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Teilname am „Marsch für das Leben": Oster weiter unentschlossen

Womöglich lasse sich der Marsch „zu leicht beschädigen, zu leicht inhaltlich kapern", schreibt der Passauer Bischof. Er sei aber offen für Argumente.
Bischofs Oster weiter unentschlossen bei Teilnahme von "Marsch für das Leben"
Foto: imago-images/:xP.xBackx/xFuturexImage | Die Bischöfe stünden „für eine freiheitliche, demokratische Grundordnung, in der die Würde des Menschen und ihr Schutz oberste Richtschnur ist“, so der Passauer Bischof.

Kürzlich hatte sich der Passauer Bischof Stefan Oster unschlüssig gezeigt, ob er in Zukunft am Marsch für das Leben teilnehmen werde. Seine Bedenken hat Oster in einem am Montag veröffentlichten Beitrag auf seiner Internetseite bekräftigt. Er sei sich nicht sicher, „ob es tatsächlich genau diese Form der Präsenz" sei, die den Anliegen des Lebensschutzes „in unserem deutschen Kontext am besten dient“, schreibt er. 

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Womöglich lasse sich der Marsch „zu leicht beschädigen, zu leicht inhaltlich kapern und dann das Interesse auf Nebenthemen lenken, die nicht die unseren sind“. Er sei aber offen für Gegenargumente. Wenn diese ihn überzeugen würden, werde er auch wieder mitgehen, so Oster. Er stehe durchaus hinter dem Lebensschutz, einem „so wichtigen Anliegen für unsere Zeit". So sei er auch „dankbar für jeden und jede, die sich hier engagieren, die mitgehen und die ihr Gesicht zeigen".

Extreme Positionen richten sich gegen freiheitlichen Rechtsstaat

Zudem nennt Oster in seinem Beitrag weitere Gründe, warum die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) eine gemeinsame Erklärung zur AfD veröffentlicht hat: „Wir beobachten besonders in dieser Partei, seit sie auf der politischen Bühne aufgetaucht ist, eine ständig sich steigernde Radikalisierung.“ Er selbst könne bei dieser Partei kein wirkliches Interesse an demokratischer Willens- und Meinungsbildung erkennen, „fundamentale Systemkritik gegen alles, was nach ,die da oben‘ aussieht, dagegen immer stärker“.

Daneben sei aber auch der linke Rand mit Vorsicht zu genießen. Linkspolitische Strömungen würden ebenso zur Polarisierung beitragen. Bisweilen ähnelten sich „der rechte und der linke Rand vor allem im Blick auf Identitätsfragen: Hier das völkisch-identitäre Denken, dort ein wokes Identitätsdenken“, führt der Bischof aus. Gerade hinter der vom linken Rand geforderten Vielfalt verberge sich eine „cancel culture“, „die ihrerseits hoch autoritär nur die eigene Auswahl dessen zulässt, was zu ,Vielfalt' gehören darf und was nicht“.

Beide Extreme zielen auf Umbau der Gesellschaft 

Ob links oder rechts — in beiden Fällen geht es nach Ansicht von Oster „um den Umbau der Gesellschaft von ihren Wurzeln her“, was letztlich auf autoritäre Systeme ziele, „die ihre Positionen mit Macht und Unterdrückung durchsetzen werden – und gegen eine Form eines freiheitlichen Rechtsstaates“. Die Bischöfe stünden „für eine freiheitliche, demokratische Grundordnung, in der die Würde des Menschen und ihr Schutz oberste Richtschnur ist“.

Daher bestehe sein Appell darin, als Christ „eine Partei oder ihre Vertreter“ zu wählen, die „insgesamt unsere Gesellschaft mit Hilfe jener freiheitlich-demokratischen Ordnung konstruktiv weiterbringen wollen", und die „ehrlich eintreten für das Gemeinwohl und die Würde aller Menschen“. Seiner Ansicht nach gebe es „schon noch Auswahlmöglichkeit“, auch wenn „keine einzige Partei“ ideal sei oder in ihrem Programm ganz dem Evangelium oder der gläubigen Überlieferung entspreche.

Christen können Vertrauen auf Gott setzen

Weiter weist Oster darauf hin, dass der Mensch allein kein Paradies auf Erden schaffen könne. Wo es das gegeben habe, „hatte es katastrophale Folgen für viele“. Dagegen gelte es, einen Beitrag zu leisten für ein „Miteinander der Menschlichkeit, … des Friedens, der Solidarität und der Bewahrung der Schöpfung“ sowie zu „einem Ja zu allen Menschen in all ihrer Unterschiedlichkeit“.

Gerade Christen seien dazu in besonderer Weise berufen, weil sie „voller Vertrauen darauf setzen können, dass Christus die Welt schon erlöst hat – und dass wir zu Ihm gehören, was auch kommen mag“, so der Passauer Bischof.  DT/dsc

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