Erzbischof Georg Gänswein hat bestritten, dass Kardinal Joseph Ratzinger als Erzbischof von München einen Missbrauchspriester wieder in der Seelsorge eingesetzt habe, obwohl er von dessen Vorgeschichte gewusst habe. Es geht um den alten Fall des Priesters H. aus Gelsenkirchen, der nach einem Vergehen an einem minderjährigen Jungen zur Therapie in das Erzbistum München und Freising kam und dort Anfang der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts im Einverständnis mit dem Münchener Ordinariat wieder als Geistlicher tätig wurde.
Gänswein: Benedikt hatte keine Kenntnis
Die Wochenzeitung „Die Zeit“ berichtet über ein Dekret des Münchener Kirchengerichts aus dem Jahr 2016, in dem es heißen soll, dass die zuständigen Bischöfe und ihre Generalvikare in München und Essen ihrer Verantwortung gegenüber Kindern und Jugendlichen nicht gerecht geworden seien. Auch der damalige Erzbischof Ratzinger werde dabei genannt: Obwohl er von der Vorgeschichte des mutmaßlichen Missbrauchspriesters Kenntnis gehabt habe, habe er ihn in seinem Bistum aufgenommen und eingesetzt.
Gänswein erklärte dagegen in einer Stellungnahme: „Die Behauptung, er (Benedikt) hätte Kenntnis von der Vorgeschichte zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Aufnahme des Priesters H. gehabt, ist falsch.“ Dies teilte der Privatsekretär des emeritierten Papstes der „Zeit“ mit, wie die Deutsche Presseagentur meldete.
Mitte Januar soll Gutachten veröffentlicht werden
Der Fall des Priesters H. ging bereits 2010 durch die internationale Presse. Damals übernahm der ehemalige Generalvikar zur Zeit von Erzbischof Ratzinger, Prälat Gerhard Gruber, die Verantwortung dafür, dass der Priester H. wieder in der Seelsorge tätig wurde. Dass das Thema jetzt wieder hochkommt, dürfte an der in der Woche vom 17. bis 21. Januar geplanten Veröffentlichung eines Gutachtens der Münchner Kanzlei Westpfahl-Spilker-Wastl (WSW) zum Umgang mit Missbrauchsfällen im Erzbistum München und Freising liegen. Es wurde von der Bistumsleitung in Auftrag gegeben und umfasst auch die Amtszeit der Kardinäle Friedrich Wetter und Reinhard Marx. DT/gho
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