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„Wir wollen ein weltweites Bündnis für die Religionsfreiheit“

Die christliche Menschenrechtsorganisation ADF International rettete jüngst wieder einen nigerianischen Konvertiten vor der Todessstrafe. Sean Nelson, Rechtsberater bei ADF, spricht über die spezielle Problematik in dem afrikanischen Land.
Menschenrechtsorganisation ADF International rettete jüngst wieder einen nigerianischen Konvertiten vor der Todessstrafe
Foto: Marco Gualazzini (Contrasto) | "Es ist wichtig, dass sich die Menschen auf der ganzen Welt für die Religionsfreiheit einsetzen und sich zu diesen Themen äußern", meint Sean Nelson.

Einem Bericht der Beobachtungsstelle für Religionsfreiheit in Afrika zufolge wurden zwischen dem 1. Oktober 2019 und 30. September 2021 in ganz Nigeria 8.560 Christen und 2.417 Muslime ermordet. Das Team der christlichen Menschenrechtsorganisation ADF International (Alliance Defending Freedom) hat kürzlich dazu beigetragen, vier junge nigerianische Christen von Todes- und Gefängnisstrafen zu befreien. Die „Tagespost“ sprach mit Sean Nelson, Rechtsberater bei ADF International.

Herr Nelson, welche Umstände, welche Faktoren haben entscheidend zum Anstieg der Gewalt in Nigeria beigetragen?

Ich glaube, viele von uns trauerten um die 40 oder 50 Katholiken, die in Owo im Bundesstaat Ondo in der katholischen Kirche St. Francis am 5. Juni, am Pfingstsonntag dieses Jahres, getötet wurden. Nur sechs dieser Angreifer wurden gefunden und verhaftet. Ich denke also, das ist ein wichtiger Faktor. Zu den anderen Faktoren gehören einige rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit. In vielen der nördlichen Bundesstaaten ist das Strafrecht der Scharia in den Strafgesetzbüchern verankert, auch für Dinge wie Blasphemie. Wenn man also kein Muslim ist, oder selbst wenn man Muslim ist, aber nicht mit der Meinung der Mehrheit übereinstimmt, kann man wegen nachhaltiger Beleidigung angeklagt und zu Dutzenden von Jahren verurteilt werden, oder man kann mit der Todesstrafe bestraft werden.

"Der Ernst der Lage wird von der Regierung
einfach nicht zur Kenntnis genommen"

Der Ernst der Lage wird von der Regierung einfach nicht zur Kenntnis genommen. Glücklicherweise gibt es viele religiöse Oberhäupter, sowohl Christen als auch Muslime, die versuchen, diese Spannungen zu entschärfen, und wirklich zum Frieden aufrufen und die Menschen auffordern, ihre Meinungsverschiedenheiten gewaltfrei zu lösen. Aber es ist sehr schwierig, diese Botschaft zu vermitteln, wenn es an Sicherheit mangelt und wenn die Regierung und auch die internationalen Regierungen ein Auge zuzudrücken scheinen.

Sie erzählten uns, dass es in Teilen Nigerias den Tod bedeuten kann, Jesus zu folgen.  Ihre Organisation hat geholfen, vier junge nigerianische Christen von Todes- und Gefängnisstrafen zu befreien. Einer dieser Teenager ist Elijah. Was ist seine Geschichte? 

Elijah ist ein 19 Jahre alter Teenager. Er ist zum Christentum konvertiert, aber er stammt aus einer muslimischen Familie aus Nordnigeria. 

Das Gericht verurteilte ihn im Juli 2021 zu einer Haftstrafe, was ein Skandal ist. Christen sollten nicht vor ein Scharia-Gericht gestellt werden. In Nigeria ist es kein Verbrechen, vom Islam zum Christentum oder zu einer anderen Religion zu konvertieren. Die ganze Sache hätte sofort eingestellt werden müssen. Stattdessen verbrachte er die nächsten sechs Monate im Gefängnis. Doch nachdem ein mit ADF International verbündeter Anwalt Elijahs Fall übernehmen konnte, erschienen die Familienmitglieder wiederholt nicht vor Gericht. Im Januar 2022 beantragte Elijahs Anwalt die Abweisung des Verfahrens, was auch geschah. Elijah ist jetzt also frei. 

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Deshalb ist es so wichtig, dass wir diese Menschen rechtlich unterstützen und vertreten, denn sobald die Gegenseite sieht, dass Menschen wie Elijah rechtlichen Beistand haben, dass sie jemanden auf ihrer Seite haben, lassen sie den Fall oft fallen, weil es gar keinen Fall gibt.

"Wir mobilisieren internationale Verbündete und
üben Druck auf lokale und nationale Regierungen aus,
um sicherzustellen, dass Gerechtigkeit geübt wird"

Organisationen wie die Ihre und andere glauben, dass Gerechtigkeit selbst dann noch möglich ist, wenn Regierungsvertreter die Augen vor diesem Problem verschließen.  Ist jedoch Gerechtigkeit nicht nur durch politischen Druck der internationalen Gemeinschaft möglich?    

Wir mobilisieren internationale Verbündete und üben Druck auf lokale und nationale Regierungen aus, um sicherzustellen, dass Gerechtigkeit geübt wird.  Damit im Grunde jeder, der für die Freiheit kämpft, die besten Ressourcen und die beste Chance hat, ungerechte Gesetze zu ändern und diese Gesetze abzuschaffen, die implizit Dinge wie Mobgewalt gegen Christen, Mobgewalt gegen Konvertiten zulassen.

Und genau darum geht es uns. Wir wollen die Menschen zusammenbringen. Wir wollen ein weltweites Bündnis für die Religionsfreiheit und für die Freiheit im Allgemeinen aufbauen. Es ist also absolut wichtig, dass wir im Internationalen Forum vertreten sind. Und es ist wichtig, dass sich die Menschen auf der ganzen Welt für die Religionsfreiheit einsetzen und sich zu diesen Themen äußern, damit ihre eigenen Vertreter wissen, was passiert, und wie wichtig das Thema für sie ist, und damit sie die Christen auf der ganzen Welt unterstützen können, die unter dieser massiven Ungerechtigkeit leiden.

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