Das EU-Parlament hat vorgeschlagen, Social Media in Europa erst ab 16 Jahren freizugeben. Fast zeitgleich beschließt der Rat der EU-Staaten, keine verpflichtende Chatkontrolle von Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern einzuführen. Wie aus übereinstimmenden Medienberichten hervorgeht, schlug das EU-Parlament im Rahmen einer am Mittwoch verabschiedeten Resolution vor, Soziale Medien, Videoplattformen und KI-Agenten Nutzern erst ab 16 Jahren zugänglich zu machen. 483 der Abgeordneten stimmten am Mittwoch in Straßburg dafür, 92 dagegen, 83 enthielten sich. Weiter fordern die Abgeordneten in der Resolution, 13- bis 16-Jährigen den Zugang zu Sozialen Medien zu ermöglichen, sofern ihre Eltern dem zustimmen. Die Abgeordneten drängten auf das Verbot von „suchtfördernden Designs“ in den Sozialen Medien und auf Profiling und Untersuchungen des Nutzerverhaltens Minderjähriger, um ihnen angepasste Inhalte zu empfehlen. Ebenso wollen sie „Kidfluencer“ verbieten: Kinder, die gegen Bezahlung online andere Kinder beeinflussen.
Die Resolution verfasste die dänische Sozialdemokratin Christel Schaldemose. Der Text beruht auf Untersuchungen, „wonach 97 Prozent der Jugendlichen täglich online sind und 78 Prozent der 13- bis 17-Jährigen mindestens einmal pro Stunde auf ihre Mobilgeräte sehen“, so die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA). Das Smartphone werde von einem Viertel der Minderjährigen auf suchtähnliche oder problematische Weise genutzt.
Ebenfalls am Mittwoch einigten sich nach dreijährigem Ringen Vertreter der EU-Staaten, Messaging-Dienste wie WhatsApp vorerst nicht dazu zu verpflichten, Chats auf Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern zu kontrollieren. Das ursprüngliche Vorhaben dazu scheiterte unter anderem an der deutschen Bundesregierung.
Kampf gegen Kinderpornografie
Das deutsche Bundesjustizministerium hatte sich zuletzt im Oktober gegen den damaligen Gesetzesvorschlag positioniert: „Anlasslose Chatkontrolle muss in einem Rechtsstaat tabu sein. Wir müssen beim Kampf gegen Kinderpornografie auch auf EU-Ebene vorankommen. Aber auch die schlimmsten Verbrechen rechtfertigen keine Preisgabe elementarer Bürgerrechte“, sagte Justizministerin Stefanie Hubig (SPD). Die EU-Staaten setzten vorerst auf freiwillige Kontrollen durch die Anbieter, berichtet die „Tagesschau“. Dies erlaubt derzeit eine befristete Ausnahme, die ihnen die Chatkontrolle durch die Anbieter selbst trotz europäischer Datenschutzregeln erlaubt. Sie soll laut Gesetzestext dauerhaft festgelegt werden. Drei Jahre nach Inkrafttreten der neuen Regeln wird die EU-Kommission prüfen, ob es doch eine diesbezügliche Verpflichtung der Apps und Plattformen braucht.
Auch ohne die verpflichtende Kontrolle seien „die Messaging-Dienste und Online-Plattformen dem Gesetzestext nach aufgefordert, gegen Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern vorzugehen“. Etwa sollten Anbieter verpflichtet werden, Risiken für Kinder zu benennen und zu minimieren. Ebenso schlägt der Gesetzestext vor, ein EU-Zentrum für den Kampf gegen Kindesmissbrauch im Netz einzurichten. Erst wenn der Rat der EU-Staaten und das Europäische Parlament sich geeinigt haben, können die neuen Regeln in Kraft treten. DT/elih
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