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Katholikentag: Zeugnis wofür?

Der kommende Katholikentag in Stuttgart soll mehr als eine Großveranstaltung des Synodalen Wegs sein. Doch die inhaltliche Ausrichtung scheint dürftig.
Aufnahme vom Katholikentag 2018 in Münster
Foto: Guido Kirchner (dpa) | Aufnahme vom Katholikentag 2018 in Münster: Der kommende Katholikentag wäre eine herausragende Gelegenheit dafür, zu demonstrieren, worin das Heil besteht, das Gott der Welt durch die Kirche schenken möchte.

Vom 25. bis zum 29. Mai soll in Stuttgart der 102. Katholikentag unter dem Motto „leben teilen“ stattfinden. Im Interview mit der „Katholischen Nachrichtenagentur“ (KNA) bekräftigt der gastgebende Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst seine Zuversicht, der Katholikentag könne trotz der Pandemie analog stattfinden.

Klimawandel, die Digitalisierung, soziale Fragen

Inhaltlich solle es nach den Worten von Bischof Fürst vor allem um den Klimawandel, die Digitalisierung sowie um soziale Fragen wie Wohnungsbau und gesellschaftlichen Zusammenhalt gehen; auch den Themen des Synodalen Weges solle Raum gegeben werden. Der Katholikentag sei aber mehr als eine Großveranstaltung des Synodalen Weges, so Bischof Fürst.

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Worin aber besteht dieses „mehr“? Die inhaltliche Ausrichtung scheint da bisher recht dürftig. Katholikentage sollen in der Mitte der Gesellschaft Zeugnis für den Glauben ablegen und umgekehrt die Relevanz der Kirche für die Gesellschaft verdeutlichen. Wenn die Kirche Lehren aus der Corona-Krise gezogen hätte, müsste der Katholikentag zweierlei tun: Erstens dazu beitragen, die aktuelle Spaltung der Gesellschaft und der Kirche aus dem Glauben heraus zu überwinden. Hier müssten wir Christen ein echtes Zeugnis der Geschwisterlichkeit geben. Stattdessen unterscheiden sich kirchliche Kreise hinsichtlich (Vor-)Verurteilungen der jeweils Andersdenkender nicht wesentlich vom gesellschaftlichen Durchschnitt.

Demonstrieren, worin das Heil besteht

Zweitens wäre der Katholikentag eine herausragende Gelegenheit dafür, zu demonstrieren, worin das Heil besteht, das Gott der Welt durch die Kirche schenken möchte. Wenn die wichtigste Kathedrale Deutschlands am Heiligen Abend Schauplatz einer öffentlichen Impfaktion wird, fragt man sich, ob Katholiken selbst eigentlich noch klar ist, woher die wahre Rettung kommen wird. Unsere Hoffnung ist die Erlösung, ganz unabhängig davon, wie wirksam Impfstoffe und Hygienemaßnahmen sein mögen! Das frohe Zeugnis dieser Hoffnung ist die Kirche der Gesellschaft inmitten der Krise schuldig geblieben – noch ist es dafür aber nicht zu spät.

Ohne Frage, dass Katholiken sich für sozialen Zusammenhalt und Umweltschutz engagieren, ist eine gute Sache. Wobei die Frage aufkommt, worin denn das spezifisch Katholische des kirchlichen Engagements besteht. Wenn gerade junge Katholiken sich dafür entscheiden sollen, für den Katholikentag einen "Friday for Future" sausen zu lassen, dann müsste hier schon etwas geboten werden, das sich von solchen und ähnlichen weltlichen Veranstaltungen unterscheidet.
„Typisch“ Katholisch ist der Einsatz für die Würde des menschlichen Lebens von seinem Beginn bis zu seinem natürlichen Ende. Und hier scheinen im Programm genau die gesellschaftlichen Themen zu fehlen, die an Dringlichkeit kaum zu überbieten sind: Werden die Pläne der Ampelkoalition thematisiert, Paragraph 219a zu streichen, künstliche Befruchtung auszuweiten sowie auf Legalisierung der Eizellspende und der Leihmutterschaft hinzuarbeiten?

Mut, zum gesellschaftlichen "Kerngeschäft" zurückzukommen

Im Raum schwebt außerdem immer noch das Urteil des Verfassungsgerichts zum assistierten Suizid – eine gesetzliche Umsetzung des Urteils müsste in der aktuellen Legislaturperiode erfolgen. Es ist vergleichsweise leicht, sich für Klimaschutz und Digitalisierung stark zu machen. Das tun alle. Deutlich unangenehmer ist es, sich für politische Minderheitspositionen einzusetzen, denn dazu braucht es Mut. 

Diesen Mut sollten Katholiken aufbringen, um zu ihrem gesellschaftlichen „Kerngeschäft“ zurückzukommen, nämlich sich bedingungslos für jedes einzelne menschliche Leben einzusetzen. Man darf gespannt auf das endgültige Programm des Katholikentags sein, das am 7. März veröffentlicht werden soll.

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Franziska Harter Gebhard Fürst Katholikinnen und Katholiken Katholischer Kirchentag

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