Erst Luftangriffe, nun die befürchtete Bodenoffensive: Trotz der andauernden Angriffe der israelischen Armee gegen die Hisbollah im Südlibanon harren noch etwa 9.000 Christen in der Grenzregion aus. Das berichtet Schwester Maya El Beaino dem katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN). Viele davon seien erst vor kurzem in ihre Heimat zurückgekehrt, nachdem sie vor den Kämpfen in andere Regionen des Landes, insbesondere in die Hauptstadt Beirut, geflohen seien. „Das Leben dort war zu teuer, und viele Familien konnten die Trennung nicht ertragen. Viele Männer sind ja hiergeblieben“, so El Beaino. Die Bewohner leider alle unter den Folgen der Angriffe. „Es gibt hier kein Krankenhaus in der Nähe“, so El Beaino, „wir haben nur drei Stunden Strom am Tag und kein Wasser.“
Flüchtlinge übernachten in Autos
Nach der Verschärfung des Konflikts zwischen Israel und der Hisbollah sind fast 500.000 Libanesen aus dem Süden in sichere Städte geflohen, berichtet „Vatican News“. Viele Flüchtlinge hätten in Beirut keinen Anknüpfungspunkt gehabt. Viele von ihnen hätten in ihren Autos geschlafen, so Pater Michel Abboud, Präsident der Caritas Libanon dem vatikanischen Nachrichtenportal. Jugendliche Helfer der Caritas versuchten den Flüchtlingen in der überfüllten Stadt zu helfen, indem sie Sandwiches und Wasser verteilten. Auch Schulen und kirchliche Einrichtungen hätten ihre Türen geöffnet. „Es gibt Menschen, die in den Wohnzimmern der Kirchen, in den Pfarreien und bei den Gemeindemitgliedern geschlafen haben“, so Abboud.
Die Kirche bleibe aber auch im Süden Libanons präsent. „Alle Bischöfe sind geblieben, alle Priester sind geblieben, die Zentren der Caritas sind geöffnet“, betont Abboud. Die Klosterschule des Ordens, dem auch El Beaino angehört, bleibt aufgrund der Sicherheitslage geschlossen. Es liegt in Ain Ebel, nur wenige Kilometer von der Grenze zu Israel entfernt; in der Region befinden sich Hochburgen der Hisbollah. „Die Kinder wären hier nicht sicher“, so El Beaino. Umso dankbarer seien die Menschen für die Präsenz von Priester und Ordensschwestern. Auch in der benachbarten Ortschaft Rmeich seien zwei Orden vor Ort, die Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs verteilten.
Wirtschaftskrise verschärft Bedingungen
Die Versorgung von Flüchtlingen, der humanitäre Druck im Libanon sei durch die anhaltende Wirtschaftskrise des Landes katastrophal, so Vincent Gélot, Koordinator des „Œuvre d'Orient für den Libanon“. Er erinnert gegenüber „Vatican News“ daran, dass der Libanon „seit nunmehr zwei Jahren keinen Präsidenten hat und eine beispiellose Wirtschaftskrise mit einem Zusammenbruch der Bildungsstrukturen durchlebt“. Gélot berichtet über menschliche Dramen, wie zum Beispiel von einem Flüchtling, der für die Armee arbeitet und für sein einjähriges Kind Milchpulver kaufen muss, das sein ganzes Gehalt koste. 2006, während dem letzten offenen Krieg zwischen Israel und der Hisbollah, seien Libanesen in der Lage gewesen, Flüchtlinge aufzunehmen und wirtschaftlich zu helfen. Das gehe jetzt nicht mehr. DT/sdu
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