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„Aussagen beim Letzten Gericht nicht vertretbar"

Kardinal Walter Kasper übt scharfe Kritik am Synodalen Weg und redet Bischöfen ins Gewissen. Er spricht über faule Tricks und mahnt an, in der Spur des Evangeliums zu bleiben. Maßstab jeder Reform müsse der Heilige Geist sein.
Kardinal Walter Kasper übt scharfe Kritik am Synodalen Weg
Foto: Stf (ANSA) | Erneuerung sei in der Kirchengeschichte immer dann geschehen, wenn Menschen dem Heiligen Geist Raum gegeben haben, sagte Kardinal Kasper, um "solche prophetischen Gestalten" könne man nur beten.

Im Rahmen des 4. Studientag der Initiative „Neuer Anfang“ am vergangenen Sonntag hat Kardinal Walter Kasper schärfste Kritik am Synodalen Prozess und dessen Vorgehen geübt. Er zog dabei alle Register und ließ keinen Zweifel: Der Synodale Weg hat mit Reformen nichts zu tun, denn Kirchenreform mache „die Kirche nicht sozusagen zu einer Verfügungsmasse, die man situationskonform jeweils neu kneten und gestalten“ könne, so der Kardinal. Maßstab müsse der Heilige Geist sein, erinnerte Kasper mehrfach. Die Ursünde des Synodalen Weges sei, „dass er gleich am Anfang den Brief des Papstes und sein Vorschlag vom Evangelium und vom Grundauftrag der Evangelisierung auszugehen, mehr oder weniger zur Seite gelegt hat, und einen eigenen Weg mit teilweise anderen Kriterien eingeschlagen hat“.

Synodaler Weg scheitert am Evangelium

Der Kardinal ließ kein gutes Haar am Synodalen Weg. Wahrer Reform gehe es nicht darum möglichst zeitgemäß zu sein, Neues auszuprobieren oder gar eine neue Kirche zu erfinden, sondern darum, „möglichst Christus-gemäß zu sein“, so der Kardinal in seinem Vortrag. Christus sei der Maßstab, „das A und O jeder Erneuerung“. Und die Identität der Kirche sei der Welt für alle Zeiten vorgegeben. „Christus ist gestern, heute und in Ewigkeit derselbe“. Das im Hl. Geist heutig ausgelegte Evangelium Jesu Christi müsse der Maßstab sein.

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Aber der Synodale Weg scheitere schon am Evangelium und der Auslegung desselben. „Wenn wir das Evangelium einmütig auslegen wollen, dann genügt nicht eine Einmütigkeit, die wir heute untereinander finden, es bedarf auch einer Einmütigkeit mit dem Glauben früherer Zeiten der Kirche“, erklärte Kasper. Die Kirche dürfe ihrer Geschichte nicht den Rücken zuwenden und meinen, die Kirche von Null auf neu konstruieren zu können. Solche Geschichtsvergessenheit vergleicht der Kardinal mit einer „der schlimmsten Krankheiten, mit denen ein Mensch geschlagen sein kann“, der Demenz. Aber als Kirche dürften wir nicht dement werden und unsere Identität verlieren, mahnte er. Es sei nicht nur völlig verkehrt, menschliche Gesichtspunkte dem Evangelium gleichzustellen; das bedeute auch „eine tektonische Verschiebung in den Grundfesten der Theologie, die dann notwendig zu einem kirchlichen Erdbeben führen muss“.

Ein fauler Trick und der Genickbruch der Kirche

Den Nachfolgern Christi, den Hirten, sprach er dann deutlich ins Gewissen: Das Bischofsamt sei eines der Grundpfeiler der alten Kirche, „der bis heute in Ost und West allen Kirchen des ersten Jahrtausends gemeinsam ist“. Versuche des Synodalen Wegs, eine Art Rätesystem einzuführen, nennt Kasper eine aus dem „Ungeist kommende Idee“ und die Selbstverpflichtung der Bischöfe einen „faulen Trick“. 

Als Bischof „auf seine Aufgaben und Autorität zu verzichten und zu erklären, den Entscheidungen der Synode oder des künftigen Synodalrats zu folgen“, seien faktisch das Ende des Bischofsamtes. „Wer an diesem Pfeiler sägt, der bricht der Kirche das Genick.“ 

Darüber werden wir einmal Rechenschaft abgeben müssen

Letztlich käme eine solche Selbstverpflichtung einem kollektiven Rücktritt der Bischöfe gleich, so der Kardinal. Ein derart synodaler oberster Rat habe in der gesamten Verfassungsgeschichte keinerlei Anhalt. „Er wäre keine Erneuerung, sondern eine unerhörte Neuerung“, mahnte Kasper und wurde dann grundsätzlich: Es genüge nicht, guten Willen zu bezeugen. „Ihn bestreite ich niemandem“, stellte der Kardinal klar. Aber gut gemeint sei oft das Gegenteil von richtig. 

Es gehe um die Wahrheit des Evangeliums, darum, in der Spur des Evangeliums zu bleiben, wie jeder Bischof es bei seiner Bischofsweihe öffentlich versprochen habe. Eindringlich fügt er hinzu: „Darüber werden wir einmal Rechenschaft abgeben müssen.“

Hören und Beten müssen im Fokus stehen

Eine Synode bedeute Unterbrechung. Es gehe ums Hören auf den Geist Gottes und darum, „sich darüber auszutauschen, was der Geist uns heute zu sagen hat. Genauer, was er uns sagt, über Korrekturen die wir vornehmen müssen und über die Richtung, welche wir einschlagen sollen.“ Auf diese Fragen könne es keine ideologisch vorgegebenen Antworten geben, die man durch Mehrheitsabstimmungen durchsetzt.

Vielmehr müssten Hören und Beten im Fokus stehen sowie das gemeinsame Wachsen und Reifen „im aufmerksamen Gespräch“. Christus habe den Gläubigen den Geist der Wahrheit verheißen, „der uns an alles erinnert, was er gesagt und getan hat und der uns in alle Wahrheit einführt“, erinnerte der Kardinal und verwies auf die Offenbarung, die uns „als Vermächtnis für die Zukunft insgesamt sechs Mal“ dazu anhalte, zu hören, was der Geist den Gemeinden sagt“.

Erneuerung durch vom Heiligen Geist gepackte Christen

Erneuerung sei in der Kirchengeschichte immer dann geschehen, wenn Menschen dem Heiligen Geist Raum gegeben haben, also „von einzelnen vom Heiligen Geist gepackten Christen, Männer und Frauen“, und „wir können letztlich nur beten, dass uns solche prophetischen Gestalten immer wieder geschenkt werden“, sagte der Kardinal. 

Er ist davon überzeugt, dass die Kirche erneuert werden wird. Irgendwann. Denn Gott sei treu. Derzeit könne er nur eines festhalten: Er habe nicht über andere zu urteilen. Aber er könne nicht sehen, wie er beim letzten Gericht einzelne schon beschlossene Aussagen des Synodalen Weges als mit dem Evangelium vereinbar vertreten könne. 

 

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