Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Nach Papst-Interview

Nicaragua setzt diplomatische Beziehungen zum Vatikan aus

Die Angriffe des Ortega-Regimes gegen die katholische Kirche erreichen einen weiteren Höhepunkt. Zuvor mussten Caritas und katholische Universitäten schließen.
Daniel Ortega, Präsident Nicaraguas
Foto: Alfredo Zuniga (AP) | Das Ortega-Regime hat nach UN-Angaben in den letzten Jahren mehr als 3.100 Organisationen der Zivilgesellschaft verboten. Es verfolgt insbesondere auch die katholische Kirche.

Nicaragua hat die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan ausgesetzt. Die im Exil online erscheinende nicaraguanische Zeitung „La Prensa“ gibt ein Kommuniqué des Außenministeriums Nicaraguas wieder: Es sei eine Falschinformation, dass es zu einem „Abbruch“ der diplomatischen Beziehungen gekommen sei. Das Außenministerium habe aber zugegeben, dass die Beziehungen „ausgesetzt“ seien.

Die nicaraguanische Nachrichtenplattform „El Confidencial“ berichtet, „diplomatische Quellen in Rom“ hätten der Plattform bestätigt, dass die Vertreterin der sandinistischen Regierung beim Heiligen Stuhl im Staatssekretariat des Vatikans in Rom „mündlich den Abbruch der Beziehungen mitgeteilt“ habe. Nicaragua hat seit September 2021 keinen Botschafter beim Apostolischen Stuhl mehr. Die Repräsentantin der Regierung Nicaraguas ist Ministerialrätin Yara Suhyén Pérez Calero.

Einseitige Entscheidung

Laut dem Portal „Vaticannews“ handelt es sich um eine einseitige Entscheidung: „Die nicaraguanische Regierung hat den Heiligen Stuhl gebeten, seine entsprechenden diplomatischen Vertretungen zu schließen“. Dies bedeute allerdings nicht „einen Abbruch der Beziehungen, wie einige Medien verkündet hatten.“ Die Vertretung des Heiligen Stuhls in Nicaragua wurde vom Sekretär der Nuntiatur Prälat Mbaye Diouf geleitet, nachdem im März 2022 der apostolischen Nuntius, Bischof Waldemar Stanislaw Sommertag, ausgewiesen wurde. Mbaye Diouf wurde offenbar eine Woche Zeit eingeräumt, um das Land zu verlassen.

Lesen Sie auch:

Das Regime von Präsident Daniel Ortega und dessen Frau und Vizepräsidentin Rosario Murillo reagiert offensichtlich damit auf ein am 10. März erschienenes Interview von Papst Franziskus mit der argentinischen Online-Plattform „Infobae“, in dem dieser das Ortega-Regime heftig kritisiert hatte: „Bei allem Respekt kann ich nur sagen, dass der Verantwortliche [Daniel Ortega] unausgeglichen ist“. Der Papst erinnerte daran, dass Bischof Rolando Álvarez von Matagalpa kürzlich zu 26 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war: „Wir haben hier einen Bischof im Gefängnis, einen sehr ernsthaften, sehr fähigen Mann. Er wollte sein Zeugnis ablegen und hat die Verbannung nicht akzeptiert. Das ist etwas, das nicht zu dem passt, was wir erleben, das ist so, als ob man die kommunistische Diktatur von 1917 oder die Hitler-Diktatur von 1935 [sic!] hierher bringen würde ... Es handelt sich um eine Art von grober Diktatur. Oder, um einen argentinischen Ausdruck zu gebrauchen, um ‚Guarangas’ (‚unhöflich’, ‚unflätig’).“

Die Bemühungen des Erzbischofs von Managua, Kardinal Leopoldo Brenes, der sich laut „Infobae“ am 11. März zuversichtlich gezeigt hatte, „dass der Dialog dazu beitragen wird, die Probleme des Landes zu lösen, so wie er es in der Vergangenheit getan hat“, fruchteten demnach nicht.

Oppositionelle Bewegung blutig niedergeschlagen

Das Ortega-Murillo-Regime hat, seit es im Sommer 2018 eine oppositionelle Bewegung blutig niedergeschlagen hatte, nach UN-Angaben mehr als 3.100 Organisationen der Zivilgesellschaft verboten. Es verfolgt insbesondere auch die Katholische Kirche: Der Repressionsapparat des Regimes hat katholische Radiosender geschlossen, Kirchen entweiht, Schwestern des Ordens der Missionarinnen der Nächstenliebe ausgewiesen, Prozessionen verboten, Bischof Álvarez inhaftiert und verurteilt, acht Priester verbannt und für „staatenlos“ erklärt.

Zuletzt hat die nicaraguanische Regierung das katholische Hilfswerk Caritas und zwei katholische Universitäten schließen lassen. Den Einrichtungen sei die rechtliche Grundlage entzogen worden, weil sie gegen das Gesetz verstoßen hätten, erklärte das Innenministerium am 7. März im amtlichen Mitteilungsblatt „La Gaceta“. Sie hätten unter anderem keine Angaben über ihre finanzielle Situation und ihre Leitung gemacht. Die Immobilien sowie der weitere Besitz der Einrichtungen würden beschlagnahmt. Betroffen sind die Caritas Nicaragua, die Caritas-Einrichtung der Diözese Jinotega, die Universität Johannes Paul II und die Christliche Autonome Universität von Nicaragua (UCAN). Beide Hochschulen haben Einrichtungen in den großen Städten des Landes. Damit wurden seit 2021 insgesamt 19 Universitäten geschlossen. Das Innenministerium ordnete an, dass sämtliche Informationen über Studenten, Lehrkräfte, akademische Laufbahnen und Registrierungen an den staatlichen Nationalen Universitätsrat übergeben werden müssen.

Inzwischen hat sich das „Interamerikanische Rechtshilfezentrum für Menschenrechte Calidh“ wegen des Verschwindens von Bischof Rolando Álvarez an die Interamerikanische Menschenrechtskommission gewandt: „Wo ist Bischof Álvarez? Der nicaraguanische Staat hat ihn entführt und er wird vermisst. Geben Sie ein Lebenszeichen von ihm“, fordert das Rechtshilfezentrum in seiner Kampagne für die Freilassung des Bischofs die nicaraguanische Regierung auf.  DT/jg

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Meldung Caritas Daniel Ortega Erzbischöfe Johannes Paul II. Kardinäle Katholische Kirche Papst Franziskus Päpste Päpstlicher Botschafter

Weitere Artikel

Kirche

Vom Einsiedler zum Kardinal in diplomatischem Auftrag: der selige Kartäuser war ein Mann vieler Talente.
10.05.2024, 09 Uhr
Claudia Kock