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Das vierte Türchen

Wenn der Ort der Gefangenschaft zum Ort der inneren Befreiung wird: Barbara ist die Heilige des 4. Dezember.
Barbara-Ikone
Foto: DT / IMAGO / Heritage

Liebe Leserinnen und Leser,

vielleicht haben auch Sie als Kinder am 4. Dezember Barbarazweige gepflückt? So ganz war mir damals nicht bewusst, was diese Heilige mit dem Advent zu tun hat – außer natürlich, dass die Barbarazweige an Weihnachten blühten. Vielleicht wird auch Ihnen mit der heutigen Bildinterpretation der adventliche Gehalt dieser Heiligen etwas deutlicher.

Ein schönes Fest Sankt Barbara und: Vergessen Sie nicht, die Barbarazweige unten schräg anzuschneiden und zunächst einige Stunden ins warme Wasser zu legen!

Ihre Franziska Harter
Chefredakteurin


MIT DER BIBEL DURCH DEN ADVENT

Tageslesung:
Jes 26,1-6

Ich trau’s dir zu!

Gott selbst, der Allmächtige, baut auf mich  Von Pater Hubert Gerauer

Im Advent gibt es viele wunderbare Kirchenlieder, zum Beispiel „Maria durch ein Dornwald ging“. Mein erstes, großes öffentlich vorzutragendes Lied hingegen fiel auf die Osternacht 2019. Gleich zu Beginn der Liturgie traf auf mich – als neu geweihten Diakon – die gewaltige Aufgabe, in der dunklen Kirche vor aller Augen und Ohren, das große und acht Minuten lange Osterlob, das „Exultet“, zu singen. Sie müssen wissen, ich bin kein begnadeter Sänger. Aber ich hatte viel geübt für diese Nacht. Trotzdem schlotterten meine Knie beim Gedanken daran, einen geraden Ton herauszubringen. Aber eines gab mir Sicherheit. Mein Mitbruder aus dem Vor-Oratorium, Pater Ralph, seines Zeichens früherer Opernsänger, bemerkte meine Nervosität in der Sakristei vor Beginn. Daraufhin sagte er mir kurz: „Trau’s dir zu! Im Theater könnten sie dich rauswerfen, in der Kirche nicht!“ Diese Mischung aus Vertrauensvorschuss und Humor zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht. So konnte ich dann das „Exultet“ im Rahmen meiner Möglichkeiten gut singen. Ich war froh und erleichtert. 

Hier auch zum Anhören:

Audio

„Ich trau‘s Dir zu!“ Das ist auch die adventliche Botschaft des Propheten Jesaja. Nur ist es da kein Mensch, der Vertrauen in mich setzt. Nein, es ist Gott selbst, der sagt: „Denn auf dich verlässt Er (Gott) sich“ (Jes 26,3). Mit anderen Worten: Ich trau’s dir zu! Ich finde dieses Wort unheimlich trostvoll und passend für den Advent. Gott selbst, der Allmächtige, baut auf mich, er wagt es mit mir, er traut’s mir zu! Gleichwohl darf auch Maria eine Ermutigung erfahren durch die ähnliche Anrede des Engels Gabriel: „Du hast bei Gott Gnade gefunden“ (Lk 1,30). Solch eine Vertrauensaussage hilft dem Adressaten, selbst auf Gott zu vertrauen. Gott kann sogar mich armseliges Wesen für den Aufbau seines Reiches gebrauchen. Das ist wirklich spektakulär! Dann kann ich nur noch staunend stammeln: „Wo ist ein Gott, so groß wie unser Gott?“

Der Autor  gehört zum Vor-Oratorium St. Josef in Ingolstadt.


WEIHNACHTEN IM BILD

Barbara-Ikone
Foto: IMAGO / Heritage | Barbara-Ikone

Die Heilige mit dem Turm

Barbara als Adventsbotschafterin und Patronin der Bergleute  Von Henry C. Brinker

Die Tafel zeigt ein klassisches spätgotisches Bildnis der heiligen Barbara, einer der populärsten Nothelferinnen und Patronin der Sterbenden, der Architekten und der Turmbauer.

Aber auch die Artilleristen beim Militär suchen den Beistand der Turmheiligen. Ihre Ikonographie ist eindeutig: die junge Frau mit feinem Antlitz, hellem Haar und kostbarem Gewand hält einen Turm – ihr Hauptattribut, das an ihre Legende erinnert. Barbara wurde der Überlieferung nach von ihrem heidnischen Vater in einen Turm eingeschlossen, um sie vor der christlichen Lehre fernzuhalten. Doch gerade dort öffnete sich ihr das Evangelium. Der Turm im Bild, mit seinen übereinanderliegenden Geschossen und der geöffneten Pforte, verweist auf dieses paradoxale Moment: Der Ort der Gefangenschaft wird zum Ort der inneren Befreiung.

Himmlische Braut und „virgo fortis“

Die Goldgründe mit ihren ornamentalen Arabesken verweisen Barbara im Raum des Heiligen. Gold bedeutet theologisch nicht Reichtum, sondern das Licht Gottes. Die zarte Handgeste der Heiligen, eine Mischung aus segnender und abwehrender Bewegung, steht für geistige Sammlung und Schutz. Ihr ruhiges, beinahe melancholisches Gesicht mit Zügen der Ergebenheit verweist auf das Martyrium, das ihr bevorsteht: Die Annahme des Leidens aus Liebe zu Christus.

Die Krone, die ihren Nimbus überlagert, deutet sie als himmlische Braut und als „virgo fortis“ und als Märtyrerin. Barbara ist aber auch eine eine Gestalt der Weisheit, deren Glaubenskraft Mauern und Gewalten überwindet. Der Rosenmantel, innen dunkel, außen leuchtend rot, verbindet die Passion Christi (Rot) mit der mystischen Tiefe des Glaubens (Dunkel).

Ikonologisch lässt sich das Bild als Darstellung der triumphierenden Kirche lesen: Die Türme der Burg stehen für den festen Glauben; Barbaras ruhige Präsenz für die durch das Evangelium verwandelte Menschenseele. Theologisch verdichtet das Bild die Botschaft des Advents: Wachsamkeit, innere Sammlung und die Gewissheit, dass Gottes Licht selbst im Gefängnis der Welt aufleuchtet und den Weg zur Freiheit öffnet.


ADVENTLICHE KLÄNGE

Sank Barbara zur Ehr

Ein besonderer Bläserchoral für eine Heilige: Ehrung und Fürsprache in einer musikalischen Form gehören zum Wesen religiösen Brauchtums  Von Henry C. Brinker

Die heilige Barbara ist die Schutzheilige der Bergleute.  Bergmanns-Chöre und Instrumentalformationen aus Bergbauregionen sind feste Bestandteile der Überlieferung aus vorindustrieller Zeit über die stürmische Entwicklung des Industriezeitalters bis heute.

Während im sakralen Raum oft Marien-Hymnen auch am Barbara-Tag gespielt werden, gibt es in der volkstümlichen Tradition der Bergleute zahlreiche Widmungskompositionen. Ihre musikalische Gestalt orientiert sich entsprechend an den Instrumenten und Melodien an den jeweiligen Standorten. Im Ruhrgebiet haben daher Bergmannsorchester und Chöre einen anderen Zuschnitt als die Kapellformationen der Bergleute im Erzgebirge oder im Harz. Einflüsse durch Arbeitsmigration und Brauchtumspflege der Zugewanderten sind immer wieder nachweisbar.

Die heilige Barbara gilt aber ebenso als Patronin der Artilleristen, so heißt es in einem soldatischen Barbaralied:

Was rauscht dort aus der Ferne herbei? 
Was sind das für Kolonnen? 
Das können nur Artilleristen sein, 
die im Schutze St. Barbaras kommen.

Dass die Heilige auch ganz allgemein in hoffnungslosen Situationen angerufen wird, kommt im Barbara-Zweig zum Ausdruck. Er grünt, wenn alles rundherum im Frost erstarrt. In einem bekannten Barbara-Lied heißt es:

Ich brach drei dürre Reiselein
vom harten Haselstrauch
und tat sie in ein Tonkrüglein,
warm war das Wasser auch.
Das war am Tag Sankt Barbara,
da ich die Reislein brach,
und als es nah an Weihnacht war,
da ward das Wunder wach.

Der Komponist Alexander Wörner widmete der heiligen Barbara seine besondere Komposition für Alphornensemble und Flügelhörner. Er hatte dabei die Bergleute seiner Region vor Augen. Vorgetragen wird dieses Stück im Klangbeispiel deshalb von der Alphorngruppe Rotbachtal, im Hintergrund sieht man die Barbaragrotte im Besucherbergwerk Bad Friedrichshall-Kochendorf.  Die zu Herzen gehende Melodie kommt durch die ungewöhnliche Instrumentierung und den akustischen Raum der Grotte besonders wirkungsvoll zum Ausdruck.

Die Autorin ist Feuilletonist der „Tagespost“.


Info:

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