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Nivellierung des Weihepriestertums

Synodalforum II „Priesterliche Existenz heute“ - Grundtext in zweite Lesung auf der Synodalversammlung vom 8. bis 10. September 2022.
Sakramentale Notwendigkeit des Priesteramtes steht in Frage
Foto: imago stock&people (imago stock&people)

Die Laieninitiative "Neuer Anfang" hat, wie sie auf ihrer Webseite mitteilt, als katholische Initiative beschlossen, Licht ins Dunkel der zahllosen Grundsatz- und Handlungstexte zu bringen. Nicht jeder, so die Initiative, habe die Zeit, geschweige denn die fachliche Expertise, um sich durch das Material zu arbeiten. Deswegen habe man Vorarbeit geleistet für alle Interessierten. Sowohl für den Orientierungstext als auch für alle vier Foren des Synodalen Weges liegen jeweils eine Zusammenstellung der wichtigsten Themen und Zitate vor.

Die Initiative hat diese Texte auch gleich in mehrere Sprachen übersetzt. (Englisch, Spanisch und Italienisch.)

Texte sprechen für sich

"Wir lassen die Texte für sich selbst sprechen", betont die Initiative auf ihrer Webseite,  das bringe mehr Klarheit und Transparenz als die medialen Interpretationen, die zahlreich kursieren und verbreitet würden. Ferner werden die Texte knapp eingeordnet. Dies sei auf dem Hintergrund der heute gültigen Lehre der Kirche geschehen.

"Lesen Sie einfach selbst nach, was auf dem deutschen Synodalen Weg wirklich beschlossen wird!", ruft die Initiative auf. Die Tagespost dokumentiert die fünf Dokumente sowohl online als auch in einer Beilage zur Printausgabe am 10. November 2022 in voller Länge. Hier im Portal sind die Dokumente mit Links zum Neuen Anfang und mit Links zu dem Originaldokumenten des "Synodalen Weges" versehen. 

 


Synodale Zitate
Foto: Neuer Anfang | Die Laieninitiative "Neuer Anfang" hat die Synodaltexte ausgewertet und aussagekräftige Zitate ausgewählt.

Handlungstext „Enttabuisierung und Normalisierung – Voten zur Situation nicht-heterosexueller Priester“ 

(Beschlossene Fassung vom 10. September 2022)

Handlungstext „Der Zölibat der Priester – Bestärkung und Öffnung“ 

(Zweite Lesung auf der Synodalversammlung vom 8. bis 10. September 2022)

Die verabschiedeten Texte des Forums sind unklar, oft unverständlich und zum Teil sogar widersprüchlich. Einerseits finden sich durchaus traditionelle Formulierungen zum Priestertum sowie, meist später nach Einsprüchen eingefügte Anmerkungen, Zitate von Päpsten und Konzilien. Andererseits findet, wer die Situation der deutschen Theologie kennt, in den Texten die liberale Agenda zur Abschaffung des Weihepriestertums wieder. Im Unterschied zum Konzil will die große Mehrheit der Teilnehmer den Bruch und eine protestantische Auffassung vom Priesteramt herbeiführen. 

(Grundtext, Nr. 1.): „Fragen zum Thema priesterliche Existenz sind bereits seit 50 Jahren gestellt und nicht zufriedenstellend beantwortet. In diesem Zusammenhang wird das priesterliche Amt in der Fülle seiner Dimensionen hinterfragt.“ 

(Grundtext, Nr. 1.): „Ein Priesteramt, das theoretisch nur heterosexuellen Männern vorbehalten sein soll, erscheint fragwürdig und mit der gelebten Praxis nicht vereinbar. 

Der Zulassungsausschluss von Frauen vom Priesteramt sorgt für Unverständnis und dessen Überprüfung wird deutlich eingefordert. 
Die Begründung für den Zölibat als verpflichtende priesterliche Lebensform ist weitgehend nicht mehr akzeptiert. 
Die Besprechbarkeit von Homosexualität auch bei Priestern wird explizit eingefordert.“ 

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Die Lebenswirklichkeit der Menschen gilt laut Text als theologische Erkenntnisquelle: Demzufolge ist eine Glaubensaussage oder theologische Auskunft überholt, wenn sie nicht mehr verstanden oder geteilt wird: Wahr ist nur, was vermittelbar ist beziehungsweise was rezipiert wird. In der Kommunikation nach außen und auch nach Rom zeigt man jedoch ein anderes Gesicht. Die Wortführer unter den deutschen Bischöfen beschwichtigen: Man nehme niemandem etwas weg; man ändere die Lehre ja gar nicht; man akzentuiere sie nur und entwickle sie fort. 

Die Originaltexte sprechen eine andere Sprache: Erstens wird die Agenda in den sogenannten Handlungstexten ausbuchstabiert. Zweitens werden die traditionellen Begriffe uneindeutig benutzt und ständig relativiert. Zwei Beispiele: 

„Sakramentalität“ könnte man an einigen Stellen im Sinne der klassischen Definition des Zeichens verstehen, das bewirkt, was es bedeutet. Das wird aber nie gesagt und kann an allen Stellen auch nur analoger Gebrauch sein: „sakramental“ nur im Sinne einer symbolischen Darstellung, die die Gläubigen etwas „erfahren“ lässt, ihnen etwas „deutlich macht“ oder die verschwinden kann: 

(Handlungstext Zölibat, a): „Ein Ja zum sakramentalen Priestertum, das für unsere katholische Kirche ebenso konstitutiv ist wie das gemeinsame Priestertum aller Getauften, in dessen Dienst das sakramentale Priestertum steht. Ein Ja dazu, dass Menschen Priester erleben können, die ihnen an den Knotenpunkten menschlicher Existenz und in ihren Höhen und Tiefen Heil zusagen und es erfahrbar machen. Ein Ja dazu, dass der priesterliche Dienst auf vielfältige Weise die bleibende Gegenwart und Wirksamkeit Jesu Christi mitten in der Welt erlebbar sein lässt.“ 

(Grundtext, Nr. 5.4): „Es besteht jedoch die Gefahr, dass die zölibatäre Lebensform in ein Abseits führt, wenn die Zeichenhaftigkeit von großen Teilen des Volkes Gottes nicht mehr mitgetragen wird. Zudem steht die Sakramentalität auf dem Spiel, wenn der Zölibat weder geistlich verstanden noch konkret und glaubwürdig gelebt wird und in einem von der Kirchenleitung geduldeten Doppelleben stillschweigend und kollektiv ausgehöhlt wird.“ 

Die Art und Weise, wie ein Laie Christus repräsentiert, wird kaum von der „Christusrepräsentanz“ des Priesters unterschieden. Einerseits wird letztere als Symbolisierung der Gnade und des Heils verstanden, die uns „extra nos“ unverdient von Gott her zukommen, andererseits wird das sofort wieder relativiert:

(Grundtext, Nr. 4.): „Der ordinierte Amtsträger hält nach katholischer Tradition in der Kirche konstitutiv das wesentliche Gegenüber des göttlichen Zuspruchs und Anspruchs in der Gemeinde gegenwärtig.“ 

(Grundtext, 5.2): „Jede und jeder Getaufte repräsentiert Christus, den einzigen ‚Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks‘ (Hebr 5,10), der seine Kirche zu einem Reich von „Priestern vor Gott, seinem Vater“ gemacht hat (Offb 1,6). 

[...] Davon zu unterscheiden ist die Christusrepräsentanz des Priesters in der Spendung der ihm vorbehaltenen Sakramente, besonders der Eucharistiefeier. In lehramtlichen Texten wird deutlich, dass die ‚repraesentatio Christi‘ durch den Priester sich nicht allein auf die sakramentale Feier oder den Eucharistievorsitz beschränkt, sondern die gesamte priesterliche Existenz betrifft. Dadurch wird die Frage eröffnet, wie sich die Christusrepräsentanz des Priesters außerhalb der Eucharistiefeier zur Christusrepräsentanz, die allen Gläubigen gleichermaßen zukommt, verhält. 
Das priesterliche Dasein unterscheidet sich außerhalb seiner sakramentalen Handlungen nicht von dem aller Gläubigen. Dass die ‚sakramentale Repraesentatio’ des Priesters sein ganzes Leben formt, bedeutet nicht, dass er sich im Alltag unterscheidet.“ 

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Die besondere Teilhabe des Weihepriestertums am Priestertum Christi und die Gleichgestaltung als „imago Christi“ für die Darbringung des Opfers Christi „in persona Christi“, die Nachlassung der Sünden und seine Aufgabe, das priesterliche Amt öffentlich vor den Menschen in Christi Namen zu verwalten, wird zwar mit einem Zitat aus „Presbyterorum Ordinis“ (PO) in Fußnote 30 anerkannt. Aber die Begründung des priesterlichen Lebensopfers, mit der Verpflichtung zum Zölibat die Lebensform Jesus auf sich zu nehmen, wird nicht gesehen. 

Die mit dem Hirtenauftrag Jesu verbundene pastorale Liebe („Pastores dabo vobis“) kommt nirgendwo vor. Auch der Unterschied, dem Wesen nicht nur dem Grade nach zwischen besonderem und allgemeinem Priestertum wird nach „Lumen Gentium“ (LG 10) verkürzt zitiert. Aber die Redeweise wird als ontologischer, heute unverständlicher Aristotelismus abgetan; und die dort zum Ausdruck kommende spezifische Differenz des Priesters, kraft seiner heiligen Gewalt, die drei „munera Christi“ auszuüben, wird horizontal reduziert und dann vertauscht, wie folgt: 

(Grundtext Nr.  5.3): „... der wesentliche Unterschied besteht im sakramentalen Dienst an der Einheit der Gemeinschaft und Gemeinde. Der beschriebene Einheitsdienst wird durch den Priester auch in seinem Dienst der Leitung verwirklicht. […] Leitungsdienst ist ein weiter und offener Begriff. Leitung ist im Wesentlichen die Ermöglichung der Partizipation vieler an den vielfältigen Aufgaben der Kirche. Leitung geht auf die Suche nach den Geistesgaben, und sie ermöglicht deren Verwirklichung im Dienst an der Einheit der Kirche.

[…] Priesterliche Leitung […] ist vielmehr theologisch als Lehramt zu verstehen. Das Evangelium zu verkünden ist die vorrangige Aufgabe des Leitungsdienstes.“ 

 

 

Die Notwendigkeit der Weihe zum Priester wird nicht begründet mit dem „extra nos“ der aus Inkarnation, Kreuz und Auferstehung Christi den Christen zugewendeten Gnade, die sich niemand einfach nehmen und die auch niemand herstellen kann, weil nur ein Sakrament zur Verwaltung der Sakramente Christi befähigt. Vielmehr wird der Wesensunterschied, den die Weihe begründet, angesichts des verbreiteten Zweifels, nur anti-donatistisch erklärt: 

(Grundtext, 4): „Die sakramentale Notwendigkeit des Priesteramtes steht in Frage. Auch in Pfarreien ist der spezifische Dienst des Priesters nicht mehr plausibel. Denn viele Gemeinden suchen und finden angesichts des bereits bestehenden Mangels und des absehbaren eklatanten Rückgangs an ordinierten Amtsträgern ganz pragmatisch Formen, kirchliches Leben auch ohne Priester zu gestalten.“ 

(Grundtext, Fußnote 41): „Wenn der Herr in der Kirche durch die Sakramente Gnade und Heil bewirkt, dann muss die Wirkmöglichkeit des sakramental-priesterlichen Dienstes unabhängig von der moralischen Disposition des Amtsträgers gegeben sein. Das aber vermochte man nur in ontologischen Kategorien auszudrücken.“ 

Die Tendenz des Gesamttextes ist klar: Die spezifische Differenz des Weihepriestertums soll nivelliert werden. Es wird aber auch keine christologische oder berufungstheologische beziehungsweise ekklesiologische Begründung für das Priesteramt und den Zölibat gesucht. So fehlt die Einsicht, dass die Apostel zuerst berufen und beauftragt wurden, bevor irgendjemand getauft wurde; dass sie ihrerseits durch Handauflegung Männer bestellt haben, das Herrenmahl zu feiern sowie andere Sakramente zu spenden und den Gemeinden vorzustehen. Daher kommt man zu dem Schluss: 

(Grundtext, Nr. 1.): „Das biblische Zeugnis ist im thematischen Zusammenhang eindeutig. Im strengen und eigentlichen Sinn gibt es nur einen (Hohe-)Priester, nämlich Jesus Christus. Und es ist die Rede vom priesterlichen Volk, dem die Erlösung zuteilgeworden ist (vgl. 1 Petr 2,9).“ 

Außerdem stehen die Texte in engem Zusammenhang mit den anderen Synodalforen unter Berufung auf die moderne Exegese und in unkritischer Übernahme der hypothetischen Aussagen und Forschungsanregungen einer Missbrauchsstudie (MHG-Studie). Es wird behauptet: Die überholte Theologie des Priestertums, Klerikalismus, Pflichtzölibat sowie die Weigerung Frauen und Homosexuelle zu Priestern zu weihen, hätten den sexuellen Missbrauch begünstigt. Wer die Änderung der Sexualmoral im Katechismus der Kirche, die Forum IV fordert, das heißt die Legitimität nicht¬ ¬heterosexuellen genitalen Sexes aller möglichen Geschlechter miteinander, nicht für gut hält, der „diskriminiert“; und: 

(Handlungstext „Enttabuisierung“, Nr. 3.): „Wer diskriminierende Haltungen zeigt, kann keine Verantwortungs- und Leitungspositionen innehaben. Um die Sensibilisierung zu unterstützen, arbeitet die katholische Kirche in Deutschland mit kirchlichen, staatlichen und zivilgesellschaftlichen Antidiskriminierungsstellen zusammen.“ 

Laut angenommenem Änderungsantrag der letzten Synodalversammlung, ist dies „entschieden zu wenig“. Deshalb soll es zusätzlich heißen:
(Handlungstext „Enttabuisierung“, Nr. 3): „Diskriminierendes Verhalten ist grundsätzlich zu verurteilen und gegebenenfalls auch zu ahnden.“ 

Link zum Grundtext „Priesterliche Existenz“:

https://www.synodalerweg.de/fileadmin/Synodalerweg/Dokumente_Reden_Beitraege/SV-IV/SV-IV-Synodalforum-II-Grundtext-Lesung2.pdf

Link zum Handlungstext „Enttabuisierung und Normalisierung – Voten zur Situation nicht-heterosexueller Priester“:

https://www.synodalerweg.de/fileadmin/Synodalerweg/Dokumente_Reden_Beitraege/SV-IV/T2NEU_SV-IV_6_Synodalforum_II-HandlungstextEnttabuisierungUndNormalisierung-Voten-zur-Situation_ni.pdf

Link zum Handlungstext „Der Zölibat der Priester – Bestärkung und Öffnung“:

https://www.synodalerweg.de/fileadmin/Synodalerweg/Dokumente_Reden_Beitraege/SV-IV/SV-IV_Synodalforum-II-Handlungstext.DerZoelibatDerPriester-Lesung2.pdf

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