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Eine Empfehlung als Drohkulisse

Die Mehrzahl der Bischöfe beugt sich dem Druck der LGBTQ-Lobby: Das kirchliche Arbeitsrecht wird radikal weichgespült.
Demonstration der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands
Foto: Sebastian Gollnow (dpa) | Frauen der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands halten zu Beginn der vierten Synodalversammlung der katholischen Kirche in Deutschland im Congress Center Messe Frankfurt Schilder für Vielfalt, Aufklärung und ...

Die Neufassung der Grundordnung des kirchlichen Dienstes ist von Hauptamtlichen unkritisch bejubelt worden. Die persönliche Lebensführung hauptamtlicher Mitarbeiter geht den kirchlichen Arbeitgeber künftig nichts mehr an. Das schließt Paare in allen Varianten ein. Für Kleriker und Ordensleute sollen zwar weiterhin „besondere kirchliche Anforderungen“ gelten, doch ist hier Nüchternheit geboten: Von der Mehrheit der deutschen Bischöfe ist realistischerweise nicht zu erwarten, dass sie zwei Homosexuellen im Pfarrhaus Widerstand entgegensetzen, solange die diözesanen und überdiözesanen Gremien das Hohelied auf die „angstfreie Kirche“ singen.

Auch die Minderheit dürfte sich fügen

Wie groß die Angst ist, gesellschaftlichen Anstoß zu erregen, zeigt sich daran, dass sich mehrere Oberhirten gar nicht erst die Zeit für die üblichen Diskussionen in den heimischen Gremien nahmen und die Empfehlung spontan umsetzten. Zweifellos stellt diese als „Empfehlung“ des Verbandes der deutschen Diözesen deklarierte Wende de facto eine Drohkulisse an alle dar, die nun in den Bistümern über die Umsetzung zu entscheiden haben. Wer von kirchlichen Mitarbeitern Loyalität zur Kirche erwartet, läuft sehenden Auge ins juristische Aus. Jedes Bistum, das Mitarbeiter wegen ihrer persönlichen Lebensführung als nicht mehr tragbar ansieht, stünde auf verlorenem Posten, solange andere Diözesen dieselben Lebensumstände als zulässig bewerten. Die neu gefassten Loyalitätsverpflichtungen erkennen lediglich „kirchenfeindliches Verhalten“ als Kündigungsgrund an.

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Es ist daher höchst unwahrscheinlich, dass Deutschlands Bistümer – juristisch betrachtet – ein Flickenteppich werden. Auch die bischöfliche Minderheit des Synodalen Wegs dürfte sich weitgehend fügen, denn arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen wären aussichtslos. 

Spielraum bleibt den Minderheiten-Bischöfen noch in der Seminarausbildung und in den Anforderungen an die Lebensführung der Priester. Insgesamt bedeutet die Neuordnung des kirchlichen Arbeitsrechts, dass hauptamtliche Laien, die den Katechismus ernst nehmen, künftig an ihrem Arbeitsplatz über noch dünneres Eis gehen müssen. Denn die Wahrscheinlichkeit, Personen weisungsgebunden zu werden, die „anders katholisch sein wollen“ (Bischof Georg Bätzing), ist durch den neuen Weg gestiegen. Der so genannte institutionenorientierte Ansatz der Grundordnung setzt schließlich nicht voraus, dass sich Entscheider an der Lehre orientieren müssen. Insofern sind Sätze wie „Die katholische Identität einer Einrichtung soll durch Leitbilder, eine christliche Organisations- und Führungskultur und durch Vermittlung christlicher Werte und Haltungen gestaltet werden“ nichtssagender Pastoraljargon.

Raum für ein schwammiges christliches Wertebild

Für konkrete Situationen lässt die Kirche ihre Mitarbeiter nun mit einer Fülle von widersprüchlichen Werte-Vorstellungen allein. Dergleichen Konfliktsituationen treten zwar nicht an allen katholischen Institutionen gleich häufig zutage: Für die Arbeit des Küchenchefs einer katholischen Klinik spielen weltanschauliche Fragen eine geringere Rolle als für einen Schuldirektor. Komplizierter wird die Lage nun für die Entscheider an katholischen Schulen und Kindergärten. Hier haben Lehrer oft schon jetzt Mühe, die ideologische Betriebstemperatur herunterzukühlen, weil nicht allen Eltern, die ihr Kind an einer katholischen Schule anmelden, klar ist, was Katholischsein bedeutet. Die neue Grundordnung lässt nur noch Raum für ein schwammiges christliches Wertebild. Wer genuin katholische Inhalte vertritt, wird künftig als intoleranter Hardliner dastehen. Oder sogar als untragbar.

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