Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Historiker erklärt

Was J. D. Vance für viele Amerikaner attraktiv macht

Donald Trumps designierter Vizepräsident habe die Chancen genutzt, die Amerika bietet, meint der Heidelberger Historiker Manfred Berg. Für die religiöse Rechte hege er aber kaum Sympathien.
Donald Trump und sein designierter Vizepräsident J. D. Vance
Foto: IMAGO/Annabelle Gordon (www.imago-images.de) | Der Historiker Manfred Berg meint: J. D. Vance hege, genauso wie Trump, keine großen Sympathien für die sogenannte religiöse Rechte, deren Unterstützung Trump 2016 noch ins Weiße Haus verholfen hatte.

Die US-Republikaner haben jüngst auf ihrem Parteitag in Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin den früheren Präsidenten Donald Trump offiziell zu ihrem Präsidentschaftskandidaten gekürt. Auch frühere Konkurrenten wie Nikki Haley oder Ron DeSantis haben sich zusammen mit den anderen Delegierten deutlich zu Trumps Bewegung des „Make America great again“ (MAGA) bekannt.

Lesen Sie auch:

Der Heidelberger Historiker Manfred Berg sieht die Republikanische Partei derzeit in einem Transformationsprozess „von einer sozialkonservativen und wirtschaftsliberalen Partei in eine nationalistisch-populistische Bewegung mit starker Basis in der Arbeiterklasse und unteren Mittelschicht“. Im ausführlichen Gespräch mit der „Tagespost“ erklärt er, dass Trumps designierter Vizepräsident, J. D. Vance, diesen Prozess verkörpere. Vance, bislang noch Senator aus Ohio, sei „ein Mann des Heartland und des Rust Belt“, die Arbeiter identifizierten sich mit ihm. „Vance ist jemand, der sich aus dem Dreck hochgearbeitet und die Chancen, die Amerika bietet, genutzt hat. Dabei ist er intelligent und eloquent. Das macht ihn ungeheuer attraktiv“, meint Berg.

„Die wollen keine moralischen Ermahnungen hören"

Dabei hege Vance, genauso wie Trump, keine großen Sympathien für die sogenannte religiöse Rechte, deren Unterstützung Trump 2016 noch ins Weiße Haus verholfen hatte. Nachdem er deren Forderungen, konkret die Ernennung konservativer Richter am Obersten Gerichtshof, die dann das umstrittene Grundsatzurteil in der Abtreibungsfrage, „Roe v. Wade“, kippen würden, bereits in seiner ersten Amtszeit erfüllt habe, könne Trump nun andere Akzente setzen. Der Republikaner wisse, die religiöse Rechte wähle „keinen Demokraten, der für Abtreibung und die gleichgeschlechtliche Ehe ist. Trump hat sie in seinem Camp“, so Berg, der seit 2005 Professor für Amerikanische Geschichte an der Universität Heidelberg ist. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung, die Rassenbeziehungen in den USA, Lynchjustiz und Mobgewalt sowie die Geschichte der US-Außenpolitik und die Politikgeschichte der USA.

Das religiöse Lager, so Berg weiter, sei mit Trump hochzufrieden. Deswegen finde eine derartige Verklärung im konservativen religiösen Milieu statt – „eine Verklärung, die durch das überstandene Attentat noch einmal eine neue Dimension erreicht hat“, urteilt Berg. Aus einer Vernunftehe sei relativ schnell eine Liebesheirat geworden.

Wenn Trump die „working class“ erreichen wolle, die das Rückgrat der MAGA-Bewegung bilde, wenn er die „nationalistisch-populistische Bewegung“ weiterführen wolle, „dann ist mit Frömmelei ohnehin nicht so viel zu machen. Das sind Menschen, die kennen die Abgründe des Lebens. Die wollen keine moralischen Ermahnungen hören“, konstatiert Berg.  DT/mlu

Lesen Sie in der kommenden Ausgabe der "Tagespost" das ausführliche Gespräch mit Manfred Berg über Bidens Rückzug, das Attentat auf Donald Trump, die fortschreitende Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft und die Frage, wer die Verantwortung für das aufgeheizte politische Klima trägt.

Themen & Autoren
Vorabmeldung Donald Trump Nikki Haley Religion Ron DeSantis Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg USA - Außenpolitik

Weitere Artikel

Trump versündigt sich gegen Amerikas Außenpolitik, schreibt der Publizist Ansgar Graw in einem Gastbeitrag. Doch Häme in Richtung USA empfiehlt sich nicht.
29.08.2025, 09 Uhr
Ansgar Graw
Donald Trump hielt den Tyrannen im Kreml zu lange für Seinesgleichen. Das hat die Ukraine mit einem hohen Blutzoll bezahlt. Aber ist nun tatsächlich eine Wende in Sicht?
16.07.2025, 21 Uhr
Stephan Baier
Der langjährige US-Diplomat Todd Huizinga meint: Donald Trump hat die Chance, die Dominanz der Republikaner langfristig zu festigen, wenn er in seinem Auftreten diplomatischer wird.
14.11.2024, 07 Uhr
Maximilian Lutz

Kirche

In Rom hatte Arnold Schwarzenegger seinen großen Auftritt und trifft heute mit Leo XIV. zusammen. Anlass ist eine Klima-Konferenz im Geist von Papst Franziskus.
01.10.2025, 09 Uhr
Guido Horst