Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Nach umstrittenem Gerichtsurteil

Arizona: Abgeordnete wollen Abtreibungsverbot von 1864 kippen

Auch Ex-Präsident Trump hatte dafür plädiert, die Wiedereinführung des 160 Jahre alten Verbots rückgängig zu machen. Noch fehlt die Zustimmung des Senats.
Abtreibungsbefürworter demonstrieren in Arizona
Foto: IMAGO/Diannie Chavez/The Republic (www.imago-images.de) | Vor zwei Wochen hatte der Oberste Gerichtshof des Bundesstaats mit seinem Urteil für große mediale Aufmerksamkeit gesorgt, demzufolge das Abtreibungsgesetz aus dem 19.

Im US-Bundesstaat Arizona haben die Parlamentarier dafür gesorgt, dass ein sehr striktes Abtreibungsverbot aus dem Jahr 1864 langfristig wohl doch nicht in Kraft tritt. Am Mittwoch stimmten in dem von den Republikanern kontrollierten Repräsentantenhaus des Bundesstaates alle Demokraten zusammen mit drei republikanischen Abgeordneten dafür, das umstrittene Verbot zu kippen. Insgesamt votierten somit 32 Abgeordnete dafür, 28 dagegen.

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Damit das Gesetz in Kraft treten kann, müsste als nächstes der Senat des Bundesstaates zustimmen. Bereits nächste Woche könnte es dort zu einem Votum kommen. Zwar stellen die Republikaner auch im Senat eine knappe Mehrheit, jedoch haben bereits zwei republikanische Senatoren signalisiert, mit den Demokraten zu stimmen, womit eine Mehrheit für das Gesetz erreicht wäre. Die Gouverneurin von Arizona, die Demokratin Katie Hobbs, hat bereits angekündigt, das Gesetz zu unterzeichnen, sobald es den Senat passiert hat.

Gesetz hätte fast alle Abtreibungen verboten

Vor zwei Wochen hatte der Oberste Gerichtshof des Bundesstaats mit seinem Urteil für große mediale Aufmerksamkeit gesorgt, demzufolge das Abtreibungsgesetz aus dem 19. Jahrhundert, das nahezu alle Abtreibungen verbietet, wieder hätte in Kraft treten können. Während Abtreibungsbefürworter mit Entsetzen reagierten und das Urteil heftig kritisierten, begrüßten US-Lebensschützer den Richterspruch mehrheitlich, auch wenn manche die Bestimmungen des Gesetzes für zu strikt hielten. 

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump erklärte beispielsweise, das Urteil gehe zu weit und müsse korrigiert werden. Unter dem 1864 verabschiedeten Gesetz könnten, Ärzte, die Abtreibungen durchführen, mit Gefängnisstrafen von zwei bis fünf Jahren sanktioniert werden. Ausnahmen erlaubt das Gesetz nur, wenn eine Abtreibung notwendig ist, um das Leben der Mutter zu retten.

Doch selbst wenn Arizonas Gouverneurin das neue Gesetz bald unterzeichnen sollte, könnte das 160 Jahre alte Abtreibungsverbot für einen kurzen Zeitraum Gültigkeit besitzen. Nach dem Urteil des Obersten Gerichtshof des Staates hieß es, das Lebensschutz-Gesetz solle am 8. Juni in Kraft treten. Das neue Gesetz, mit dem das strikte Abtreibungsverbot gekippt werden würde, würde jedoch erst 90 Tage nach Ende der Sitzungsperiode des Parlaments gelten – also frühestens Anfang August.

Arizona ist wichtiger "Swing State"

Dass die Obersten Richter Arizonas das Verbot überhaupt wieder in Kraft setzen konnten, geht auf das neue Grundsatzurteil des nationalen „Supreme Court“ in Washington zurück. Im Juni 2022 kippte das Gericht den umstrittenen Richterspruch „Roe v. Wade“ und wies den einzelnen Bundesstaaten die Kompetenz zu, selbst über ihre Abtreibungsgesetzgebung zu entscheiden. Seitdem gleicht die Rechtslage landesweit einem Flickenteppich.

Dass der Streit in Arizona national wie international derart großes Interesse weckte, hängt mit der Bedeutung des Bundesstaates für die anstehenden Präsidentschaftswahlen zusammen. Der Staat im Südwesten der USA ist ein sogenannter „Swing State“, in dem sich Demokraten und Republikaner bei den Wahlen erfahrungsgemäß ein enges Rennen liefern. 2020 gewann Joe Biden mit nur gut 10.000 Stimmen Vorsprung vor seinem Konkurrenten Donald Trump. Die Demokraten haben die Abtreibungsfrage zu einem zentralen Wahlkampfthema erklärt und hoffen, bei den Präsidentschaftswahlen im November mit einer lockeren Abtreibungspolitik punkten zu können, insbesondere bei weiblichen Wählern.

Nachdem die Demokraten in den vergangenen Monaten bereits in zahlreichen Bundesstaaten über Volksabstimmungen und in Form von Gesetzesinitiativen mit ihrer Abtreibungspolitik erfolgreich waren, fürchten viele Republikaner negative Auswirkungen allzu strikter Abtreibungsgesetze auf ihre Chancen bei den Wahlen. Sollte das Abtreibungsverbot von 1864 in Arizona bestehen bleiben, so die These einiger republikanischer Politiker, könnte dies die Partei in dem Staat im November wichtige Wählerstimmen kosten – auch wenn der Präsident keinen unmittelbaren Einfluss auf die Abtreibungsgesetzgebung der einzelnen Staaten hat.  DT/mlu

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