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Das war ein „echter Umbruch“

Ein brillanter Theologe und Vorkämpfer der Aufklärung von sexuellem Missbrauch. Georg Bätzing würdigt den verstorbenen Papst Benedikt XVI. Er war mehr für die Innerlichkeit geboren.
Portrait vom verstorbenen Papst Benedikt im Bischofshaus in Limburg
Foto: Regina Einig

Der Vorsitzende der deutschen Bischöfe, Georg Bätzing, hat bei einer Pressekonferenz im Limburg den verstorbenen Papst Benedikt als brillanten Theologen und Vorkämpfer der Aufklärung sexueller Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche gewürdigt. „Heute ist ein Tag der Trauer und des Abschieds“ sagte der Limburger Oberhirte und sprach von Dankbarkeit und Respekt „vor einem großen Mann der Kirche“. Papst Benedikt sei ein brillanter Theologe gewesen. Wie kaum jemand sonst habe er versucht, die Tiefen des Glaubens den Menschen deutlich zu machen.

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Große geistliche Tiefe

Er habe als Konzilstheologe das Zweite Vatikanum und Generationen von Theologiestudierenden geprägt. Bischof Bätzing erinnerte insbesondere an Joseph Ratzinger theologische Publikationen, insbesondere die 1968 erschienene „Einführung ins Christentum“. Das Buch habe vielen Menschen die wunderbare Weite des christlichen Glaubens aufgeschlossen. Als Papst habe er in seinen Jesus-Büchern seinen eigenen Zugang zu „Jesus, wie ihn uns die Heilige Schrift benennt“ in einer geistlichen Tiefe die ihresgleichen suche, beschrieben. Ausdrücklich erinnerte Bätzing auch an die Pilgerreisen Benedikts nach Deutschland – 2005, 2006 und 2011. „Er war bereit, mutig einzustehen für das Evangelium, ob gelegen oder ungelegen.“

 

Georg Bätzing hält ein Statement zum Tod des emeritierten Papsts Benedikt.
Foto: IMAGO/nordphoto GmbH / Bratic | Der Limburger Bischof Georg Bätzing hält ein Statement zum Tod des emeritierten Papsts Benedikt.

Klar benannte der Vorsitzende die Vorreiterrolle Joseph Ratzingers im Kampf gegen Missbrauch in der Kirche. Papst Benedikt habe in seiner Amtszeit die Schrecken des Missbrauchs in ihrer ganzen Tiefe eigentlich erst wirklich an den Tag geholt, sagte Bätzing. Wie keiner vor ihm habe Papst Benedikt deutlich gemacht, dass jeder Missbrauch ein Verbrechen sei und wir Strukturen in der Kirche brauchen, die diese Verbrechen angemessen bearbeiten. Als erster Papst habe Benedikt XVI. Betroffene zum Gespräch eingeladen, um sie zu hören und ihre Situation und ihre Forderungen an die Kirche wahrzunehmen. „Das war ein echter Umbruch im Sinne dessen, dass nicht die Institution Kirche, sondern die Betroffenen im Mittelpunkt stehen.“

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Ein demütiger Mitarbeiter der Wahrheit

Joseph Ratzingers bescheidenes und demütiges Auftreten sei vielen Menschen in guter Erinnerung geblieben. Der Papst sei nicht für die Öffentlichkeit und die Bühne geboren, sondern mehr für die Innerlichkeit, für das Bedenken des Glaubens zwischen Vernunft und Glauben, „aber auch für die Leitung einer Kirche in kluger Sorgfalt“.

Der Vorsitzende verschwieg die Spannungen zwischen Benedikt XVI. und seiner deutschen Heimat nicht. Manche seiner Reden und Veröffentlichungen hätten Anstoß. „Nicht immer haben wir, seine Landsleute, uns leicht mit ihnen getan, und auch Papst Benedikt hat es uns in einem konfessionell gemischten Land, in einer ökumenischen Verbundenheit nicht immer leicht gemacht“ sagte er. Benedikt XVI. habe auf Punkte hingewiesen, „wo wir ehrlich und bereit sein müssen, noch tiefer zu arbeiten. Und er hat auch manchen Stolperstein Stein in den Weg gelegt.

Das alles tat er als demütiger Mitarbeiter der Wahrheit. Das war sein Leitspruch als Erzbischof. Und dem fühlte er sich verpflichtet.“ Benedikt XVI. „war uns ein großes Geschenk und wir wollen Gott für dieses Geschenk danken“. DT/reg


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