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Vereinte Nationen gedenken der Opfer religiöser Gewalt

Die Christenverfolgung weltweit nimmt zu. Staaten sind aufgefordert Verbrechen zu dokumentieren und zu verfolgen. 
Opfer religiös motivierter Gewalt
Foto: Kirche in Not | Gedenken an die Opfer religiös motivierter Gewalt bei einer Veranstaltung von „Kirche in Not“ in Frankreich.

Seit fünf Jahren findet am 22. August der „Internationale Tag zum Gedenken an die Opfer von Gewalttaten aus Gründen der Religion oder der Weltanschauung“ statt. Der Gedenktag wurde von den Vereinten Nationen im Jahr 2019 eingeführt. Eine der Initiatorinnen des Gedenktags ist die polnische Anwältin und Menschenrechtsaktivistin Ewelina Ochab.

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Ochab zieht eine alarmierende Bilanz: „Die Situation hat sich nicht gebessert. Es gibt viele Beispiele religiös motivierter Gewalt: vom Sudan bis zur Demokratischen Republik Kongo, von Nigeria bis Kamerun. Die Liste ist lang.“ Das sagte Ochab dem weltweiten katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN). Auch im Irak verschlechtere sich zehn Jahre nach den Gräueltaten des „Islamischen Staates“ die Lage erneut: „Die Zukunft sieht düster aus.“

Internationaler Aktionsplan gefordert

Die Anwältin sieht die Staatengemeinschaft in der Pflicht: „Der Gedenktag kann aufklären, aber die Staaten müssen mehr tun, um Verfolgung zu verhindern.“ Dazu gehöre, Verbrechen zu dokumentieren und strafrechtlich zu verfolgen. Überlebende weltanschaulicher Gewalt bräuchten mehr Anerkennung und Unterstützung. Ferner gelte es, Frühwarnzeichen zu etablieren und zu erkennen, wenn sich die Menschenrechtslage in einem Land verschlimmert. Die internationale Gemeinschaft müsse sich darauf verständigen, wie sie auf weltanschauliche Gewalt reagiert, forderte Ochab: „In dieser Hinsicht gibt es nur sehr geringe Fortschritte. Wir brauchen einen Aktionsplan mit klaren Zielen und Fristen. Der muss Schritt für Schritt umgesetzt werden, ohne Ausnahme.“

Religionsfreiheit weltweit 2023
Foto: Kirche in Not | Weltkarte aus dem Bericht „Religionsfreiheit weltweit 2023“ von „Kirche in Not“.

Auch die Menschenrechtsorganisation "Open Doors" nimmt den Gedenktag zum Anlass für eine Bestandsaufnahme über den weltweiten Zustand der Religionsfreiheit. Die Bilanz fällt ernüchternd aus: "Die Gewalt gegen Christinnen und Christen hat im vergangenen Jahr wieder zugenommen", hieß es in einem am Montag veröffentlichten Alarmruf der NGO. Laut dem neuen Weltverfolgungsindex von Open Doors verstärkten sich im vergangenen Jahrzehnt die Übergriffe, breiteten sich aber weniger schnell aus. Mit den Ergebnissen des Index 2024 "ändert sich die Lage", hieß es: "Die Wachstumsrate der Verfolgung hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt."

Trauriger Rekord 

Einen traurigen Rekord meldete „Open Doors“ mit der Zahl von 14.766 geschlossenen oder zerstörten Kirchen in einem Jahr. Das ist siebenmal mehr als im Jahr zuvor. Von einer „Explosion der Gewalt“ sprach die Organisation angesichts Eines starken Anstiegs der Zahl der Christen, die körperlich angegriffen oder mit dem Tod bedroht wurden: Laut der NGO 42.849 gegenüber unter 30.000 im Jahr davor. Ebenso habe sich die Zahl der angegriffenen Gebäude von Christen sowie der Zahl jener Christen erhöht, die gezwungen waren, aus ihren Häusern zu fliehen (295.120 gegenüber 139.307 im Vorjahr). Fazit: Mehr als 365 Millionen Christinnen und Christen - weltweit jede und jeder siebte Gläubige - erlebten derzeit in 78 Ländern starke Verfolgung und Diskriminierung.

Mühsamer Prozess

Die Einführung des UN-weiten Gedenktags bezeichnet „Kirche in Not“ in einer Pressemeldung als mühsam.

Ewelina Ochab
Foto: Kirche in Not | Die Anwältin und Menschenrechtsaktivistin Ewelina Ochab. Auf sie geht die Idee zum UN-Gedenktag zurück.

Die Idee dazu hatte die Anwältin Ewelina Ochab nach einer von „Kirche in Not“ organisierten Konferenz in Rom im September 2017. Sie habe daraufhin den Text für die UN-Resolution entworfen und anschließend Staaten gesucht, die sie unterstützen könnten. Damals, so die Anwältin, sei die Erinnerung an die Gräueltaten gegen religiöse Minderheiten im Irak noch sehr präsent gewesen.

„Das Hilfswerk hat mich von Anfang an unterstützt, auch bei der Kontaktaufnahme mit Staaten und Politikern“, so die Menschenrechtsaktivistin. „Kirche in Not“ gibt alle zwei Jahre die Studie „Religionsfreiheit weltweit“ heraus. Diese nimmt die Menschenrechtslage in 196 Staaten in den Blick und dokumentiert Verstöße gegen die Religionsfreiheit. Das Hilfswerk macht sich dafür stark, einen internationalen Aktionsplan auf UN-Ebene zu entwickeln, um gegen religiöse Gewalt vorzugehen. DT/pwi/PM Kirche in Not

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