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Kardinal Wetter: Übernehme Verantwortung im Fall H.

Der frühere Erzbischof von München und Freising soll sich in 21 Missbrauchsfällen fehlerhaft verhalten haben.
Kardinal Friedrich Wetter
Foto: Frank Mächler (dpa) | Ausdrücklich entschuldigte sich Wetter, der von 1982 bis 2008 Erzbischof von München und Freising war, für seine „falsche Entscheidung“ in einem prominenten Missbrauchsfall, der im Gutachten mehr als 350 Seiten füllt.

Der emeritierte Münchner Erzbischof, Kardinal Friedrich Wetter, hat eine persönliche Verantwortung für Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche übernommen. Wetter veröffentlichte am Dienstag eine kürzere Erklärung sowie eine ausführliche Stellungnahme zum Münchner Missbrauchsgutachten.

Nicht eingehend mit Folgen von Missbrauchstaten auseinandergesetzt

In seiner Stellungnahme, die er über eine Ordensfrau im Münchner Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern verbreiten ließ, räumte er ein, sich vor dem Jahr 2010 nicht eingehend mit den fatalen und zerstörerischen Folgen von Missbrauchstaten für Kinder und Jugendliche auseinandergesetzt zu haben. Das mache für ihn persönlich sein Verhalten als Amtsträger zwar verständlicher, könne es aber nicht rechtfertigen. Denn hätte er anders entschieden, hätte es nicht zu weiteren Missbräuchen kommen können. Auch im Rückblick verstehe er noch nicht, "wie wenig bzw. nichts über die Missbrauchsvorgänge bekannt war oder mitgeteilt wurde". Kardinal Wetter verbringt seinen Ruhestand im Münchner Mutterhaus der Ordensschwestern.

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In seiner kurzen Erklärung schreibt Wetter, die Tatsache, dass "historisch" betrachtet der Wissensstand vor 40 Jahren zur Therapierbarkeit eines Täters noch optimistischer gewesen sei, dass man die Opfer sowie die betroffenen Familien und Pfarreien zu wenig oder nicht gehört habe und dass man der Kirche nicht habe schaden wollen, seien "Fehler, die nicht mehr begangen werden dürfen. Es tut mir von Herzen leid, was in meiner Amtszeit so nicht erkannt wurde".

Mit dem Wissen von heute hätte er, genauso wie weitere Verantwortungsträger im Erzbistum "sicherlich anders gehandelt". Der Kardinal betonte, in der gesamten Kirche sei eine "Selbstreinigung" im Gang, "die mit einem Schuldbekenntnis beginnt, wie wir das als Gläubige für unsere ,Gedanken, Worte und Werke' in der Eucharistiefeier von Gott und den Menschen erbitten".

Wetter: Pfarrer H. hätte nicht mehr in der Seelsorge eingesetzt werden dürfen

Ausdrücklich entschuldigte sich Wetter, der von 1982 bis 2008 Erzbischof von München und Freising war, für seine „falsche Entscheidung“ in einem prominenten Missbrauchsfall, der im Gutachten mehr als 350 Seiten füllt. Pfarrer H. hätte nicht mehr in der Seelsorge eingesetzt werden dürfen. Es erfülle ihn „mit Scham und Trauer“, zumindest im Fall H. eingestehen zu müssen, „dass ich meiner Verantwortung als Erzbischof von München und Freising zum Schutz der Kinder und Jugendlichen nicht in dem notwendigen Maß gerecht geworden bin“, betonte Wetter. 

Wetter erklärte, er sei mit dem Fall H. nach seiner Erinnerung zum ersten Mal in Berührung gekommen, „als es darum ging, ob er nach seiner Verfehlung noch einmal in der Seelsorge eingesetzt werden könne“. H. war wegen Missbrauchs mehrerer Kinder in Grafing 1986 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Zuvor war Ende 1982, also zu Beginn von Wetters Amtszeit im Erzbistum, beschlossen worden, die zunächst lediglich bis Ende desselben Jahres geplante Begrenzung des Aufenthaltes von H. im Bistum um weitere drei Jahre zu verlängern.

„Die Entscheidung, die ich nach intensiver Beratung in der Ordinariatssitzung getroffen habe, ihn unter strenger Aufsicht nach Garching/Alz zu schicken, war ohne Zweifel objektiv falsch“, schreibt der emeritierte Kardinal. Für seinen „unzureichenden Umgang im Falle H., aber auch mit anderen Anzeigen und Missbrauchsfällen in meiner Amtszeit muss ich deshalb auch persönlich Verantwortung übernehmen und bitte um Entschuldigung“.  DT/sta/KNA

Lesen Sie ausführliche Hintergründe zum Münchner Missbrauchsgutachten in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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