Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Vatikanstadt

Erzbischof Gänswein: „Es gibt weder eine Ratzinger- noch eine Franziskus-Kirche“

In einem Interview mit der „Zeit“ äußert sich der Privatsekretär von Benedikt XVI., Georg Gänswein, zu den Vertuschungsvorwürfen gegenüber dem emeritierten Papst, Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche und zum Zölibat.
Gänswein: "Man kann nicht vor sich selbst ins Priestertum flüchten."
Foto: Patrick Seeger (dpa) | Kurienerzbischof Georg Gänswein: "Man kann nicht vor sich selbst ins Priestertum flüchten."

„Es gibt weder eine Ratzinger- noch eine Franziskus-Kirche. Es gibt nur die Kirche Jesu Christi. Sie ist dazu da, seine Frohe Botschaft kraftvoll zu verkündigen.“, antwortet Erzbischof Gänswein auf die Frage der Wochenzeitung „Zeit“, ob es einen „innerkatholischen Zwist“ zwischen einer „konservativen Ratzinger-Kirche“ und einer „reformwilligen Franziskus-Kirche“ gäbe.

Lesen Sie auch:

Luft nach oben

Bei der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche gibt es nach den Worten von Erzbischof Georg Gänswein noch viel Luft nach oben. „Weder die Kirche noch die Gesellschaft werden bei der Aufarbeitung des Missbrauchs auch nur einen Schritt weiterkommen, wenn weiterhin die Verantwortung auf die 'anderen' abgeschoben wird“, sagt der Privatsekretär von Benedikt XVI. in dem Interview, das am Donnerstag in der Print-Ausgabe der „Zeit“ erscheint.

Zu dem Münchner Gutachten, dass dem emeritierten Papst Falschaussage und Vertuschung eines Missbrauchstäters unterstellt, bezieht Georg Gänswein Stellung. Viele Fragen seien unsauber und „geradezu suggestiv“ formuliert, meint er. Nicht immer sei zwischen Vermutung, Behauptung und Tatsachen unterschieden worden. Der Erzbischof kommt zu dem Schluss, dass „das sogenannte Gutachten ist in Wirklichkeit eine Anklageschrift“ ist.

Ehelosigkeit in Freiheit

Zur Sprache kommt in dem Interview auch der priesterliche Zölibat. Der Privatsekretär von Benedikt XVI. verteidigt die verpflichtende Ehelosigkeit von katholischen Priestern. Auf die Frage, ob ein Zölibat, der dauernd übertreten werde, nicht ein Risikofaktor für Vertuschung sei, antwortete Gänswein in einem Interview: „Wer im Zölibat lebt, tut das in Freiheit, niemand wird gezwungen. Der Großteil der Priester lebt den Verzicht für die größere Sache Gottes - mit den Worten Jesu: um des Himmelreiches willen!“ Weiter sagte Gänswein: „Dass es Zölibatsbruch gibt, wie es Ehebruch gibt, ist leider eine Realität. Das Lebenszeugnis eines Priesters wird verfälscht und verliert durch die Unaufrichtigkeit an Strahlkraft.“ Es möge durchaus Männer geben, die sich in den Zölibat flüchteten, räumte Gänswein ein. „Doch man kann nicht vor sich selbst ins Priestertum flüchten. Genauso wenig kann man vor sich selbst in die Ehe flüchten.“ DT/esu

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Meldung Benedikt XVI. Georg Gänswein Jesus Christus Katholische Kirche Päpste Zölibat

Weitere Artikel

Kirche