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Die CDU und die Iden des Merz

Friedrich Merz hat mit seiner Kritik am Parteiestablishment die CDU zum Brodeln gebracht. Jetzt kommt es für die Partei zum Schwur.
Merz (CDU) übte Kritik am Parteiestablishment und brachte die CDU zum Brodeln.
Foto: Michael Kappeler (dpa) | Friedrich Merz (CDU) übte Kritik am Parteiestablishment und brachte die CDU zum Brodeln.

Merz meckert: Der CDU-Parteitag ist verschoben worden. Dahinter stecke aber nicht nur Corona, sondern eine Intrige des „Parteiestablishments“. Hat sich Friedrich Merz mit dieser harschen Kritik einen Gefallen getan? Seine Anhängerschaft in den sozialen Medien jubelt. Sie stört überhaupt nicht, dass Merz vom Establishment spricht, aber damit vor allem gegen die Kanzlerin und die Merkelisten in der Parteiführung keilt. Bei den Merz-Anhängern ist eher ein Aufatmen zu vernehmen: Endlich spricht er wieder Klartext, viel zu lange hatte Merz nämlich aus deren Sicht, sich gezähmt gegeben und mit Kritik an der Parteiführung zurückgehalten, vor allem wegen der Corona-Krise.

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Keine Überraschung

In einem großen Aufsatz in der FAZ in der letzten Woche, noch vor den Parteitagsquerelen, hat Merz eine Art Vision für die CDU der Zukunft entwickelt. Alles nicht überraschend, was da zu lesen war. Aber ein Schlüsselsatz stand doch in dem Text: „Wir demobilisieren nicht unsere Gegner, wir stellen uns der kontroversen Debatte.“ Hier verrät Merz, wie er sich die politische Auseinandersetzung vorstellt und die Parteitagskontroverse zeigt, dass er dieser Vorgabe auch folgt. Das ist ein klarer Gegenentwurf zum Ansatz der Kanzlerin, von ihren Spindoctoren verschleiernd „asymmetrische Demobilisierung“ genannt: Debatten vermeiden, klare Positionierungen scheuen, den Gegner eher einschläfern, als ihn besiegen. Wenn Merz jetzt auf den Putz haut, tut das der Demokratie gut. Es wird endlich lebendiger. Deswegen nun Merz auf eine Stufe mit Donald Trump zu stellen, ist lächerlich.

Klare Kante

Eine andere Frage ist, ob diese Strategie Merz zum CDU-Parteivorsitz führt. Denn viele der Delegierten stammen eben genau aus diesem Parteiestablishment, dem er nun den Kampf angesagt hat. Ein anderer Punkt: Die Deutschen mögen jetzt bei Umfragen gerne für Merz votieren, einfach weil er ein bisschen forscher ist als Mutti, man ihm zuhören kann, ohne sofort einzuschlafen. Im Vergleich zu seinen Konkurrenten hat Merz einen gewissen Unterhaltungswert. Wenn es dann aber hart auf hart kommt, haben die Deutschen tendenziell immer für Solidität, Langeweile und Berechenbarkeit gestimmt. Merz darf es also mit der klaren Kante nicht übertreiben, am Ende könnte doch wieder die Raute stehen, auch wenn sie dann vielleicht von einem Bayern, einem Rheinländer oder einem ehemaligen Gesundheitsminister geformt wird.  

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