Die wohl größte humanitäre Hilfsaktion in der Geschichte

Dokumente beweisen, dass der Vatikan die Evakuierung deutscher Juden nach der „Kristallnacht“ am 9. November 1938 plante.
Der Vatikan und der Antisemitismus im Dritten Reich
Foto: dpa inp (A0009_dpa) | Dokumente im Vatikan-Archiv belegen, dass der Vatikan an praktische Hilfe dachte. Urheber des Plans war Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli.

Wie reagierte die Kirche, als in Deutschland in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 hunderte Synagogen und Betstuben jüdischer Gemeinden brannten, jüdische Geschäfte geplündert und verwüstet, jüdische Mitbürger schikaniert, geschlagen oder gar ermordet wurden? Zu wenig, sagen die Kritiker. Ein großer, öffentlicher Protest blieb aus.

Nur ein einziger Priester prangerte die Pogromnacht in seiner Predigt an

Lediglich ein einziger Priester, Dompropst Bernhard Lichtenberg aus Berlin, prangerte die Pogromnacht in seiner Predigt am nächsten Tag an und betete fortan in der Hedwigskathedrale, keinen Kilometer von Hitlers Reichskanzlei entfernt, für die verfolgten Juden, bis ihn am 23. Oktober 1941 die Gestapo verhaftete.

Dokumente im Vatikan-Archiv belegen jedoch, dass der Vatikan an praktische Hilfe dachte. Geplant war nicht weniger als die größte humanitäre Hilfsaktion der Geschichte. Urheber des Plans war Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli, der im März 1939 als Pius XII. den Thron Petri besteigen sollte. Pacelli, der als Nuntius in München und Berlin von 1917 bis 1929 den Aufstieg Adolf Hitlers hautnah erlebt und in Dutzenden Memoranden an den Vatikan vor ihm und seiner Bewegung gewarnt hatte, wusste, dass der „Führer“ zu keiner Mäßigung in der Lage war und wie ein Besessener seine Wahnideen durchsetzen würde.

200 000 Flüchtlinge jüdischer Abstammung sollten Visa ausgestellt werden

Auf den Tag genau zwei Monate nach den November-Pogromen, am 9. Januar 1939, schickte der spätere Papst Pius XII. ein in lateinischer Sprache verfasstes Rundschreiben an 68 Erzbischöfe, darunter sieben Kardinäle, in 17 Nationen, die meisten davon klassische Einwanderungsländer auf dem amerikanischen Doppelkontinent. In ihm bat er die Empfänger, sich bei ihren Regierungen dafür einzusetzen, dass insgesamt 200 000 Flüchtlingen jüdischer Abstammung Visa ausgestellt und ihnen die Niederlassung in ihrem Land erlaubt würde.

Wie der Vatikan die wohl größte humanitäre Hilfsaktion der Geschichte plante, um insgesamt 200 000 Flüchtlinge jüdischer Abstammung vor dem NS-Regime zu retten, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 08. November 2018. Kostenlos erhalten Sie diese Ausgabe hier.

DT

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