Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Gebet vor Abtreibungskliniken und Beratungsstellen

Gebetsfreie Zonen mit Grundgesetz unvereinbar

Rechtsanwalt Böllmann verweist in Diskussion um Zensurzonen um abtreibungsbezogene Einrichtungen auf den Schutz der Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit.
„40 Tage für das Leben“-Gruppe in Pforzheim
Foto: ADF International | Pavica Vojnovic und die von ihr geleitete „40 Tage für das Leben“-Gruppe in Pforzheim : Stilles Gebet in der Nähe der örtlichen Abtreibungsberatungsstelle von Pro Familia.

Die Kriminalisierung von Gebeten sei grundrechtswidrig, so Felix Böllmann, Menschenrechtsexperte und Anwalt bei der juristischen Menschenrechtsorganisation ADF International. „Bundesministerin Lisa Paus hat wiederholt angekündigt, bestimmten Versammlungen in der Nähe von abtreibungsbezogenen Einrichtungen ‚gesetzliche Maßnahmen‘ entgegenzusetzen“, so Böllmann. Dabei seien „Belästigungen“ sowieso rechtlich bereits verboten und je nach Intensität sogar strafbar. Unzulässig seien „beispielsweise die Blockade von Eingängen oder die Ausübung von Druck, z.B. durch Geschrei.“

Lesen Sie auch:

Bestätigung durch Oberlandesgerichte

Die Grundrechtslage auf Seite der Beter sei jedoch eindeutig: „Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit seien elementarste Grundrechte“. Deswegen seien „pauschale Zensurzonen und Bannmeilen grundrechtswidrig und mit dem Grundgesetz unvereinbar.“ Dies sei auch durch Urteile der Oberlandesgerichte der letzten Jahre bestätigt worden. 
Ein Beispiel sei der Fall von Pavica Vojnovic, die mit der von ihr geleiteten „40 Tage für das Leben“-Gruppe Pforzheim in der Nähe der örtlichen Abtreibungsberatungsstelle von Pro Familia still gebetet hatte und von der Stadt Pforzheim an einen abgelegenen Platz jenseits Hör- und Sichtweite verbannt worden war. Gegen den Platzverweis hatte Pavica Vojnovic daraufhin vor Gericht geklagt und Recht bekommen: Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim betonte im August 2022 die „besondere Bedeutung“ der „geschützten Versammlungsfreiheit“, „die als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe auch und vor allem andersdenkenden Minderheiten“ zugutekomme und „für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend“ sei. Sie umfasse auch „das Selbstbestimmungsrecht über die Durchführung der Versammlung als Aufzug, die Auswahl des Ortes und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten der Versammlung“. 

Großbritannien: Form von Christenverfolgung

Auch Gerichte in Kassel und Frankfurt hätten in letzter Zeit ähnlich Urteile getroffen und die Rechte von betroffenen Betern geschützt. Böllmann erklärt: „Egal wo man in der Diskussion über das Lebensrecht ungeborener Kinder steht, wir sollten uns einig sein über den Schutz für Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit. Zensurzonen, Gebetsverbote und die Verbannung von Hilfsangeboten haben in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat keinen Platz.“
Der Anwalt von ADF International warnt davor, sich Großbritannien anzugleichen. In den letzten Monaten seien dort mehrere friedlich betende Menschen aufgrund von lokalen Zensurzonen festgenommen worden. „Die Einschränkungen stellen eine spezifische Form der Christenverfolgung dar, denn die lokalen Gesetze verbieten unter anderem das Lesen der Bibel oder das Kreuzzeichen.“ DT/sha

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Meldung ADF International Demokratie Lebensschutz Religionsfreiheit Versammlungsfreiheit

Weitere Artikel

Was für verfolgte Christen politisch zu tun ist: Ein Interview mit dem ehemaligen Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestags-fraktion Volker Kauder.
20.01.2023, 17 Uhr
Carl-Heinz Pierk
Gebete auf öffentlicher Straße können in Großbritannien verboten werden - wie jüngst geschehen. Auch in Deutschland drohen solche Szenarien, meint Ludwig Brühl von ADF International.
05.02.2023, 13 Uhr
Ludwig Brühl

Kirche

Franziskus wird am Nachmittag unter Vollnarkose die Bauchhöhle geöffnet. Danach muss der Papst mehrere Tage in der Klinik bleiben.
07.06.2023, 10 Uhr
Meldung
Zeichen, an dem sich die Geister scheiden: Der Dogmatiker Jan-Heiner Tück arbeitet in einem Essay-Band verschiedene Perspektiven auf das Kreuz heraus.
07.06.2023, 07 Uhr
Stefan Hartmann
„Vereint mit allen Engeln“. In der 61. Folge des Katechismuspodcast erklärt Theologe Andreas Wollbold die Gegenwart der Engel in der Kirche.
07.06.2023, 14 Uhr
Meldung
Rom sorgt für erstaunliche Meldungen. Die jüngste betrifft die Versetzung des ehemaligen Papstsekretärs als „Privatmann“ nach Freiburg.
04.06.2023, 11 Uhr
Guido Horst
Die ZdK-Vorsitzende sorgt sich um die Zukunft der deutschen Kirchenreform. Doch „wortbrüchig“ sind nicht die Bischöfe, sondern diejenigen, die ihre Vollmacht nun nicht mehr anerkennen wollen.
02.06.2023, 11 Uhr
Jakob Ranke