Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Spaniens Nationaler Gerichtshof

Tödliches Attentat auf Küster war Terroranschlag

Ein Marokkaner tötet in Andalusien einen Küster. Forderungen nach konsequenter Umsetzung des Gesetzes werden laut – aber auch Warnungen vor Dämonisierungen.
Nach Machetenangriffen in spanischen Kirchen
Foto: Nono Rico (EUROPA PRESS) | 26.01.2023, Spanien, Algeciras: Blumen und Kerzen liegen an der Stelle, an der am Mittwoch ein Messdiener einer Kirche in Algeciras, Südspanien, getötet wurde.

Der spanische „Nationale Gerichtshof“, der sich insbesondere mit Terrorismus befasst, hat das Attentat auf einen Küster in der spanischen Region Andalusien als Terroranschlag eingestuft. Laut der spanischen Zeitung „La Razón“ betonten die Justizbehörden, dass der mutmaßliche Angreifer nacheinander mehrere Kirchen angegriffen habe. „Alles deutet darauf hin, dass es sich um einen dschihadistischen Anschlag handelt, aber wir müssen die weitere Entwicklung der Ermittlungen abwarten“, zitiert die Zeitung die Quelle aus den Justizbehörden weiter. Der Nationale Gerichtshof werte den Anschlag als „terroristischen Angriff eines Subjekts mit salafistisch-dschihadistischen Beziehungen“.

Pfarrer außer Lebensgefahr

Am Mittwoch verübte ein 26-jähriger Marokkaner mit einer Machete einen Anschlag mit tödlichem Ausgang in zwei Kirchen der südspanischen Stadt Algeciras. In der Kirche San Isidro verletzte er zunächst den Pfarrer, den 74-jährigen Salesianerpater Antonio Rodríguez Lucena, am Hals schwer. Der Pfarrer befindet sich inzwischen außer Lebensgefahr. Der Angreifer verletzte außerdem zwei weitere Personen, die sich ihm entgegenstellten.

Lesen Sie auch:

Anschließend begab sich Yasin Kanza oder Yassine Kanjaa – in der spanischen Presse werden beide Namen verwendet – zur Kirche Unserer Lieben Frau von Palma. Dort tötete er den Küster Diego Valencia, der dabei war, die liturgischen Gegenstände der Heiligen Messe abzuräumen. Der 65-Jährige war verheiratet, hatte zwei Kinder und zwei Enkelkinder. Der Pfarrer der größten Kirche Algeciras’, P. Rubén, berichtet der spanischen Zeitung „ABC“, Valencia sei vor acht Jahren aus einer anderen Pfarrei zu Unserer Lieben Frau von Palma gekommen. Er habe insbesondere die Mutter Gottes vom Berge Karmel sehr verehrt. Valencia war darüber hinaus in der Stadt sehr bekannt, weil er einen Blumenladen betrieb und „die Hälfte der Hochzeiten in Algeciras mit Blumen geschmückt hat“.

2022 von der Polizei festgenommen

In dem vom Richter Joaquín Gadea erlassenen Haftbefehl heißt es: Yassine Kanjaa habe gegen 18.30 Uhr die erste Kirche betreten und eine Auseinandersetzung mit den anwesenden Gläubigen begonnen, wobei er „vehement erklärte, dass die einzige Religion, der man folgen sollte, die islamische Religion sei“. Die Tat, so Gadea, könnte durch die Absicht motiviert gewesen sein, „den öffentlichen Frieden durch die Durchführung von Terrorakten zu stören“. Da „eine terroristische Absicht“ zu erkennen sei, falle der Sachverhalt in die Zuständigkeit des Nationalen Gerichtshofs.

Kanza war 2022 von der Polizei festgenommen. Weil er sich nicht über den erforderlichen Aufenthaltstitel verfügte, wurde eine Ausweisungsverfügung erlassen. Das Verfahren verzögerte sich jedoch, so dass die Ausweisung nie vollzogen wurde.

Auf die von einigen Medien geäußerten Befürchtung, solche „Einzelfälle“ könnten Fremdenfeindlichkeit begünstigen, antwortet Ignacio Camacho in „ABC“: In der Öffentlichkeit bestehe die begründete Befürchtung, dass der fundamentalistische Terror dazu diene, fremdenfeindliche Impulse zu schüren, die seit langem das empfindliche Gleichgewicht der Migrationsströme – das „vielleicht größte strukturelle Problem Europas“ – erschüttern. Der relative Rückgang der Anschläge „könnte jedoch zu einer gefährlichen Lockerung der Alarmbereitschaft führen, die katastrophale Folgen haben könnte“. Und: „Die Existenz einer nicht mehr glaubwürdigen, sondern sicheren und offensichtlichen Bedrohung lässt sich nicht unter den Teppich einer bequemen Mentalität kehren“. Es sei durchaus möglich, „die Spreu vom Weizen zu trennen, ohne in Intoleranz zu verfallen“; dazu sei es ist nur erforderlich, dass „das Gesetz und die für seine Anwendung zuständigen Behörden“ mit der notwendigen Sorgfalt arbeiten. 

Spanische Bischöfe warnen vor Dämonisierung

Der Täter soll ein „einsamer Wolf“ gewesen sein, der selbst in der großen, etwa 20.000 Menschen zählenden muslimischen Commnity in Algeciras völlig unbekannt war. Auch Mohammed el Mkdaddem, der Imam der größten Moschee der Stadt, kannte ihn kaum. Er sei hin und wieder dort gewesen, ohne aufzufallen, zitiert ihn die ebenfalls spanische Zeitung „El Mundo“. Mohammed el Mkdaddem weise entschieden zurück, „dass der Vorfall etwas mit dem Islam zu tun hat“.

Auch der Generalsekretär der spanischen Bischofskonferenz, Weihbischof Francisco César García Magán von Toledo, fordere – so das Online-Portal „InfoCatólica“ – dazu auf, „nicht in den einfachen Diskurs der Dämonisierung einer ganzen Gruppe zu verfallen“. Dies hieße, „den Namen Gottes zu missbrauchen, und das wäre nicht gerecht, so wie es auch nicht gerecht ist, im Namen Gottes zu töten“.  DT/jg

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Meldung Moscheen Pfarrer und Pastoren Terroranschläge

Weitere Artikel

Präsident Erdoğan telefoniert mit dem katholischen Pfarrer, der IS bekennt sich zu dem Anschlag und Papst Franziskus bekundet seine Solidarität mit den Opfern.
29.01.2024, 10 Uhr
Meldung
Der Missionskongress in Brüssel ist seinem Anspruch, ein Zeichen der Hoffnung zu setzen, gerecht geworden. 
08.04.2024, 19 Uhr
Thomas Philipp Reiter
Ausgebeutet, bedroht, kaum abgesichert: Die Arbeitsgruppe gegen Menschenhandel der Deutschen Bischofskonferenz fordert Schutz vor Arbeitsausbeutung von Menschen, die geflüchtet sind und die ...
25.09.2023, 15 Uhr
Annalisa Mancini

Kirche