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Die katechetische Krise der Kirche in Deutschland ist gewaltig

Bischof Bätzing irrt: Gott selbst hat uns gesagt, was er von uns erwartet. Wie sollen die Schafe an einen sicheren Ort gelangen, wenn die Hirten den Weg und das Ziel nicht mehr kennen?
Man kann nur lieben, was man auch kennt
Foto: Robert Michael (dpa) | Die verbreitete Meinung, religiöses Wissen sei nicht so wichtig, weil es schließlich allein auf die Liebe – zu Gott und den Mitmenschen ankomme – ist unhaltbar.

Wozu sind wir auf Erden? Diese Frage wird unter Ungläubigen in aller Regel zu ahnungslosem Schweigen oder ausufernder Sophisterei führen. Für Christen ist die Antwort hingegen leicht – zumindest wenn sie in den Genuss einer anständigen Katechese gekommen sind: „Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen, Ihm zu dienen, Ihn zu lieben und eines Tages in den Himmel zu kommen.“

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Nur ist eine gute Glaubensunterweisung heute leider alles andere als selbstverständlich. Es ist dieser Tage zum Beispiel wahrscheinlicher, dass Kinder im katholischen Religionsunterricht von den fünf Säulen des Islam hören, als dass sie etwas über die fünf Kirchengebote lernen.

Man kann nur lieben, was man auch kennt

Die verbreitete Meinung, religiöses Wissen sei nicht so wichtig, weil es schließlich allein auf die Liebe – zu Gott und den Mitmenschen ankomme – ist unhaltbar. Denn was man nicht kennt, das kann man auch nicht wirklich lieben. Außerdem gilt: Je mehr man das Geliebte in seiner Liebenswürdigkeit erkannt hat, umso größer wird auch die Liebe sein.

Um diesen Zusammenhang zwischen der Liebe zu Gott, dem Wissen von Ihm und der Unterweisung im Glauben dreht sich auch das Pauluswort, das der Apostolische Nuntius Erzbischof Nikola Eterović vor wenigen Tagen an den Anfang seines Grußwortes an die Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischofskonferenz stellte:

„Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden. Wie sollen sie nun den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand verkündet? Wie soll aber jemand verkünden, wenn er nicht gesandt ist? Wie geschrieben steht: Wie willkommen sind die Füße der Freudenboten, die Gutes verkünden“ (Röm 10,13-15).

Bätzings Irrtum

Der Nuntius erinnerte die deutschen Bischöfe an das Anliegen von Papst Franziskus, mutig zur Neuevangelisierung zu schreiten und dabei insbesondere auf eine gute Katechese zu achten. Wie dringlich dieser Aufruf ist, zeigte sich dann leider auch gleich bei der Predigt, die Bischof Georg Bätzing im Rahmen des Eröffnungsgottesdienstes der Versammlung des deutschen Episkopats hielt. Dort äußerte sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz wie folgt:

„Unser Sprechen von Gott wird sich verändern müssen, dringend. Wir tun ja als Kirche immer noch so, als wüssten wir eindeutig, wie Gott ist und was er von uns erwartet. Doch in weiten Teilen haben unsere Bilder von Gott und unser Reden über ihn den Anschluss an das Wissen unserer Zeit verloren.“

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Nun ist es in der Tat gute katholische Lehre, dass uns der unmittelbare Einblick in das Wesen des unendlichen Gottes im Diesseits verwehrt ist. Daraus folgt aber keineswegs, dass wir nichts von Ihm wüssten oder gar im Dunkeln darüber gelassen würden, was er von uns erwartet. Vom begrenzten, aber durchaus zielführenden Zugang, den uns die Vernunft und mit ihr die „natürliche Theologie“ bietet, einmal abgesehen: Gott hat sich in der Geschichte offenbart. 

Er hat uns, um etwas Offensichtliches zu nennen, unter anderem die Zehn Gebote gegeben, um unser Handeln zu leiten. Und noch viel wichtiger: Er ist in der Person des Sohnes selbst Mensch und damit Fleisch geworden. Christus – der göttliche Logos, der der gesamten Schöpfung ihre Ordnung verleiht – ist in die Geschichte eingetreten, hat zu uns gesprochen und die Kirche gegründet, um Sein heilbringendes Wort an alle nachfolgenden Generationen zu verkünden.

Orientierungslose Hirten

Dass nun aus dem Mund eines Nachfolgers der Apostel die Aussage zu hören ist, die Kirche wüsste gar nicht so genau, was Gott von den Menschen wolle, offenbart wie gewaltig die theologisch-katechetische Krise der Kirche in Deutschland inzwischen ist. Wie sollen die Schafe an einen sicheren Ort gelangen, wenn die Hirten den Weg und das Ziel nicht mehr kennen?

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