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Die Wahl der Qual: Biden oder Trump?

Nach dem „Super Tuesday“ geht der Blick in Richtung November. Wer die Präsidentschaftswahlen gewinnt, ist völlig offen. Die Europäer können aber schon jetzt die Weichen stellen.
2024 wird es zur Neuauflage des Duells "Biden vs. Trump" kommen
Foto: IMAGO/xdomenicofornasx (www.imago-images.de) | Die Mehrheit der US-Bürger, so zeigen Umfragen, wird keinen großen Gefallen finden an der Wiederauflage „Biden vs. Trump“.

Wer noch immer den leisesten Zweifel daran hatte, dass Donald Trump abermals für die Republikaner ins Rennen um die US-Präsidentschaft gehen würde, dem dürfte nach dem „Super Tuesday“ endgültig klar sein: Im November 2024 wird es eine Neuauflage des Rennens zwischen Joe Biden, dem amtierenden Präsidenten, und Trump, seinem Amtsvorgänger, geben. Trump gewann am Dienstagabend die Vorwahlen in mindestens zwölf Bundesstaaten, seine einzige Konkurrentin Nikki Haley siegte nur in Vermont. Inzwischen ist sie aus dem Rennen ausgestiegen.

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Damit bewahrheitet sich einmal mehr die These, dass der Vorwahlzyklus Kandidaten stärkt, die die „reine Lehre“ ihrer Partei vertreten, während moderatere, zur Mitte hin orientierte Politiker es jedoch schwer haben. Dies Parteibasis der Republikaner, durch und durch von Trump kontrolliert, wird das freuen. Mit Blick auf die Präsidentschaftswahl im November kann sich das Phänomen aber noch als Hürde erweisen. Dann wird es nämlich darum gehen, auch unabhängige Wähler zu überzeugen, die generell mit den Extremen fremdeln. 

Mit vorzeitigen Prognosen sollte man sich zurückhalten

Der eigentliche Wahlkampf wird nun bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Wahljahr eingeläutet, wovon Donald Trump profitieren dürfte. Je eher er sich voll und ganz auf seinen Kontrahenten fokussieren kann, den er unter Verdrehung der Tatsachen als „betrügerischen Joe“ bezeichnet, desto mehr Wähler lassen sich mobilisieren, so seine Hoffnung. 

Mit vorzeitigen Prognosen sollte man sich trotz aller Umfragen, die Trump derzeit vorne sehen, jedoch zurückhalten. Bis November kann noch einiges passieren. Und entscheidend wird eben nicht sein, wer landesweit den größeren Stimmenanteil erhält – die Wahlen werden in einer Handvoll „Swing States“ entschieden. Zu ihnen gehören Michigan, Wisconsin, Arizona, Pennsylvania oder Georgia. Dort wird sich der Wahlkampf der beiden Kandidaten konzentrieren, dort kann es am Ende – wie schon 2020 – wieder äußerst knapp zugehen.

Die Mehrheit der US-Bürger, so zeigen Umfragen, wird keinen großen Gefallen finden an der Wiederauflage „Biden vs. Trump“. Zum dritten Mal in Folge werden viele ihre Stimme mit dem Gefühl abgeben, sich nur zwischen „Pest und Cholera“ oder für das kleinere Übel entscheiden zu können. Dabei muss nicht einmal so sehr auf die politischen Inhalte geschaut werden: Biden merkt man sein Alter inzwischen deutlich an, der 81-Jährige hat viel von seinem einstigen Charisma eingebüßt. Vor allem für jüngere Wähler ist er keine Figur mehr, die in großem Stil mobilisieren kann – und von der sie sich angemessen vertreten fühlen. Trump wiederum hat sich seit seinem Ausscheiden aus dem Amt in Ton und Stil noch weiter radikalisiert. Und bewiesen, dass er auch bereit ist, die Verfassung und alle rechtsstaatlichen Prinzipien in den Wind zu schlagen, nur um sich irgendwie an der Macht zu halten.

Auch Katholiken stehen vor einem Dilemma

Trump oder Biden? Auch Katholiken wird diese Frage im November wieder vor ein Dilemma stellen. Vieles spricht dafür, dass sie ihre Stimmen zu nahezu gleich großen Teilen auf beide Kandidaten verteilen. Die Themen, die jene „Lagerbildung“ von Konservativen und Progressiven auch unter Katholiken am deutlichsten zu Tage treten lassen, sind die Gesellschafts- sowie die Migrationspolitik. Je nachdem, wo Amerikas Katholiken die Priorität sehen, dürften sie eher für Trump (Gesellschaftspolitik) oder für Biden (Migrationspolitik) stimmen.

Doch Vorsicht ist geboten: Auch hier ist nichts so schwarz-weiß, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Trotz einiger nicht abstreitbarer Errungenschaften für den Lebensschutz wird Trump sich nicht zur Galionsfigur der Abtreibungsgegner aufschwingen. Private Überlegungen des 77-Jährigen, Abtreibungen landesweit bis zur 15. Schwangerschaftswoche zu erlauben, haben dies gezeigt. Biden wiederum wird auch in seiner Politik gegenüber Einwanderern von der Realität immer mehr eingeholt – und nicht alle Neuankömmlinge an der Grenze mit offenen Armen empfangen. Sein jüngstes Agieren hat erkennen lassen, dass er auch bereit ist, einen strikteren Kurs einzuschlagen, um seinem Gegner Trump das Wasser abzugraben.

Deutschland und Europa kann man angesichts der zahlreichen internationalen Kriege und Konflikte nur raten: Bereitet euch vor! Aus transatlantischer Sicht wäre eine abermalige Trump-Präsidentschaft ein erschreckendes Szenario. Aber auch eine zweite Amtszeit Bidens wird einen raueren Wind bringen - unter anderem, da das Engagement der USA in den Kriegen fernab von heimischem Boden nicht nur vom Präsidenten abhängt. Ob bereits im Januar 2025 oder erst vier Jahre später – die Ära Amerikas als Weltpolizist neigt sich dem Ende zu. Was danach kommt, hängt auch vom zukünftigen Kurs der Republikaner ab. Ob Trump oder Biden: Europa täte gut daran, sich auf eigene Beine zu stellen.

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Maximilian Lutz Abtreibungsgegner Donald Trump Einwanderungspolitik Joe Biden Nikki Haley Präsidentschaftswahlen

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