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Die Karikatur der NGO-Kirche

Bibelarbeit mit der Altkanzlerin, queerer Kindergottesdienst und ganz viel Klimawandel: Der evangelische Kirchentag zeigt auch Katholiken, wie man es nicht machen sollte.
Evangelischer Kirchentag 2023
Foto: IMAGO/Thomas Lohnes (www.imago-images.de) | "Gott ist queer": Pastor Quinton Ceasar predigt auf dem evangelischen Kirchentag 2023. Diesmal spricht er übrigens auf einer Podiumsdiskussion über "Rechte Narrative im digitalen Raum".

Nachdem die Austritte aus der katholischen Kirche 2022 ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hatten, konnte man gelegentlich aus der gleichfalls mit Rekordzahlen belasteten evangelischen Kirche hören, man werde von den im Missbrauchssumpf steckenden Katholiken sozusagen mit nach unten gezogen. Dieser Tage könnte man analog um die Reputation der Katholiken fürchten, die mit dem am heutigen Mittwochabend beginnenden evangelischen Kirchentag in Hannover mitbeschädigt werden könnte. Denn dessen Programm liest sich wie eine bösartige Karikatur der politisch bewegten NGO-Kirche, die jegliche Transzendenz zugunsten eines innerweltlichen Heilsanspruches aufgegeben hat.

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Bibelarbeit mit Angela Merkel, Bodo Ramelow oder Luisa Neubauer (Thema: „Mut zum Widerspruch“), Empowerment-Workshop für – „ausschließlich“ – „Black, Indigenous und Kinder of Color“ (wobei entgegen dem unfreundlichen Wort „ausschließlich“ natürlich die wohlwollende Interpretation für möglich gehalten werden muss, dass „Indigenous“ in Niedersachsen dann doch auch wieder die Teilnahme schwach kolorierter Kinder erlaubt), Kindergottesdienst „Queere Tiere auf der Arche“, unzählige Podien zum Klimawandel, bis hin zu einer Kirchentagspräsidentin, die auf ihrer persönlichen Kirchentags-Webpage den Kirchentag einzig und allein damit bewirbt, dass hier „mit großer Aufmerksamkeit und Zuversicht“ den „Krisen und Konflikten unserer Zeit“ begegnet werde: Nein, die geistliche Realität steht eindeutig nicht im Zentrum. Gerade mal auf einem der neun Hauptpodien soll es dem Titel nach um Glauben gehen.

Sogar bei Katrin Göring-Eckardt regen sich Zweifel

In Zeiten, in denen die Kritik am allzu diesseitigen Orientierungsangebot der Kirchen immer unüberhörbarer wird, ist diese Schwerpunktsetzung auf progressive politische Ideologie doch mindestens borniert. In ihrer in der „Welt“ veröffentlichten Antwort auf Julia Klöckner, die die NGO-Haftigkeit der Kirchen kürzlich mit großem Echo kritisiert hatte, begann sogar die Grüne Vorzeige-Christin Katrin Göring-Eckardt mit dem Satz: „Manchmal sitze ich sonntags im Gottesdienst und frage mich: Braucht es jetzt die pfarrliche Einordnung der Nachrichten der letzten Woche?“ Freilich nur, um sich dann einzureden, das liege eben daran, dass Sie ja Politikerin sei, die auch mal eine Pause wolle, während beim Normalgläubigen durch die Sonntagspredigt ein Mangel an politischem Input ausgeglichen werde.

Welche Außenwirkung wünschen sich die Kirchen? Sind die 25 Millionen, die der Kirchentag kosten soll, wirklich gut investiert, wenn als Botschaft hängen bleibt, dass Kirchen der Ort sind, an dem wir endlich mal schön interreligiös über Politik reden können – freilich in pharisäischer Tradition nur im Kreise der „Guten“, Frevler von Rechtsaußen werden natürlich nicht eingeladen? Auch wenn katholische Kirchentage aufgrund von Restbeständen lehrmäßiger Vorbehalte vielleicht nicht ganz so konsequent grün-progressive Weltverbesserung zum Ziel erheben, darf man den evangelischen Kirchentag als wesensverwandtes Event mit gesteigerter Aufmerksamkeit beobachten. Und seine Schlüsse ziehen, wenn das absehbar kommende nächste Quinton-Ceasar-Video wieder die konservative Hälfte der Bevölkerung in der Überzeugung bestärkt, in den Amtskirchen nur noch die Agitprop-Bühne der bröckelnden linken Diskurshegemonie vorfinden zu können.

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