Noch mehr als sonst gleicht der US-Wahlkampf in diesem Jahr einem kuriosen Schauspiel. Dafür sorgt allen voran Donald Trump: Seine juristischen Streitigkeiten, die alle aus seinem Verhalten nach der Wahlniederlage im November 2020 hervorgehen, dominieren die Berichterstattung.
Am Montag beginnt mit dem Auftakt der republikanischen Vorwahlen im Bundesstaat Iowa das nächste Kapitel des Polit-Theaters. Dass der frühere Präsident Trump dort neben Nikki Haley, Ron DeSantis und einigen aussichtslosen Kandidaten zur Wahl steht, stand nie zur Diskussion. Anders als in den Staaten Colorado und Maine. Diese wollten Trump aufgrund seiner Rolle beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 vom Wahlzettel verbannen.
Trump kann sich genüsslich als Opfer stilisieren
Dabei beriefen sich Trumps Gegner auf eine Klausel im 14. Zusatz der amerikanischen Verfassung aus der Zeit des Bürgerkriegs – ein beispielloses, juristisch zumindest nicht zweifelsfreies Vorgehen. Trump klagte – weshalb nun der Oberste Gerichtshof in Washington entscheiden muss, ob Trump in den beiden Bundesstaaten antreten darf oder nicht.
Unabhängig von einem Urteil, das vermutlich erst Anfang Februar zu erwarten ist, stellt sich die Frage: Ist es tatsächlich klug, Trump vorab die Teilnahme an den Wahlen in einzelnen Staaten zu untersagen? Die klare Antwort: nein, ist es nicht. Einerseits spielen seine Gegner dem umstrittenen Ex-Präsidenten damit nur in die Hände: Trump kann sich einmal mehr als Verfolgter einer Hexenjagd stilisieren. Das dürfte ihm in den 48 Bundesstaaten, in denen er wahrscheinlich zur Wahl antreten darf, nur noch mehr Stimmen einbringen.
Seriöse Alternativen sind gefragt
Zum anderen behebt man nicht die Ursache des Problems Trump, indem man ihn vom demokratischen Prozess ausschließt. Seine destruktive, für Amerika und die Welt äußerst gefährliche Politik wird weiter ihre Anhänger finden. Wenn überhaupt, dann wird man nur mit seriösen, glaubwürdigen politischen Alternativen zu Trump und all den Mini-Trumps, die sich derzeit in der republikanischen Partei tummeln, bei den Wählern punkten.
Dazu gehört in erster Linie, diese mit ihren Sorgen und Nöten ernst zu nehmen und ihnen nicht die politische Mündigkeit abzusprechen. Andernfalls fühlen sich diese bevormundet – und sehen die Opfernarrative bestätigt, die vom Trump-Lager genüsslich verbreitet werden.
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