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Religiös überzuckerte Parteitagspolitik

Druck, Tempo, Spaltung, Ungehorsam und eine neue Theologie: Die Amtskirche macht keinen Hehl daraus, dass sie sich selber abschafft sich grüne Allüren zu eigen macht. Ein Kommentar.
Mit rund 25.000 Besuchern war der Katholikentag sehr schwach besucht
Foto: IMAGO/Jens Schulze (www.imago-images.de) | Was passiert, wenn man das Kreuz abschüttelt, hat der Katholikentag auf eindrucksvolle Weise gezeigt. Mit rund 25.000 Besuchern, Hauptamtliche inklusive, war der Katholikentag sehr schwach besucht.

Wenn ein Katholik auf dem Katholikentag fragt, was so schlimm daran sei, wenn jeder Bischof tut, was er will, und so aus der katholischen Kirche in Deutschland ein Flickenteppich entsteht, kann man alarmiert sein, verärgert, erschrocken, enttäuscht — oder man kann die Aussage einfach als eine von vielen hinnehmen. Man hat sich ja daran gewöhnt. 

Gewöhnt daran, dass vielen der Umbau der Kirche nicht schnell genug gehen kann: Wie bei den Synodalversammlungen drückten die Frauen auf dem Podium einer Katholikentags-Veranstaltung ordentlich auf die Tube und drängten unter dem Vorwand, zu lange diskriminiert worden zu sein, zu rapiden und grundlegenden Veränderungen. Gewöhnt hat man sich auch daran, dass Gläubige und Bischöfe unter sich gespalten sind und nicht wenige das normal finden oder die Spaltung sogar herbeisehnen, obwohl eine gespaltene Kirche ihr eigenes Ende einläutet.

Höchste Zeit, die Notbremse zu ziehen

Gewöhnt heißt aber nicht, dass man die Dinge laufen lassen sollte. Es ist höchste Zeit, dass der gesamte Episkopat die Notbremse zieht und in Klausur geht mit der Erklärung: Wir sind uneins, brauchen das Gebet, den Heiligen Geist. Nur glaubt selbst der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing leider nicht, dass Einheit möglich ist. Unglaube und mangelndes Gottvertrauen haben sich bereits bis in die Spitzen des deutschen Episkopats durchgefressen. Kein Mensch kann sich Einheit selber machen. Die schenkt Gott. Ohne Einheit gibt es keine Kirche, ein gespaltener Leib Christi funktioniert nicht mehr, ist tot. 

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Weder Unglaube, noch Spaltung oder Hast sind Früchte des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist setzt auch nicht unter Druck. Doch genau diese explosive Mischung findet sich derzeit in der katholischen Kirche Deutschlands. Auch auf dem Katholikentag ließen es sich Gläubige nicht nehmen, die Bischöfe anzutreiben. Der Aacher Bischof Helmut Dieser beklagte sich darüber, der Druck sei gewaltig und unangenehm. Aber er hat keinen Grund zur Klage. Die Suppe hat er sich mit einigen anderen Bischöfen selbst eingegossen. Sie haben den „sensus fidelium“ mit den Zeichen der Zeit zur Offenbarungsquelle erhoben und das Volk Gottes zu kreativen Forderungen aufgerufen, auch auf dem Katholikentag wieder. Die Offenbarung soll sich nicht mehr in den Lebenswirklichkeiten bewähren und sie herausfordern müssen; die Lebenswirklichkeiten und Wünsche der Menschen gelten jetzt als Offenbarung selbst. 

Mit das Unkatholischste, was Katholiken je erlebt haben

Es wird immer offensichtlicher, dass hier die eigenwillige politisch motivierte Theologie einer Gruppe Unzufriedener das Lehramt ersetzen soll. Kaum jemand schreckt noch hoch, wenn auf dem Podium behauptet wird, Neuevangelisierung sei, wenn Diskriminierung abgebaut würde, queere Menschen sich outen und dann darüber austauschen würden.

Der Katholikentag war jedenfalls gefühlt mit das Unkatholischste, was Katholiken je erlebt haben. Das war von wenigen Ausnahmen abgesehen religiös überzuckerte grüne Parteitagspolitik. Die tiefe, erfüllende Freude von und an Christus wird immer mehr durch eine oberflächliche „Freude“ über die von Ferne bereits winkenden erfüllten Wünschen und Vorstellungen ersetzt, Einheit und Wahrheit durch Mehrheit, Kirche durch Parlamentarismus, Kreuzesnachfolge durch Spaß verschiedenster Art.

Was passiert, wenn man das Kreuz abschüttelt, hat der Katholikentag auf eindrucksvolle Weise gezeigt. Mit rund 25.000 Besuchern, Hauptamtliche inklusive, war der Katholikentag sehr schwach besucht. In Münster waren es 90.000. Sicher spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Aber einer ist sicher auch dieser: Wenn die Kirche dem Mainstream folgt statt Jesus, eigenen Wünschen statt dem Willen Gottes, wenn die Kirche mehr sich selbst als Gott vertraut, sich aufbläst und wichtig macht in dem Glauben, sich selber retten zu können, verliert sie Christus aus dem Blick — und damit sich und die Menschen.

Lesen Sie weitere Hintergrundberichte und Reportagen vom Katholikentag in Stuttgart in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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