Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Fünfte Synodalversammlung

Hexenkessel der eiligen Reformen

Notlagen der Menschen werden ausgenutzt, um eigene kirchliche Regeln zu etablieren. Dorothea Schmidt stellt fest: Die Kirche demontiert sich selbst.
Katholische Kirche Deutschland dreht sich seit drei Jahren um sich selbst.
Foto: Maximilian von Lachner (Synodaler Weg / Maximilian von L) | Die katholische Kirche Deutschland dreht sich seit drei Jahren um sich selbst.

Fazit des Tages: Der Selbstdemontageprozess der katholischen Kirche in Deutschland schreitet voran. Nicht nur die Fassade bröckelt, ihre Grundfesten werden ausgehoben und auf der Basis von Mehrheiten wird in rasantem Tempo immer deutlicher eine deutsch-nationale Parlamentskirche errichtet — eine „Kirche der Beliebigkeit“, wie der Passauer Bischof Stefan Oster an diesem Freitag in Frankfurt richtig feststellte. Und man kann davon ausgehen, dass der Kirchenumbau so lange weitergehen wird, bis die katholische Kirche in Deutschland in weiteren parlamentarischen Prozessen völlig umgekrempelt ist. Ein Tweet des BDKJ-Bundesvorsitzenden Gregor Podschun weist in diese Richtung: Nachdem die Synodalversammlung gleichgeschlechtliche Segensfeiern verkirchlicht hat — geheiligt sind sie nicht —, verriet er, dass diese Veränderung offenbar nur die Grundlage für weitere Entwicklungen bildet: Das sei „der größte Kompromiss:“ gewesen: „Wir wollen Ehe für alle!“ Immerhin ist er ehrlich. 

Rom soll unerlaubte Praxis erlauben

Die Kirche war nie eine Kirche der Mehrheiten. Was Mehrheiten wollen und tun, ist auch nicht automatisch ein Wink des Heiligen Geistes, wie heute ein Geistlicher behauptete. Manchmal liegen Mehrheiten auch falsch. Zum Beispiel, wenn der Synodale Weg nach Gutdünken seine eigenen demokratischen Spielregeln konterkariert und — wie heute wieder — das Recht auf geheime Abstimmung aushebelt. Jetzt soll nur noch Rom abnicken, was in vielen Bistümern ohnehin bereits unerlaubte Praxis ist, wie die Sakramentenspendung und die Predigt durch Laien. Es wäre doch verlogen, für etwas um Erlaubnis zu bitten, was man eh schon tue, hieß es.

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Man blickte in viele fröhlich lächelnde Gesichter, nur die letzten romtreuen Bischöfe haben scheinbar kapituliert. Als letzte Bastion der katholischen Kirche zeigten sie dennoch Flagge und erhoben ihre (resigniert klingenden) Stimmen. Unter anderem wiesen sie darauf hin, dass die Kirche keine neue Doktrin und keine Zerrissenheit wie in der Anglikanischen Kirche brauche (Bischof Gregor Hanke), sondern eine neue Pastoral, also „andere Wege der Anerkennung und Wertschätzung“ (Bischof Rudolf Voderholzer) — womit sie Recht haben. Aber ihr abweichende Meinung sollte bald wieder bestraft werden: Alle, die gegen Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare gestimmt haben, sollten sich für ihre Entscheidung rechtfertigen — als säßen sie dafür im Gerichtssaal. Muss man sich jetzt erklären, warum man Jesus folgt? Das ist moderne Christenverfolgung — in Deutschland sagt man dazu Synodalität. 

Synodale unter Zeitdruck

Man konstruiert Notlagen und Opfer, um daraus neue Regeln für die deutsche Kirche abzuleiten. Dabei wurde wieder einmal nicht gescheut, die Synodalen unter (zeitlichen) Druck zu setzen. Schluss mit den Debatten und zuviel „Gelaber“, wie Dominikanerpater Simon Hacker es formulierte, entscheidet hier und jetzt, tönte es immer wieder wie ein regelmäßiger Hammerschlag der Ungeduld und mit besonderem Blick auf die „lieben Bischöfe“, die bitte im Sinne der Forderungen votieren sollten.

Und damit nicht genug: Bevor das Papier „Gemeinsam beraten und entscheiden“ an der nötigen Mehrheit möglicherweise scheitern konnte — die Fetzen begannen schon zu fliegen — verfrachtete die Synodalversammlung den Text schließlich in den Synodalen Ausschuss— ungeachtet dessen, dass Rom diesem Papier längst die rote Karte gezeigt hat und man es eigentlich im Papierkorb hätte verschwinden lassen müssen. 

Von Umkehr zu sprechen, ist eine Farce

Ich war froh, nicht vor Ort zu sein, in diesem Hexenkessel der eiligen selbstreferentialistischen Reformen, wo sich jeder nur die Zunge verbrennen kann — mindestens —, der auch nur andeutend darauf hinweist, dass nicht wir Rom den Weg der Kirche diktieren, sondern umgekehrt. Damals hat sich auch nicht Jesus verändert, sondern Prostituierte und gierige Steuereintreiber. Der Synodale Weg stellt diese Realität auf den Kopf. 

Auch die Messtexte wurden heute (in Anwesenheit des Nuntius) umgedichtet. Bewusst? Oder als Provokation? Oder um anzudeuten, wohin sich das marode, um sich kreisende Kirchenschiff noch hinzubewegen gedenkt? Hier von einem „Weg der Umkehr und Erneuerung“ zu sprechen, wie in einem EinHalt, ist eine Farce. Man kann höchstens von einer Abkehr von der christlichen Lehre und Anthropologie und Hinwendung zur LGBTQ- Ideologie sprechen.

Viele Bischöfe schwiegen heute zunächst. Ich verstehe sie. Zu viel Druck und zu vielen Angriffen waren sie ausgesetzt in den letzten Jahren. Sie sprachen, Gehör hat man ihnen doch nicht geschenkt. Alle Beteuerungen, man wolle alle Stimmen hören und berücksichtigen, sind bloß ein Alibi. Diese Synodalversammlung ist einfach bedrückend. Mich schaudert. Maria Boxberg sagte beim Einhalt: „Drehen sie sich um die eigene Achse.“ Nichts anderes tut die katholische Kirche seit drei Jahren. Glücklicherweise kann ich auch mal die Pausetaste drücken. 

Lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost umfassende Berichte, Hintergründe und Meinungen zur fünften Vollversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt.

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