Menschen komme unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung die gleiche Würde zu. Sie stellte die Frage in den Raum: „Kann oder muss sich die kirchliche Lehre diesbezüglich ändern?“

Darauf nahm Bischof Helmut Dieser aus Aachen in Beantwortung einer Frage aus der Zuhörerschaft direkt Bezug: Die katholische Sexuallehre sei kein Dogma, im Katechismus stehen keine endgültigen Wahrheiten im Sinne eines Dogmas, weil solche Wahrheiten auch eine Entwicklung erfahren hätten: „Eine Wahrheit wird neu ausgewortet“. Deshalb gehe es hier um anthropologische Fragen, um ein „neues Menschenbild“, nicht um Dogmen. Ähnlich lasse sich die Frage nach der „Frauenweihe“ beantworten. Johannes Paul II. habe zwar 1994 deutlich gemacht, dass die Kirche keine Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu erteilen. Aber: „Bindet diese Aussage die ganze Kirche?“ Denn nach einem klärenden Wort eines Papstes entstehe in der Regel Friede, und hier sei das Gegenteil der Fall; es gebe weiterhin „Ringen und Polarisierung“. Deshalb plädierte Bischof Dieser dafür, dass „die höchste Autorität“ – also der Papst – entscheiden müsse.

Richtungsstreit in der Kurie 

Auf die Frage, wie er den Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe im November 2022 erfahren habe, sagte Bischof Dieser, es gebe einen „Richtungsstreit innerhalb der Kurie“. Bei einem Teil der Kurie seien sie auf Widerstand gestoßen, der andere Teil habe geschwiegen. Aber auch in Deutschland gebe es „Gegner einer Veränderung“, die „lautstark, gut vernetzt und aggressiv“ seien. Auch unter den deutschen Bischöfen hielten einige den Synodalen Weg für „Wasserträger falscher Ideologien“ – wogegen er sich verwehre.

In einem zweiten Teil der digitalen Konferenz „Impulse aus der Weltkirche“ waren zugeschaltet Stan Chu Ilo, Professor für katholische Studien aus Nigeria, Estella Padilla, Direktorin eines Pastoralzentrums auf den Philippinen, sowie Marcela Mazzini, Direktorin des theologischen Forschungszentrums Buenos Aires. Stan Chu Ilo plädierte für eine „Dezentralisierung der katholischen Kirche“. In Afrika sei eine Frage wie die der Priesterweihe für Frauen nicht relevant. Dort gehe es vielmehr um die (theologische) Bildung für Frauen. Estela Padilla fragte, wo die Stimme der Gemeinden, die Stimme „normaler Menschen“ auf dem Synodalen Weg bleibe.

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Persönliche Sünde 

Darauf ging ebenfalls Bischof Joseph-Marie Ndi-Okalla von Mbalmayo in Kamerun im dritten Teil der Online-Konferenz „Weitere Gesprächsrunde mit Gästen“ ein, an der Markus Demele, Geschäftsführer von Kolping International, und Nora Kalbarczyk, Generalsekretärin des Katholischen Akademischen Ausländer-Dienstes KAAD, teilnahmen. Zusammen mit Catalina Carda Planas vom Institut für Weltkirche und Mission, die wegen Terminschwierigkeiten an der Online-Konferenz nicht teilnehmen konnte und deshalb ihr Statement aufgezeichnet hatte, sprach Kalbarczyk von den Ergebnissen der eingangs erwähnten empirischen Studie, laut der in unterschiedlichen Regionen auch die Ergebnisse unterschiedlich ausfielen. So gebe es in Asien eine höhere Zustimmung für den Priesterzölibat als etwa in Lateinamerika. Deshalb sei ein interkultureller Dialog besonders wichtig.

Bischof Ndi-Okalla sprach von der Kirche als „Familie Gottes“. In jeder großen Familie gebe es Unterschiede und verschiedene Persönlichkeiten. Er bevorzuge, von Verantwortung und nicht von Macht in der Kirche zu sprechen. Im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauch sprach er auch von der „persönlichen Sünde“ – und ließ sich vom Einwurf der Moderatorin („aber die systemischen Ursachen ...“) nicht beirren, die hier offensichtlich ein Abweichen von der Sprachregelung des Synodalen Weges sah. Vielleicht werde auf dem Synodalen Weg nicht zu „Gesamtlösungen“ kommen, so der Bischof aus Kamerun weiter. Für Afrika seien jedenfalls Gerechtigkeit, Friede und Versöhnung wichtig, weshalb eine starke Beteiligung aller Christen in synodalen Prozessen von besonderer Bedeutung sei. Auf den Seitenhieb auf den Synodalen Weg und dessen Verbandskatholizismus reagierte diesmal die Moderatorin nicht. DT/jga

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