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„Hören, was der Geist den Gemeinden sagt“

Jesus will keine lauen Christen, sondern entschiedene, so die Botschaft des Görlitzer Bischofs Ipolt bei der Wallfahrtsmesse in Neuzelle. Gerade in den aktuellen Reformdebatten forderte er die Gläubigen auf, den Eingebungen des Heiligen Geistes zu folgen.
Wallfahrt in Neuzelle
Foto: Oliver Gierens | Bischof Wolfgang Ipolt (r.) und der Münchner Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg bei der Marienandacht zum Abschluss der Wallfahrt.

Bistumswallfahrten sollen bunt und einladend sein – mit Marktständen, Kaffee und Kuchen, dazu vielen Gespräche und Begegnungen. So war es auch an diesem Sonntag bei der traditionellen Wallfahrt der Diözese Görlitz zum Kloster Neuzelle mit rund 800 Teilnehmern – zumal die letzten beiden Jahre das traditionelle Pilgertreffen in dem brandenburgischen Wallfahrtsort von den Corona-Regeln geprägt waren. Doch was der Görlitzer Bischöfe Wolfgang Ipolt den Wallfahrern in seiner Predigt mit auf den Weg gegeben hat, war keine leichte Kost – aber eine umso eindringlichere Botschaft.

Kampf um die Wahrheit des Glaubens

Bewusst hatte sich das Bistum entschieden, die zweite Lesung nicht aus den Messtexten des Sonntags zu wählen, sondern eine andere Bibelstelle zugrunde zu legen: Aus der Offenbarung des Johannes wurde die Botschaft an die Gemeinde in Laodizea (Kapitel 3, 14-22) vorgetragen: „Du bist weder kalt noch heiß. Wärest du doch kalt oder heiß!“, heißt es dort (3, 15). Und weiter: „ Daher, weil du lau bist, weder heiß noch kalt, will ich dich aus meinem Mund ausspeien.“

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Für Bischöfe Ipolt ist das eine Botschaft, die auch den Christen in der heutigen Zeit noch viel zu sagen hat. Denn die Situation der Gläubigen am Ende des 1. Jahrhunderts sei gar nicht so unähnlich im Vergleich zur heutigen Situation. Neben Verfolgungen war die Zeit geprägt durch innere Auseinandersetzungen und dem Kampf um die Wahrheit des Glaubens, betonte Ipolt in seiner Predigt. Und in dieser Situation gibt der Seher Johannes den sieben Gemeinden in Kleinasien eine klare Botschaft mit auf den Weg: „Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt“ (so Offb 2, 7.11.17.29; 3,6.13.22). „Ich sage es ehrlich: Diese Briefe und die Situationen, die darin beschrieben werden, helfen mir persönlich derzeit, die Lage der Kirche aus dem Blickwinkel Gottes besser zu verstehen“, machte der Görlitzer Bischöfe deutlich.

Und der Görlitzer Bischöfe schloss ein weiteres Zitat aus der Offenbarung des Johannes an: „Du behauptest: Ich bin reich und wohlhabend und nichts fehlt mir. Du weißt aber nicht, dass gerade du elend und erbärmlich bist, arm, blind und nackt“ (3, 17). In der Kirche, so der Bischöfe, könne alles wohlgeordnet sein – Kirchensteuer, Gebäude oder Strukturen. Doch innerlich könne den Gläubigen etwas fehlen – die eingentliche Herzmitte, die Freundschaft mit dem Herrn. Der Frage Jesu, was uns fehle, gehe derzeit auch der Synodale Weg nach, und auch Papst Franziskus habe einen weltweiten synodalen Prozess angestoßen. „Was uns derzeit fehlt, das muss uns wirklich der Geist Gottes zeigen und es ist zu hoffen, dass er auf offene Ohren bei uns stößt“, betonte Ipolt. „Wenn wir unsere Ohren nicht verschließen für das, was der Geist uns zu sagen hat, dann kann die Kirche auch aus der gegenwärtigen Krise erneuert und gestärkt hervorgehen.“

Anbetung und Hören auf die Stimme des Geistes

Dabei sind gerade hier in Neuzelle die Anbetung und das Hören auf die Stimme des Geistes besonders präsent. Denn die Zisterzienser haben hier nicht nur vor fünf Jahren das einzige Barockkloster Brandenburgs wiederbesiedelt, sie errichten derzeit auch im nahe gelegenen Treppeln auf einem alten Stasi-Gelände ein neues Klostergebäude, in dem sie ihre Klausur intensiver leben können. Für die vielfältigen Aufgaben in der Wallfahrts- und Pfarreiseelsorge in Neuzelle bekommen die Mönche seit Anfang Juli Unterstützung durch drei Schwestern aus der Gemeinschaft der Dienerinnen vom Heiligen Blut. Die Gemeinschaft hat ihren Sitz in Aufhausen im Bistum Regensburg und betreibt unter anderem Niederlassungen in Flensburg, in Grub bei Heiligenkreuz (Österreich) oder seit kurzem auch im polnischen Zgorzelec – direkt gegenüber dem deutschen Görlitz am rechten Neißeufer.

In Neuzelle, so berichtet Schwester Dolorosa, wollen sie nicht nur die Zisterziensermönche unterstützen, sondern auch ihre eigene Spiritualität leben. Ihre Hauptaufgabe, ergänzt ihre Mitschwester Lioba, bestehe in der Neuevangelisierung durch das kostbare Blut Christi. Gebet, Eucharistie und Anbetung sind feste Bestandteile ihres Glaubenslebens – und daran können Interessierte teilhaben, ein paar Tage in der Gemeinschaft mitleben oder an Exerzitien sowie Einkehrtagen teilnehmen.

Die insgesamt rund 40 Schwestern der Dienerinnen von Heiligen Blut leben meist in kleinen Gemeinschaften von drei bis höchstens sechs Personen, erzählt Schwester Gloria. „Der Herrgott ruft uns dazu, dass wir noch mehr Standorte gründen.“ Ob es in Neuzelle noch mehr Schwestern werden und wie sich die Zusammenarbeit mit den Patres konkret entwickelt, werde sich in der Zukunft zeigen. Die drei Schwestern aus Bayern und Polen fühlen sich jedenfalls bisher in der Diaspora im östlichen Brandenburg nicht unwohl. „Ich empfinde das gar nicht als Diaspora, weil das Kloster hier ein Zentrum ist, in dem sich alles trifft, eine katholische Oase“, sagt Schwester Dolorosa.

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