Im südfranzösischen Bistum Fréjus-Toulon wird es Ende Juni keine Priesterweihen geben. Dies ist eine Entscheidung des Vatikans, die am Donnerstag bekannt wurde. Vier Diakone hätten am 26. Juni zu Priestern, sechs Seminaristen zu Diakonen geweiht werden sollen. Eine zu große Offenheit des Ortsbischofs Dominique Rey in Richtung traditioneller Gemeinschaften könnte der Grund für diesen Vorgang sein, vermuten französische Medien.
Fragwürdige Ausbildung der Priesteramtskandidaten?
Vorausgegangen war im Auftrag Roms ein „brüderlicher Besuch“ des Bistums Toulon durch den Metropolitan und Erzbischof von Marseille, Jean-Marc Aveline, der zu den neuen Kardinälen gehört. Laut „Famille Chrétienne“ habe Aveline zwei fragwürdige Punkte ermittelt, darunter die Berufungsfindung und Ausbildung der Priesteramtskandidaten im Seminar von Toulon, sowie die breite Aufnahme von neuen geistlichen Gemeinschaften, inklusive aus dem traditionellen und charismatischen Spektrum.
Bischof Rey äußerte sich in einer Mitteilung auf der Website der Diözese wie folgt: „Neben den vielen guten Früchten, die die Verkündigung des Evangeliums und die Sendung der engagierten Christen – Kleriker, Ordensleute und Laien – in unserer Diözese hervorbringen, wurden auch Fragen angesprochen, die sich einige römische Dikasterien rund um die Umstrukturierung des Priesterseminars und die Aufnahmepolitik der Diözese stellten.“ Der Mitteilung ist zu entnehmen, dass ein Austausch mit Kardinal Ouellet, dem Präfekten der Bischofskongregation, stattgefunden habe. „Bis zum Abschluss dieses laufenden Austauschs mit den römischen Dikasterien wurde darum gebeten, die für Ende Juni geplanten Diakonats- und Priesterweihen auszusetzen“, so Bischof Rey in seiner Mitteilung. Dauer und Endzeitpunkt dieses Austauschs sind nicht bekannt.
Großer Andrang im Priesterseminar
Im „Figaro“ vermutet der Vatikanexperte Jean-Marie Guénois, dass es weniger um die Umstrukturierung des Priesterseminars ginge, die vor zwei Jahren stattgefunden habe und eine reguläre Neuordnung gewesen sei. Stattdessen scheine die große Offenheit des Bischofs für neue geistliche Gemeinschaften der Kern des Problems zu sein. Diese sorge für einen großen Andrang im Priesterseminar, darunter auch durch Personen, die von ihren Heimatbistümern nicht angenommen worden seien. Nach dem Seminar der Communauté de Saint-Martin ist das Seminar von Toulon mit über 50 Seminaristen das zahlenmäßig zweigrößte in Frankreich. Über fünfzig geistliche Gemeinschaften sind auf der Website des Bistums gelistet. Laut der katholischen Zeitschrift „La Vie“ habe dies im Bistum bereits für Unruhe gesorgt.
Bischof Dominique Rey gehört zu jenen französischen Bischöfen, die öffentlich für den Lebensschutz eintreten und Bewegungen wie dem „Marsch für das Leben“ und der „Manif pour tous“ (Bewegung gegen die Homo-„Ehe“, gegen Leihmutterschaft und Ausweitung der künstlichen Befruchtung auf lesbische Paare und alleinstehende Frauen) Stellung bezogen haben. In der Debatte um das Münchner Missbrauchsgutachten hat er öffentlich den Papa Emeritus Benedikt XVI. verteidigt. „Die Tagespost“ hatte berichtet.
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