Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Sasses Woche in Berlin

Spricht die Politik noch unsere Sprache?

Unverständlichkeit allerorten: Der Bundespräsident redet bei Ordensverleihungen an Biden und Stoltenberg Englisch.
Joe Biden und Frank-Walter Steinmeier beim Empfang des amerikanischen Präsidenten mit militärischen Ehren
Foto: IMAGO/Ulrich Stamm (www.imago-images.de) | Im Schloss Bellevue bekamen erst US-Präsident Joe Biden und dann etwas später der ausgeschiedene NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg das Bundesverdienstkreuz in Sonderstufen verliehen.

Wer spricht, kriegt Licht. So lautet die Grundregel der politischen Kommunikation. Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden, sagt der Volksmund. Nur redende Politiker werden gehört, zitiert und schaffen es in Schlagzeilen, das gehört zum kleinen Abgeordneten-Einmaleins. Also kein Wunder, dass der Geräusch-Pegel der Berliner Republik so hoch ist. Aber: Dass viele gleichzeitig reden ist die eine Sache, doch wer hört eigentlich noch was? Oder: An wen richten sich die Politiker eigentlich mit ihren ständigen Statements?

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Sage mir, von wem du gehört werden willst und ich sage dir, wie du politisch tickst. Ein Blick ins Schloss Bellevue: Dort bekamen erst US-Präsident Joe Biden und dann etwas später der ausgeschiedene NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg das Bundesverdienstkreuz in Sonderstufen verliehen. Alles richtig, denn es ist wichtig, sowohl die Bedeutung des Sicherheits- und Wertebündnisses wie der transatlantischen Freundschaft hervorzuheben.

Das deutsche Volk spricht Deutsch

Nur: Warum spricht das deutsche Staatsoberhaupt bei beiden Verleihungen Englisch in seiner Rede? Das war wohl als freundliche Geste gegenüber dem Amerikaner und dem Norweger gedacht. Aber die Zwei wurden ja für ihre Verdienste um Deutschland ausgezeichnet. Und der Bundespräsident sprach hier auch nicht als der altvertraute Kollege, der zwei anderen alten Fahrensmännern freundliche Worte auf dem Weg in den Ruhestand mitgibt, sondern als deutsches Staatsoberhaupt, also im Namen des deutschen Volkes. Und das deutsche Volk spricht Deutsch. 

Sasses Woche in Berlin
Foto: privat / dpa/Montage pwi | Woche für Woche berichtet unser Berlinkorrespondent in seiner Kolumne über aktuelles aus der Bundeshauptstadt.

Der Bundespräsident äußert sich aber nicht nur als höchster deutscher Vertreter, jedes Wort von ihm als Staatsoberhaupt ist automatisch auch immer an die ganze deutsche Öffentlichkeit adressiert. Und die hat ein Recht darauf, in ihrer Sprache angesprochen zu werden. So stellt sich die Frage, wer sollte nach Steinmeiers Willen seine Rede denn überhaupt hören? Wirklich die Öffentlichkeit? Oder nur die Runde von alten Haudegen des internationalen Politikgeschäftes, die dort vor Ort versammelt war? 

Dem Gerede von den bösen globalistischen Eliten entgegenwirken

In der aktuellen Krisenlage ist es wichtig, dass Deutschland seine internationalen Partnerschaften pflegt – siehe oben. Vor allem, um dem Gerede von den bösen globalistischen Eliten entgegenzuwirken. Mit solchen protokollarischen Fehlgriffen gibt man aber leider genau solchen Verschwörungstheoretikern Aufwind. Gegen solchen Populismus hilft nur echte Volkstümlichkeit. Und zu der gehört, in der Sprache des Volkes zum Volk zu sprechen. 

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – ist das eine Konsequenz? Um es im Lindner-Soziolekt auszudrücken (der Slang einer Population, die ihr Habitat zwischen Reichstag und Ministerien gefunden hat): Es ist besser nicht zum Volk zu sprechen, als falsch zu ihm zu sprechen. Denn: Schweigen erzeugt nur Leere. Das falsche Wort aber zieht Ärger und Wut nach sich. Gut, dass wir mal drüber gesprochen haben.     

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