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Missbrauchskrise nicht für Reformagenda instrumentalisieren

Um verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, müsse die von Papst Franziskus angekündigte „Null-Toleranz“ beim Thema Missbrauch umgesetzt werden, meint der Medienwissenschaftler Michael Schaffrath.
Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche
Foto: Friso Gentsch (dpa) | Am Glaubwürdigkeitsverlust der katholischen Kirche im Zuge des Missbrauchsskandals seien in erster Linie Priester und Ordensleute schuld, „die diese teuflischen Verbrechen begangen haben", so Schaffrath.

Der Münchner Medienwissenschaftler Michael Schaffrath hat sich gegen die liberale Reformagenda gewandt, die im Zug der Debatte um Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche mehrfach von Bischöfen und Verbänden erhoben wurde. Im Gespräch mit der „Tagespost“ sagte er: „Ich finde das ziemlich ärgerlich, dass das schwere Verbrechen des Kindesmissbrauchs von manchen nun dazu benutzt wird, wieder Strukturveränderungen wie die Abschaffung des Zölibats oder die Einführung der Frauenweihe zu fordern. Hier einen Zusammenhang zu konstruieren, ist in meinen Augen grotesk. Für mich sind das alles populistische Forderungen, die den missbrauchten Opfern überhaupt nicht helfen.“

Selbst gute Argumente werden manchmal schlecht verkauft

Schaffrath, der an der Technischen Hochschule München lehrt, äußerte sich skeptisch zu den medialen Auftritten einzelner Bischöfen auch wenn er das Bemühen um Sachlichkeit und Aufrichtigkeit keinem Bischof abspreche. Er sieht das grundsätzliche Problem, „dass manche Priester und Bischöfe selbst gute Argumente schlecht verkaufen.“ Wer beim Missbrauchsskandal nicht einmal gute Argumente habe, verschärfe mit defizitärer Rhetorik die Problematik zusätzlich.

Am Glaubwürdigkeitsverlust der katholischen Kirche im Zuge des Missbrauchsskandals seien in erster Linie Priester und Ordensleute schuld, „die diese teuflischen Verbrechen begangen haben. Sie haben den Körper und die Seele unschuldiger Kinder zerstört und damit auch deren Vertrauen in und an Gott zerrüttet“. Mitschuldig sieht Schaffrath aber auch alle Mitwisser, die bei der Vertuschung geholfen hätten und so zu Mittätern geworden seien.

Auch Mitwisser schuldig an Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche

Der Medienwissenschaftler lobt zwar einerseits, dass nach jahrzehntelanger Ignoranz, Tabuisierung und Vertuschung auf verschiedenen Ebenen gehandelt werde. Der Missbrauchsgipfel sowie der von Papst Franziskus vorgelegte 21-Punkte-Plan seien jedoch nur dann etwas wert, wenn den Worten auch Taten folgten. „Die vom Heiligen Vater angekündigte ,Null-Toleranz' muss umgesetzt werden.“

DT

Welche Rolle die Medien in der Debatte um sexuellen Missbrauch spielen, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 28. Februar 2019.

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Regina Einig Bischof Kindesmissbrauch Papst Franziskus Päpste Zölibat

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