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Rote Karte

Die Arbeitswelt wird immer totalitärer: Was davon zu halten ist, dass Amazon künftig abtreibungswillige Mitarbeiterinnen finanziell unterstützen will.
Amazon
Foto: IMAGO/Felix Schlikis (www.imago-images.de) | Rote Karte für den Onlinehändler Amazon, der sich an der Finanzierung vorgeburtlichen Kindstötungen seiner Mitarbeiterinnen beteiligen will.

Der Online-Versandhändler Amazon greift Mitarbeiterinnen, wenn diese ein Kind abtreiben lassen wollen und dafür Reisen von mehr als 160 Kilometer zurücklegen müssen, mit bis zu 4.000 US-Dollar unter die Arme. Das verrät nicht nur wenig Erfreuliches über die Lohn- und Gehaltspolitik des Branchenriesen. Es zeigt auch, dass der Gigant im wahrsten Sinne des Wortes bereit ist, über Leichen zu gehen.

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Ethisch abzulehnende „Sozialleistungen“

Dass Konzerne ethisch abzulehnende Praktiken als „Sozialleistungen“ verkaufen, ist nicht neu. Vor einigen Jahren sorgten die IT-Konzerne „Facebook“ und „Apple“ für Schlagzeilen mit der Nachricht, Angestellte mit bis zu 20.000 US-Dollar unterstützen zu wollen, die ihre Eizellen einfrieren lassen wollen. Bei dem sogenannten „Social Freezing“ handelt es sich um eine Variante der Kryokonservierung, für die es, anders als zum Beispiel bei einer Krebsbehandlung, keine medizinische Indikation gibt. Kritiker dieser neuen Form von Life-Style-Medizin fürchten, dass das Social Freezing dazu führe, dass die Gründung von Familien noch stärker als bisher ökonomischen Aspekten untergeordnet wird.

Aus rein betriebswirtschaftlicher Perspektive sind Frauen, die sich für Familie und Kinder entscheiden, ein relevanter Kostenfaktor. Sie haben einen gesetzlichen Anspruch auf Mutterschutz, steigen mitunter ganz aus und arbeiten auch nach dem Wiedereinstieg oft nur in Teilzeit. Das in sie investierte Kapital, rentiert sich daher unter Umständen weniger als erhofft und auch das von ihnen angehäufte Wissen und ihre Expertise lässt sich bisweilen nicht restlos abschöpfen.

Isolierte betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise

Und doch ist der rein betriebswirtschaftliche Blick auf Familien und Mitarbeiterinnen mit Kindern nicht nur asozial, sondern auch dumm und alles andere als „nachhaltig“. Denn wo, wenn nicht in Familien, wachsen die Mitarbeiter und Angestellten, die Kunden und Konsumenten von morgen heran?

Sich an der Finanzierung vorgeburtliche Kindstötungen zu beteiligen oder Mitarbeiterinnen dabei zu unterstützen, die Gründung von Familien hinauszuschieben, mag rein betriebswirtschaftlich gedacht Sinn machen. Eine derart isolierte Betrachtungsweise ist jedoch unbarmherzig und unmenschlich. Der Staat mag dagegen machtlos sein. Kunden und Konsumenten sind es nicht. Sie können eine solche „Sozialpolitik“ bei ihren Kaufentscheidungen berücksichtigen und Unternehmen, die derart totalitär auf Mitarbeiterinnen zugreifen, die Rote Karte zeigen.

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