Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Empfehlungen stoßen auf Ablehnung

Kommissionsbericht zu §218: „Blamabel“, „ideologiegetrieben“, „lebensfremd“

Die Kritik an den Kommissionsvorschlägen zur Neuregelung des Paragrafen 218 StGB reißt nicht ab.
Übergabe des Abschlussbericht Reproduktive Selbstbestimmung durch Mitglieder der Kommission
Foto: IMAGO/Christian-Ditsch.de (www.imago-images.de) | Der Moment der Übergabe: Die Kommissionsmitglieder Liane Woerner, Frauke Brosius-Gersdorf und Friederike Wapler (v.l.n.r.) überreichen ihren Bericht den Ministern Karl Lauterbach (SPD), Marco Buschmann (FDP) und Lisa ...

Auch nach Übergabe des Abschlussberichts der von der Bundesregierung eingesetzten „Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ Anfang der Woche in Berlin, reißt die Kritik an den Empfehlungen des Expertengremiums nicht ab. Schon in der Woche zuvor hatten sich Vertreter aus Politik, Kirche und Gesellschaft irritiert bis ablehnend zu einem Bericht des Magazins „Der Spiegel“ geäußert, der mit Zitaten aus dem 625 Seiten umfassenden Bericht aufwartete.

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„Wenn unser Staat sagt, dass das Beenden menschlichen Lebens kein grundsätzliches Unrecht mehr ist, dann kommt das einem Dammbruch unseres Werteverständnisses gleich“, erklärte am Montag die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär. Den Ampelparteien warf die CSU-Politikerin vor, „den längst befriedeten Kulturkampf ohne Not“ wieder aufzubohren und „eine gefährliche Spaltung“ des Landes zu riskieren. Abtreibungen seien in den ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft längst straffrei möglich. „Sich beraten zu lassen und drei Tage abzuwarten, ist zum Schutz des Ungeborenen aus unserer Sicht nicht zu viel verlangt.“

Leben des Ungeborenen verfassungsrechtlich geschützt

Das Leben des Ungeborenen sei verfassungsrechtlich geschützt. „Deshalb sprechen wir uns klar gegen die Streichung von §218 aus dem Strafgesetzbuch aus, erkennen aber an, dass Defizite im medizinischen Angebot für Schwangerschaftsabbrüche verbessert werden sollten, sofern diese bestehen.“ Mit einer Legalisierung nähme der Staat sich „die Möglichkeit, den Schutz des werdenden Lebens im Rahmen der Beratungspflicht zur Sprache zu bringen.“

Kein gutes Haar an dem Bericht, ließ der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings. „Der Vorschlag der Kommission“ sei schon aufgrund ihrer höchst einseitigen Zusammensetzung „so erwartbar“ wie „inakzeptabel“. Weder kriminalpolitische noch verfassungsrechtliche Gründe sprächen für eine derartige Reform. Frauen und Ärzte würden durch das geltende Recht nicht kriminalisiert. „Seit 2010 ist nur eine einzige Schwangere im Jahr 2016 gemäß § 218 StGB rechtskräftig verurteilt worden. Frauen, die ungewollt schwanger geworden sind, wäre mit einer solchen Regelung nicht geholfen“, so Krings weiter.

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Stattdessen würde „die grundrechtliche Verpflichtung des Staates missachtet, auch das ungeborene menschliche Leben zu schützen“. Der CDU-Politiker nannte es „blamabel“, wie wenig sich die Mitglieder der Kommission „mit der sehr klaren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ auseinandergesetzt hätten. Angesichts der Bedeutung der Grundrechtsgüter, die es abzuwägen gelte, „hätte man zumindest eine seriöse, verfassungsrechtliche Analyse verlangen können“. Gerade in verfassungsrechtlicher und rechtspolitischer Hinsicht sei der Bericht jedoch „ein einziges Armutszeugnis. Wir können die Ampel nur davor warnen, hier einen weiteren Eingriff in unsere Rechtsordnung aus ideologischen Gründen durchzusetzen“, so Krings.

Scharf: „Ideologiegetriebene Bundesregierung“

Zuvor hatte schon Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf (CSU) erklärt: „Ich stehe zum Schutz von Mutter und Kind und habe hier eine ganz klare Position. Ein Schwangerschaftsabbruch beendet Leben. Schwangere Frauen, die mit dem Gedanken ringen, eine Abtreibung vorzunehmen, befinden sich in einer außerordentlich schwierigen Situation und benötigen bestmögliche Hilfe und eine ergebnisoffene Beratung.“ Das scheine „für die ideologiegetriebene Bundesregierung“ jedoch „keine Rolle zu spielen“.

Scharf: „Meine schlimmsten Befürchtungen werden nun Realität. Ohne Not will die Bundesregierung nach dem Werbeverbot den nächsten Pfeiler eines sorgsam austarierten Kompromisses zur Selbstbestimmung der Frau und zum Schutz des ungeborenen Lebens einreißen, der seit Jahrzehnten gut funktioniert und für gesellschaftlichen Frieden sorgt.“ Politik dürfe nicht „Trends oder einem vermeintlichen Zeitgeist nachlaufen“, sondern müsse „Orientierung und Halt“ geben. Die CSU-Ministerin wiederholte ihre Ankündigung vom Januar 2023, „ein mögliches neues Gesetz und die Straffreiheit einer Abtreibung durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen.“

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