Der ungarische Botschafter, Peter Györkös, kritisiert die Legalisierung von Cannabis und die Änderungen in der Gesellschafts- und Familienpolitik, die die Ampelparteien laut ihrem vergangene Woche vorgestellten Koalitionsvertrag planen. Der in Berlin ansässige Botschafter fürchtet vor allem die Auswirkungen, die die neuen Beschlüsse in Deutschland auf die EU haben könnten.
Neue kulturelle und verfassungsrechtliche Konflikte?
Viele deutsche Entscheidungen hätten gewollt oder ungewollt Auswirkungen auf die übrige EU, sagte Györkös gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). "Wenn ,Anything goes'-Familienmodelle in einem Mitgliedstaat rechtlich verankert werden, ist das eine interne Angelegenheit. Wenn aber, wie es im Koalitionsvertrag steht, gefordert wird, dass all diese Modelle in allen Mitgliedstaaten mit allen Rechtsfolgen anerkannt werden, ist das ein Auftakt Richtung neuer kultureller und verfassungsrechtlicher Konflikte innerhalb der EU und vieler Mitgliedstaaten", meinte der Botschafter. Er möchte, dass die EU-Mitgliedsstaaten bei gesellschaftspolitischen, sozial- und migrationspolitischen Fragen ihre Souveränität behalten.
Nach Ansicht des ungarischen Botschafters führt die EU „die falschen Debatten. Eine starke EU machen wir nicht mit Regenbogenfarben und erhobenem Zeigefinger, sondern durch konkrete Leistungen bei Sicherheit und internationaler Wettbewerbsfähigkeit".
Politiker anderer Staaten äußerten sich positiv zu dem Koalitionsvertrag. Der österreichische ÖVP-Kanzler Alexander Schallenberg hoffe weiter auf eine gute Zusammenarbeit, vor allem in außenpolitischen Fragen, ließ er mitteilen. Begeisterter zeigte sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Sie nannte das Ampelpapier einen „politischen Aufbruch“. Der grüne Vizekanzler Werner Kogler sprach von einem „positiven Signal in einer schwierigen Zeit“.
"Sehr engagiertes Abkommen zugunsten Europas"
Der französische Europa-Staatssekretär Clément Beaune begrüßte den Koalitionsvertrag als „ein sehr engagiertes Abkommen zugunsten Europas“. Dass der Ton gegenüber China als „systemischem Rivalen“ und auch Russland härter ist und dies unter einer Außenministerin Annalena Baerbock zum Tragen kommen dürfte, entspräche der Linie von Präsident Emmanuel Macron.
Gratulation sandte der italienische Präsident des EU-Parlaments, David Sassoli, via Twitter: Er freue sich darauf mit Olaf Scholz und der Ampelkoalition zusammenzuarbeiten, „um Europa sozialer und nachhaltiger zu machen und die Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen“. DT/esu
Lesen Sie eine ausführliche Analyse des Koalitionsvertrags in der kommenden Ausgabe der Tagespost.