Die US-Republikaner haben jüngst auf ihrem Parteitag in Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin den früheren Präsidenten Donald Trump offiziell zu ihrem Präsidentschaftskandidaten gekürt. Auch frühere Konkurrenten wie Nikki Haley oder Ron DeSantis haben sich zusammen mit den anderen Delegierten deutlich zu Trumps Bewegung des „Make America great again“ (MAGA) bekannt.
Der Heidelberger Historiker Manfred Berg sieht die Republikanische Partei derzeit in einem Transformationsprozess „von einer sozialkonservativen und wirtschaftsliberalen Partei in eine nationalistisch-populistische Bewegung mit starker Basis in der Arbeiterklasse und unteren Mittelschicht“. Im ausführlichen Gespräch mit der „Tagespost“ erklärt er, dass Trumps designierter Vizepräsident, J. D. Vance, diesen Prozess verkörpere. Vance, bislang noch Senator aus Ohio, sei „ein Mann des Heartland und des Rust Belt“, die Arbeiter identifizierten sich mit ihm. „Vance ist jemand, der sich aus dem Dreck hochgearbeitet und die Chancen, die Amerika bietet, genutzt hat. Dabei ist er intelligent und eloquent. Das macht ihn ungeheuer attraktiv“, meint Berg.
„Die wollen keine moralischen Ermahnungen hören"
Dabei hege Vance, genauso wie Trump, keine großen Sympathien für die sogenannte religiöse Rechte, deren Unterstützung Trump 2016 noch ins Weiße Haus verholfen hatte. Nachdem er deren Forderungen, konkret die Ernennung konservativer Richter am Obersten Gerichtshof, die dann das umstrittene Grundsatzurteil in der Abtreibungsfrage, „Roe v. Wade“, kippen würden, bereits in seiner ersten Amtszeit erfüllt habe, könne Trump nun andere Akzente setzen. Der Republikaner wisse, die religiöse Rechte wähle „keinen Demokraten, der für Abtreibung und die gleichgeschlechtliche Ehe ist. Trump hat sie in seinem Camp“, so Berg, der seit 2005 Professor für Amerikanische Geschichte an der Universität Heidelberg ist. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung, die Rassenbeziehungen in den USA, Lynchjustiz und Mobgewalt sowie die Geschichte der US-Außenpolitik und die Politikgeschichte der USA.
Das religiöse Lager, so Berg weiter, sei mit Trump hochzufrieden. Deswegen finde eine derartige Verklärung im konservativen religiösen Milieu statt – „eine Verklärung, die durch das überstandene Attentat noch einmal eine neue Dimension erreicht hat“, urteilt Berg. Aus einer Vernunftehe sei relativ schnell eine Liebesheirat geworden.
Wenn Trump die „working class“ erreichen wolle, die das Rückgrat der MAGA-Bewegung bilde, wenn er die „nationalistisch-populistische Bewegung“ weiterführen wolle, „dann ist mit Frömmelei ohnehin nicht so viel zu machen. Das sind Menschen, die kennen die Abgründe des Lebens. Die wollen keine moralischen Ermahnungen hören“, konstatiert Berg. DT/mlu
Lesen Sie in der kommenden Ausgabe der "Tagespost" das ausführliche Gespräch mit Manfred Berg über Bidens Rückzug, das Attentat auf Donald Trump, die fortschreitende Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft und die Frage, wer die Verantwortung für das aufgeheizte politische Klima trägt.