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Kommentar: Viel Lärm um nichts

Darauf hatten viele gewartet: Die Rede von Friedrich Merz beim CDU-Parteitag. Sie war wie immer: Pointiert, aber folgenlos.
CDU-Bundesparteitag in Leipzig
Foto: Kay Nietfeld (dpa) | Ein Küsschen für die Delegierten. Nett ist sie ja, diese Annegret Kramp-Karrenbauer. Nett ist aber kein Kriterium der politischen Führung.
Um 14.30 Uhr war es dann endlich so weit: Der lang ersehnte Auftritt von Friedrich Merz beim CDU-Parteitag. Eines scheint jetzt klar zu sein: Kanzler wird er nicht. Denn er will es offenbar auch gar nicht. Klar, rhetorisch geschliffen war seine Rede. Und auch durchaus in vielen Punkt pointiert. Nicht zuletzt auch deshalb, weil nach der endlos scheinenden Ansprache der Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer, die gerade gegen Schluss nur von Phrase zu Phrase hinmäanderte, es wirklich nicht schwierig war, das schläfrig gewordene Publikum aufzurütteln.

Aufgewärmte Hitze, alles schon mal gehört

Merz setzte auch durchaus inhaltliche Akzente: Er forderte eine bessere Kommunikation und erinnerte an seinen alten Bierdeckel-Vorschlag zur Steurreform. Und er forderte, was sollte man auch erwarten, wieder mehr Treue zu den ordnungspolitischen Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft. Kurz, alles altbekannt. Die Rede wirkte zwar hitzig, aber es war eine aufgewärmte Hitze. Alles schon mal gehört. Zuletzt beim Deutschlandtag der Jungen Union.

 
CDU-Bundesparteitag: Friedrich Merz
Foto: Kay Nietfeld (dpa) | Auf in den Kampf: Klar, rhetorisch geschliffen war die Rede von Friedrich Merz. Und auch durchaus in vielen Punkt pointiert. Aber eine Bewerbung um die Kanzlerkandidatur war es nicht.

Und nun? Manche hatten bis vor kurzem noch die Hoffnung, Merz wolle es tatsächlich: Kanzlerkandidat werden. Vielleicht will er es auch. Aber Merz fehlt genau das, was er in seiner Rede seiner Partei abverlangte: der Mut zur klaren Entscheidung. Seine Kritik garnierte er nämlich mit zahlreichen Verbeugungen gegenüber der AKK, aber auch der Kanzlerin. Gewiss, Loyalität ist auch eine konservative Tugend. Und dieser versöhnliche Ton hat Merz bei manchen Delegierten bestimmt Sympathie-Punkte gebracht. Nur, die Kanzlerkandidatur erobert man so nicht. Man kann nicht, erst drei Wochen ist es her, drastisch über die eigene Regierung schimpfen - Merz hatte ja durchaus überzeugende Argumente. Aber dann, wenn es konkret wird, ins verbindlich Unverbindliche ausweichen.

So erobert AKK die Kanzlerkandidatur nicht

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Was dieser Parteitag aber auch zeigt: AKK wird es auch nicht. Man klatscht für sie, weil man sie mag. Weil sie nett ist. Nett ist aber keine Kriterium der politischen Führung. Wer dann? Eine halbe Stunde nach Merz geht Armin Laschet in die Bütt. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident sagt etwas, was den Arbeitnehmerausschüssen gefällt, genauso wie er kompetent über die Zukunft des Indstriestandortes spricht. Er wirkt glaubhaft, wenn er die Liberalität der deutschen Zivilgesellschaft beschwört, so wie er stolz die Erfolge seiner Regierung in der Inneren Sicherheit im Kampf gegen die libanesischen Clans aufführt.

Laschet ist der fleischgewordene Kompromiss, man könnte auch sagen: die fleischgewordene Union. Das alles trägt er ruhig und gelassen vor. Laschet macht keinen Lärm. Im Moment sieht es so aus, als ob es für ihn ausreichend ist, abzuwarten. Irgendwann führt an ihm kein Weg vorbei.
 
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