„Ganz bestimmt nicht schuldig“ – darauf plädierte der ehemalige US-Präsident Donald Trump am Dienstag im Gerichtssaal in Miami, nachdem er dem Haftrichter vorgeführt worden war. Die Worte sprach er jedoch nicht selbst, dies übernahm Trumps neuer Anwalt Todd Blanche. Dafür wurde Trump auf seinem Netzwerk „Truth Social“ und bei seinem anschließenden Auftritt in seinem Golfclub in New Jersey umso deutlicher: Er wetterte gegen eine korrupte, politisierte Justiz, gegen Kommunisten und Marxisten in der Regierung Joe Bidens und klagte, dieser wollte die amerikanische Demokratie zerstören.
Ein Risiko für die nationale Sicherheit der USA
Diese Tatsachenverdrehung ist typisch für das Agieren des Ex-Präsidenten, der heute seinen 77. Geburtstag feiert. Es bedurfte keines weiteren Arguments, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass Donald Trump nicht noch einmal Präsident der USA werden darf. Wer bislang aber noch immer der Ansicht war, unterm Strich habe der ehemalige Amtsinhaber einen ganz passablen Job gemacht, ja sogar einen historischen Sieg für den Lebensschutz ermöglicht, der sollte die 49-seitige Anklageschrift gegen den Republikaner in der Affäre um geheime Regierungsdokumente lesen.
Dann muss man nämlich zu dem Schluss kommen: Trump ist nicht nur eine Gefahr für die innere Stabilität des Landes, er ist auch ein Risiko für die nationale Sicherheit der USA. Die Vorwürfe offenbaren ein eklatantes Fehlverhalten und zeigen abermals, dass Trump meint, über dem Gesetz zu stehen: Er soll mehr als 100 geheime Akten aus dem Weißen Haus in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida gelagert und die Ermittlungen wissentlich behindert haben. Einige Dokumente, die unter höchster Geheimhaltungsstufe standen, soll er Personen gezeigt haben, die nicht die dafür nötige Sicherheitsfreigabe besaßen.
Sollten die Vorwürfe, die der Sonderermittler Jack Smith erhebt, zutreffen – und dafür spricht vieles – würde dies nach gängiger Logik das Ende einer jeden politischen Karriere bedeuten. Aber die gängige Logik greift im Falle Trumps nicht. Stattdessen wird er weiter eisern seine Verteidigungshaltung wahren, von der größten Hexenjagd aller Zeiten sprechen – und ganz nebenbei die Republikanische Partei, die für ihn stets nur Mittel zum Zweck des Machtgewinns war, dem Abgrund ein weiteres Stück näherbringen.
Wahlkampf hinter Gittern?
Es ist unwahrscheinlich, dass das Verfahren abgeschlossen sein wird, bevor die heiße Phase des Vorwahlkampfs anläuft. Und ohnehin: Selbst aus dem Gefängnis heraus dürfte Trump Wahlkampf betreiben, theoretisch im Falle eines Wahlsiegs sogar hinter Gittern die Amtsgeschäfte führen. Falls es so weit kommt.
Ob es so weit kommt, haben die Republikaner in der Hand: Anders als 2020 gibt es diesmal Alternativen. Gleich eine ganze Reihe. Womöglich zu viele, was Trump in die Karten spielt. Der aussichtsreichste Verfolger ist Floridas Gouverneur Ron DeSantis, geringere Chancen hat vielleicht auch noch Trumps Ex-Vizepräsident Mike Pence. Beide profitierten sie einst von Trump, nun haben sie mit den Dämonen dieser Vergangenheit zu kämpfen – und am Ende mit Trump höchstpersönlich.
Der kann nur gestürzt werden, wenn sich die Sympathisanten der Republikanischen Partei schnell und geschlossen hinter einem anderen Kandidaten versammeln. Die Frage ist: Wie groß ist der Toleranzspielraum der republikanischen Wählerschaft und der führenden Amtsträger in der Partei? Halten sie auch zu einem verurteilten Straftäter Trump? Spielen die Geldgeber dann noch mit, auf die auch Trump angewiesen ist? Zum jetzigen Zeitpunkt steht nur fest: Es dreht sich einmal mehr alles um Donald Trump. Und davon hat stets nur einer profitiert.
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