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Johannes Paul II. wird demontiert

Neben Benedikt XVI. wird derzeit auch Johannes Paul II. angegriffen, betont Bernhard Meuser in einem Gastbeitrag. Das Ziel: die moralische und menschliche Autorität des polnischen Papstes zu untergraben.
Polen und der Missbrauchsskandal
Foto: Katharina Ebel | Auch Johannes Paul II. hatte blinde Flecken, und doch ist er ein Heiliger und ein Maßstäbe setzender Lehrer der Kirche.

Stephan Goertz, Moraltheologe in Mainz und Vorkämpfer für die kirchliche Anerkennung homosexueller Praktiken, lässt nichts unversucht, die neue Lehre aus Deutschland durchzusetzen. Er unterminiert das Lehramt der Kirche und greift die beiden Personen an, die weltweit für die Integrität und Vernünftigkeit kirchlicher Lehre stehen. Das sind der heilige Papst Johannes Paul II. und der emeritierte Papst Benedikt XVI. .

Nachdem die infame Attacke auf Benedikt (“Der Papst hat gelogen“) haltlos in sich zusammenfiel und mehr Rückschlüsse über ihre Betreiber als über Benedikt zuließ, ist es einmal mehr Johannes Paul II., dessen Lehrautorität vernichtet werden muss, hat dieser Mann doch in „Veritatis splendor“ von 1993 die Art von Moraltheologie gründlich und erschöpfend auseinandergenommen, die Goertz und andere heute noch vor sich hertragen. 

Angriff gegen die Lehre wie gegen die Person

Man muss dieses Dokument nur lesen, um zu verstehen, woher die gehässige Verfolgung von Johannes Paul II. herrührt. Kleine Kostprobe aus Veritatis splendor: „Es handelt sich nicht mehr um begrenzte und gelegentliche Einwände, sondern um eine globale und systematische Infragestellung der sittlichen Lehrüberlieferung aufgrund bestimmter anthropologischer und ethischer Auffassungen. Diese haben ihre Wurzel in dem mehr oder weniger verborgenen Einfluss von Denkströmungen, die schließlich die menschliche Freiheit der Verwurzelung in dem ihr wesentlichen und für sie bestimmenden Bezug zur Wahrheit beraubt. So wird die herkömmliche Lehre über das Naturgesetz, über die Universalität und bleibende Gültigkeit seiner Gebote abgelehnt; Teile der kirchlichen Moralverkündigung werden für schlechthin unannehmbar gehalten; man ist der Meinung, das Lehramt dürfe sich in Moralfragen nur einmischen, um die ,Gewissen zu ermahnen‘ und ,Werte vorzulegen‘, nach denen dann ein jeder autonom die Entscheidungen und Entschlüsse seines Lebens inspirieren wird.“

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Der Angriff wird gegen die Lehre von Johannes Paul II. geführt wie gegen die Person. So schreiben der Freiburger Theologe Magnus Striet und Goertz im Vorwort eines Buches gemeinsam: „Das der Kirche von ihm verordnete Gegengift absoluter Wahrheitsansprüche ist eine der großen Hypotheken dieses Pontifikates. Die Verkündigung der Lehre wird starr und legt die Kirche in Fesseln, weil sie deren Geschichtlichkeit missachtet." Flankierend werden die Versäumnisse des heiligen Johannes Paul II. in Hinsicht auf die Verfolgung von Missbrauch betont.

Kein Heiliger, sondern ein Komplize von Verbrechern?

Der Subtext ist: Das ist kein Heiliger, sondern der Komplize von Verbrechern. Er hat keine moralische und menschliche Autorität, um „Lehre“ vorzutragen. Ergo: Weder ein Heiliger, noch ein Lehrer! Vergesst, was er Euch sagt! Werdet vernünftig! Hört uns unkorrumpierten Vertretern des Menschlichen zu! Urteilt selbst!

An dieser Stelle müssen Dinge zu „Lehramt“ und „Heiligkeit“ geradegerückt werden. So gerne es gewisse Theologen vom Schlage Striet und Goertz gerne hätten: Das Magisterium der Kirche liegt nicht beim Konsens von Theologen, auch nicht bei der merkwürdigen Erhebung von „Glaubenssinn“ auf dem Synodalen Weg, sondern bei der Communio der Nachfolger der Apostel – und zwar „cum Petro et sub Petro“ (unter und mit Petrus).

Jede Heiligsprechung eines Menschen durch die Kirche ist ein dogmatischer Akt der lehrenden Kirche. Die Feststellung der Verehrungswürdigkeit und Heiligkeit einzelner Personen ignoriert nicht die Irrtümer und Sünden der Heiligen. Jeder bessere Biograph - um nur Walter Nigg zu nennen - stellt die Sündigkeit der Heiligen ebenso dar, wie er in den Biographien von Ketzern das Streben nach Heiligkeit erkennt. 

Auch Johannes Paul II. hatte blinde Flecken

Der heilige Papst Johannes Paul II. hatte blinde Flecken, was sein geradezu kindliches Vertrauen in die Integrität von Priestern und Bischöfen betraf. Man kann das mit seiner Herkunft aus dem kommunistischen Staatsterror im Ostblock erklären, wo die moralische Diskreditierung von Priestern Gang und Gäbe war, - wie übrigens auch im Nationalsozialismus. Trotzdem war es falsch. Deshalb ist Johannes Paul II. doch ein Heiliger und ein Maßstäbe setzender Lehrer der Kirche, so sehr er von unten angekläfft wird, damit man es sich ersparen kann auf ihn zu hören.

Bernhard Meuser
Foto: privat | Bernhard Meuser ist Buchautor. Er leitet die YouCat Foundation.

Mich erinnert das Ganze an die Kirche im 12. Jahrhundert, dem Zeitalter, das von Franziskus von Assisi geprägt wurde. Damals gab es die Sekte der Patarener. Sie, die einer „Kirche der Reinen“ angehörten und sich für die Besseren hielten, machten Lehre und Sakramentenspendung von der moralischen Würdigkeit der Kleriker abhängig, ja sie rückten eine Kirche, deren Leben nicht mit dem Evangelium kongruent war, in ein diabolisches Licht. Stephan von Bourbon OP (+ 1261) überliefert eine Episode aus dem Leben des heiligen Franziskus, die man gerne auf die gegenwärtigen Zustände in Kirche und Theologie hin meditieren mag: 

„Als der selige Franziskus durch die Lombardei zog und zum Beten eine Kirche betrat, da soll ein Patarener oder Manichäer an ihn herangetreten sein, (um) ... mit Franziskus´ Hilfe den Glauben unsicher und das Priesteramt lächerlich zu machen ... Da sagte der Häretiker zu Franziskus: ,Hör mal, darf man den Predigten von dem da Glauben schenken und dem gebührende Achtung zollen, was er tut, wenn er sich eine Konkubine hält und seine Hände vom Geschlechtsverkehr mit einer Dirne besudelt sind?‘ Der Heilige durchschaute die Bosheit des Häretikers. Vor aller Augen ging er zu jenem Priester hin, kniete vor ihm nieder und sagte: ,Ob die Hände von ihm so sind, wie jener sagt, weiß ich nicht; und selbst wenn sie so wären so weiß ich doch dass sie die Kraft und Wirksamkeit der göttlichen Sakramente nicht verderben können ... darum  küsse ich sie aus Ehrerbietung gegenüber der Sache, die sie verwalten, und aus Ehrfurcht vor dem, in dessen Auftrag sie das tun.‘ Als er diese Worte vor dem Priester kniend gesagt hatte, küsste er mehrmals dessen Hände und ließ auf diese Weise die Häretiker und ihre Anhänger ins Leere laufen.“

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