Seit Freitagmittag ist es offiziell: Papst Leo XIV. hat Josef Grünwidl zum Erzbischof von Wien ernannt. Der gebürtige Niederösterreicher, der die Erzdiözese Wien seit neun Monaten als Apostolischer Administrator leitet, wird damit der Nachfolger von Kardinal Christoph Schönborn auf der traditionsreichen Wiener Kathedra. Der 62-Jährige war nicht nur der Favorit Schönborns, sondern auch des Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, der sich öffentlich für Grünwidl als Erzbischof aussprach. Doch der Administrator selbst hatte zunächst mehrfach – gegenüber dem Nuntius wie in Interviews – abgewunken.
In einer ersten Erklärung, die die Erzdiözese Wien am Freitagmittag verbreitete, sagte der designierte Erzbischof, dass die Ernennung eines neuen Bischofs so lange gedauert hat, habe auch ein bisschen mit ihm zu tun. „Ich habe nach einigem Zögern jetzt aus ganzem Herzen ‚Ja‘ zu dieser Aufgabe gesagt." Dazu habe ihm eine Erkenntnis geholfen, „die in den letzten Monaten in mir gereift und stärker geworden ist: Gott braucht mich nicht perfekt, sondern er will mich verfügbar. Im Vertrauen auf so viele, die mich im Gebet unterstützen und im Vertrauen auf Gottes Hilfe, der mich stützen und führen und stärken wird, nehme ich gerne diese Aufgabe an." Er freue sich darauf und „auf die Begegnung mit vielen Menschen – die schon zu uns in der Kirche gehören oder auf der Suche sind –, denen ich vielleicht eine Hilfe sein kann für ihren Lebensweg“.
Bereits am Mittwochabend sickerte – wie in Österreich üblich – aus Regierungskreisen durch, dass die Ernennung Josef Grünwidls zum Wiener Erzbischof unmittelbar bevorstehe. Am Freitagmittag bestätigte nun das vatikanische Bollettino die Ernennung.
Seit der Emeritierung von Kardinal Christoph Schönborn am 22. Januar 2025, seinem 80. Geburtstag, war die Erzdiözese Wien vakant. Schönborns vormaliger Sekretär Josef Grünwidl übernahm als Apostolischer Administrator die Leitung. In den Medien jedoch war Kardinal Schönborn, der die Erzdiözese Wien drei Jahrzehnte lang geleitet hatte, trotz reduziertem Terminkalender noch immer stark präsent. Schönborn selbst zeigte sich in einer ersten Stellungnahme glücklich über die Ernennung Grünwidls zu seinem Nachfolger: „Für mich ist heute ein tiefbewegender und freudiger Tag. Was gibt es für mich Schöneres, als unsere Erzdiözese in guten Händen zu wissen!" Besonders bewege ihn die spürbare Freude in der ganzen Diözese über Grünwidls Ernennung. „In den östlichen Kirchen rufen die Gläubigen bei einer Weihe: ‚Axios! Er ist würdig.‘ Mir scheint, dass man das schon seit vielen Wochen und Monaten in der Kirche auch über Josef Grünwidl sagt. Wie schön, dass Papst Leo das nun bekräftigt hat.“
Musik als Hobby, Priester aus Berufung
Der neue Erzbischof Grünwidl kam am 31. Januar 1963 im niederösterreichischen Hollabrunn zur Welt, wo er 1981 am erzbischöflichen Aufbaugymnasium maturierte. In Wien studierte er ab 1981 Theologie sowie Orgel als Konzertfach. Seine finale Entscheidung für die geistliche Laufbahn fiel während eines Studienjahres in Würzburg: „Musik bleibt mein Hobby, Priester wird mein Beruf.“
1988 wurde er von Kardinal Franz König in Wien zum Priester geweiht. Anschließend war Grünwidl als Kaplan in Wien und Wiener Neustadt tätig, war Diözesanjugendseelsorger und von 1995 bis 1998 Sekretär des damals neuen Wiener Erzbischofs Christoph Schönborn. Später wirkte er als Pfarrer und Dechant in unterschiedlichen Gemeinden Niederösterreichs, etwa in Kirchberg am Wechsel und in Perchtoldsdorf. 2023 bestellte ihn Kardinal Schönborn zum Bischofsvikar für das südöstliche Niederösterreich.
Die Erzdiözese Wien umfasst nicht nur die Bundeshauptstadt Wien, sondern auch die östliche Hälfte Niederösterreichs. Mit Blick auf die Katholikenzahl ist sie die größte Diözese Österreichs mit 1,04 Millionen Katholiken. In ihren rund 600 Pfarreien sind insgesamt 807 Priester tätig. DT/sba
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