Wir sind in Feierlaune und beschließen, diese in der guten alten Trattoria „Tre Pupazzi“ auszuleben. Die nach „drei Puppen“ benannte Lokalität gab es schon im alten Borgo, als dieser noch ziemlich „links“ und kommunistisch bevölkert war und die Namen „Igor“ und „Ivan“ über die kleine „Piazza delle vaschette“ klangen, wenn die Mütter abends ihre Kinder an den Esstisch riefen. Inzwischen sind im Borgo die alten Einheimischen noblen Residenzen, Airbnbs und Pensionen für Kurzurlauber gewichen – wie auch so manches alteingesessene Restaurant den Souvenir-Shops und üblichen Burger-Buden für die Touristen Platz machen musste. Die alte Prägung eines typisch römischen Viertels hat der kleine Borgo zwischen Engelsburg und Vatikan lange schon verloren.
Der römische Kollege stammt selbst aus den Abruzzen, wo auch die Familie ihre Wurzeln hat, die seit Jahrzehnten das „Tre Pupazzi“ führt, in dem sich der Borgo-Flair noch erhalten hat. Wir bestellen ein Antipasto mit Salami und Käse auf dem Holzbrett für zwei Personen und ordern Wasser und Weißwein dazu. Der Sohn des alten Wirts, inzwischen selbst schon ein gestandener Herr, hat vor Jahren eine Portugiesin geheiratet und neben der abruzzesischen Küche auch die portugiesische in seinem Restaurant eingeführt.
Wenden wir uns Höherem zu
Wir bleiben aber bei der römischen Speisekarte und sind erleichtert über die Nachricht von einem möglichen Schweigen der Waffen im Gaza-Streifen und der Freilassung der israelischen Geiseln. Die Bilder von fliehenden Menschen zwischen zerschossenen Gebäuden hatten sich wie ein düsterer Schleier auf die letzten Tage gelegt. Dazu das Geschrei von einigen Trotteln in der italienischen Opposition, die das Ganze für ihre politischen Ziele vereinnahmen wollten und denen es dann die Sprache verschlug, als ausgerechnet ihr Hassobjekt Nummer eins, der amerikanische Präsident Donald Trump, den Friedensdeal eingefädelt hat.
Wir verlassen die Niederungen der italienischen Politik und wenden uns Höherem zu: dem neuen Papst. Anfang Oktober hat Leo vor Kolumbus-Rittern gesprochen und den amerikanischen Spendensammlern für ihre „beharrliche Ergebenheit gegenüber dem Stellvertreter Christi“ gedankt. Der Kollege erinnert sich noch, wie Papst Franziskus 2020 die Bezeichnung „Vicario di Gesù Cristi“ im Päpstlichen „Annuario“ unter die „historischen Titel“ einordnen ließ und sich in diesem Jahrbuch vor allem als „Bischof von Rom“ präsentiert sehen wollte. Vatikansprecher Matteo Bruni musste damals klarstellen, dass der Ausdruck „historische Titel“ „die Verbindung zur Geschichte des Papsttums“ bezeichnen soll.
Etwas gedrechselt formulierte Bruni weiter, dass der Titel „Vicarius Christi“ historisch mit dem Titel des Bischofs von Rom verknüpft sei und ein Papst „in dem Moment, in dem der Gewählte vom Konklave zum Oberhaupt der Kirche von Rom ernannt wird, mit der Ernennung zugleich die damit verbundenen Titel erwirbt“. Als zweiten Gang lassen wir ein „Filetto di manzo al pepe verde“ kommen und der Kollege ergänzt, dass Papst Franziskus bei aller Abneigung gegen jedes Brimborium die päpstlichen Titel gar nicht abschaffen konnte, schon gar nicht mit einer Änderung im Päpstlichen Jahrbuch, denn dieser Titel sei in der Konstitution „Lumen gentium“ des Zweiten Vatikanums dogmatisch definiert: Die Bischöfe leiten die Kirche „mit dem Nachfolger Petri, dem Stellvertreter Christi und sichtbaren Haupt der ganzen Kirche“, heißt es dort in Nummer 18. Noch Fragen? Dem haben wir nichts hinzuzufügen und geben dem Ristorante „Tre Pupazzi“ beim Amaro, der bei den „drei Puppen“ nach abruzzesischen Kräutern schmeckt, auf der aufsteigenden 10-Punkte-Skala volle zehn Punkte.
Das Ristorante „Tre Pupazzi“ liegt im Borgo Pio, Hausnummer 183.
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